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Das außergewöhnliche Hobby eines 15-jährigen Oberlausitzers

Tom Hammer verbringt seine Freizeit mit Registrierkassen. Das Gewerbeamt witterte einen Verstoß gegen Rechtsvorschriften.

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Von Mario Heinke

Die Begeisterung des 15-Jährigen für Kassen ist unerklärlich. Er selbst sieht das ganz locker und erzählt, dass er schon als Kleinkind gern die Kasse im Kaufmannsladen bedient hat und seine Mutti im Handel tätig gewesen ist. Es ist die Technik, vielleicht auch das kassentypische Klingelgeräusch und die Kassensoftware, die den Oderwitzer Mittelschüler in den Bann ziehen. Mit zunehmendem Alter hat auch die Größe der Registrierkassen zugenommen, mit denen Tom Hammer spielt. Mit elf Jahren hat er den ersten Bondrucker von seinen Eltern geschenkt bekommen. Irgendwann standen zehn alte Kassen im Elternhaus herum, die er von Kassenhändlern geschenkt bekommen hatte. Tom Hammer hat sie alle repariert, programmiert und wieder flottgemacht. Irgendwann ist es dann doch zu eng geworden, und sein Vater hat gesagt: „Die Kassen müssen weg.“

Das ist wohl nur das Ende des ersten Akts gewesen. Im virtuellen Internetauktionshaus Ebay sind die Kassen dann wieder aufgetaucht und fanden dankbare Abnehmer in ganz Deutschland. Seine Verkäufe bei Ebay und eine eigene Internetseite, auf denen Tom Hammer Kassen und seine Programmierleistungen anbietet, führten dazu, dass der Mittelschüler immer mehr Kontakte zu Kassenherstellern und Händlern bekommen hat. Das Geschäft begann zu florieren, bis sich Anfang letzten Jahres das Gewerbeamt der Gemeindeverwaltung Oderwitz gemeldet hat. Vermutlich hatte ein Konkurrent den geschäftstüchtigen und kassensüchtigen Schüler angezeigt.

Eine Lösung musste her, und so blieb nichts anderes übrig, als aus Hammers Hobby ein Gewerbe zu machen und selbiges anzumelden, damit Vater Staat mitverdienen kann. Da der Minderjährige nach dem Gesetz noch gar nicht geschäftsfähig ist, hat Vater Holger Hammer, der beim Büromöbelhersteller OKA in Neugersdorf arbeitet, im März 2012 den Gewerbebetrieb angemeldet.

Abnehmer für die elektronischen Kassen sind Einzelhändler, Gastronomiebetriebe und Bäckereien. Für ein Softwareentwicklungsunternehmen macht Hammer sogar den Distributor, das heißt, der Junge verkauft die Software unter eigenem Namen an andere Kassenhändler im Bundesgebiet. „Der Umsatz ist gut“, sagt der Vater. „Mit Gewinn arbeitet die Firma aber noch nicht.“ Der Grund: Tom Hammer kauft immer wieder neue Technik, um alles auszuprobieren. Der Vater sieht es gelassen.

In der kleinen Diele im ersten Obergeschoss des Umgebindehauses stehen drei Kassen auf einer bemalten Bauerntruhe. Wie eine Unternehmenszentrale sieht der Flur mit der niedrigen Decke nicht aus, aber das ist auch gar nicht notwendig. Bestellt beispielsweise ein Restaurant eine Registrierkasse im Internet, wartet Tom Hammer auf den Zahlungseingang. Danach bestellt er die Kasse beim Hersteller und sie wird nach Oderwitz geliefert. Nun beginnt die eigentliche Arbeit.

Die Klassenkameraden in der Pestalozzi-Mittelschule halten Tom für verrückt, weil der seine ganze Freizeit für das Business opfert. Es kommt auch vor, dass die Eltern mal schimpfen müssen, wenn der junge Geschäftsmann es übertreibt und nicht daran denkt, dass Lernen und Schule Vorrang haben. Nach dem Realschulabschluss will Tom Hammer das außergewöhnliche Hobby zum Beruf machen und eine Ausbildung beginnen, die mit der Materie zu tun hat. Dann werden die Kassen wohl erst richtig klingeln.