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Camping im Schnee

Das ist prima für die Seele, meint der Bernsdorfer Ronald Weise. Sein Wohnwagen steht am Geierswalder See – und ist derzeit bewohnt.

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© Rainer Könen

Von Rainer Könen

Nicht wenige Deutsche nutzen die kalten Wintermonate, um in den Urlaub zu fahren. Die Ziele sind dabei naturgemäß wärmere Gefilde. Die Kanarischen Inseln, die Balearen, die Türkei, oder wenn es weiter weg gehen soll, Australien, die Südsee. Damit braucht man jemandem wie Ronald Weise aber nicht kommen. Er gehört zu den Zeitgenossen, die von solchen Trips in den warmen Süden nicht allzu viel halten. Vielmehr schätzt er die kalte Jahreszeit, genießt die winterlichen Freuden am liebsten dort, wo er sich in seiner Freizeit immer am wohlsten fühlt. Im eigenen Wohnwagen. Und der steht: am Geierswalder See. Im Ferien- und Freizeitpark Geierswalde.

Freitagnachmittag. Ronald Weise hat gerade seine Arbeit beendet, er ist bei der Awo Lausitz als Haustechniker beschäftigt und nun freut er sich auf ein entspanntes Wochenende. Den Wagen hat er unweit des Vorzeltes seines Wohnwagens geparkt. Er zieht an einem Reißverschluss, hebt die Plane hoch, betritt das Innere des Zeltes. Das Thermometer zeigt fünf Grad minus. Die Tür zum Wohnwagen schließt er auf, wirft einen Blick hinein. Er holt Aischa aus dem Wagen. Sein elfjähriges Schoßhündchen. Aischa sei blind, von Geburt an, erzählt der 47-Jährige. Er habe sie trotzdem haben wollen. Er setzt sie in ihrem Körbchen ab. Er schaut hinaus auf den schneebedeckten Platz, der an diesem Freitagnachmittag wie verlassen daliegt. Es ist einer dieser wenigen schönen Wintertage, fast windstill ist es hier am See. Und kalt ist es, bitterkalt. Die auf dem Platz stehenden Wohnwagen und Vorzelte sind von ihren Besitzern im Herbst winterfest gemacht worden. Unter festgezurrten Planen lagern Hollywoodschaukeln, Klappstühle, Tische und Grills.

Hier hat Ronald Weise im vergangenen Jahr auch die Weihnachtsfeiertage verbracht. „War total entspannend“, meint er. Zwischen Weihnachten und Silvester sei es auf der Anlage noch ruhiger als sonst gewesen. Er setzt sich auf einen der Camping-stühle, hüllt sich in eine wärmende Decke ein, zündet sich eine Zigarette an. Erzählt davon, dass er wider Willen auf den Geschmack des Wintercampens gekommen sei. Vor vier Jahren war das gewesen. Seine Beziehung sei damals auseinandergegangen, stand er von einem Tag auf den anderen ohne Wohnung da. Wie gut, dass er seinen Wohnwagen hatte.

Und wie gut auch, dass er Martin Tinko kennt. Denn als sich im Herbst abzeichnete, dass es mit einer Wohnung so schnell nichts werden würde, fragte er ihn, ob er den Winter auf dessen Ferienpark-Anlage verbringen könne. Durfte er. Wofür Ronald Weise ihm bis heute dankbar ist. Es sei für ihn erst mal eine ziemliche Umstellung gewesen. Dieses Wintercamper-Leben musste er sich erst organisieren. Irgendwie.

Für die meisten Camper ist die Saison längst vorbei, der Geierswalder Ferienpark liegt seit Ende Oktober im Winterschlaf. Es ist still. Weise erzählt davon, dass er hier auf dem Platz häufig Hasen und Rehe beobachten kann. Und schwärmt dabei immer wieder von dieser „paradiesischen Ruhe“. Kein Radio, keine Gespräche vom Nachbargrundstück, kein Partylärm vom Gruppenzeltplatz, kein Kindergeschrei.

Ein ganzes Jahr verbrachte Weise damals in seinem Wohnwagen. Mittlerweile hat er in Bernsdorf wieder eine Wohnung, aber vom Wintercampen mag er seither nicht mehr lassen. Er sei auf den Geschmack gekommen. Habe etwas von Freiheit, Unabhängigkeit, findet er.

„Mir fehlt es hier eigentlich an nichts mehr.“ Alles ist gut organisiert und praktisch eingerichtet. Einsam fühlt sich der 47-Jährige jedenfalls nicht. In seinem ersten Winter fror die Dieselheizung auch schon mal ein, die Batterien gingen ihm aus, die Temperaturen im Wohnwagen sanken auf unter null Grad. Er musste ein Gefühl für den Gasverbrauch bekommen. Hat er jetzt. Im Winter kommt er mit rund 15 Gasflaschen aus, das seien etwa 300 Euro. „Ist doch ein normaler Heizkostenbeitrag“, meint er.

Den Winter im Wohnwagen zu verbringen, es gibt viele Zeitgenossen, für die ist so was nicht vorstellbar. Für Ronald Weise hat so ein Leben seine eigenen Reize. Wenn er die Tür seines Wohnwagens öffnet, ist er gleich mittendrin in der kalten Jahreszeit. „Ich erlebe hier die Natur einfach intensiver“, berichtet er. Macht ihm die Kälte tatsächlich nichts aus? Er lacht. „Das ist doch alles eine Kopfsache“, stellt Ronald Weise klar, der findet, dass Wintercampen auf jeden Fall was für die Seele ist.

Ein paar Decken mehr als üblich, die hat er natürlich. Aber im Wohnwagen braucht er die nicht. Der sei mollig warm, dort habe er meist eine Temperatur zwischen 21 und 25 Grad. Das sieht anders aus, wenn er sein Vorzelt betritt. Unbeheizt ist das zumeist. Dennoch pflegt der Haustechniker dort sein Frühstück, Zigarette und Kaffee, einzunehmen. Sogar bei zweistelligen Minustemperaturen. Wenn er da seinen Kaffee trinke, sei der erste Schluck Kaffee heiß, der zweite lau und der dritte kalt. Störe ihn aber nicht, so sei es nun mal. Reine Gewöhnungssache.

Und was macht er so, wenn er die Wochenenden dort verbringt? Abschalten vom Alltag, wieder zur Ruhe kommen, nachdenken. Und den Winter genießen.