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Busfahrer übersieht wartende Gäste

Ein Dresdner Ehepaar wollte im Anschluss ans Weinfest per Bus nach Nieschütz fahren. Dabei erlebte es eine Überraschung.

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© Symbolfoto Caudia Hübschmann

Von Stephan Hönigschmid

Meißen. Bereits seit Jahren besuchen die SZ-Leser Carla (74) und Wilhelm (72) Baade aus Dresden mit großem Vergnügen das Weinfest in Meißen. Auch in diesem Jahr kamen sie gemeinsam mit Freunden aus Freiberg vorbei und genossen den Umzug und die beschwingte, weinselige Atmosphäre. Während sie diese Eindrücke auch gern in Erinnerung behalten, hätten sie auf das, was ihnen im Anschluss auf dem Weg nach Hause in ihr Wochenenddomizil in Nieschütz passierte, liebend gern verzichtet.

Carla und Wilhelm Baade in ihrem Dresdner Wohnzimmer in Leubnitz-Neuostra.
Carla und Wilhelm Baade in ihrem Dresdner Wohnzimmer in Leubnitz-Neuostra. © Stephan Hönigschmid

„Weil wir beim Weinfest etwas getrunken hatten, wollten wir gern um 15.43 Uhr die Buslinie 415 von Meißen nach Nieschütz benutzen und sind deshalb zum Busbahnhof gelaufen“, sagt Wilhelm Baade. Dort angekommen, sehen sie um 15.30  Uhr auch, wie der Bus auf den Platz fährt, und denken, dass alles planmäßig verläuft.

„Das Fahrzeug stellte sich gegenüber von uns zur Pause hin und der Fahrer verschwand kurz im Aufenthaltsgebäude, bis er etwas verspätet gegen 15.48 Uhr zurückkam“, erinnert sich Carla Baade und fügt an: „Wir haben uns dann gleich hingestellt, um für den Einstieg bereit zu sein.“ Zum Entsetzen der fünf Leute umfassenden Gruppe kam es dazu aber nicht.

„Der Bus ist in unsere Richtung gefahren und wir haben gedacht, dass es jetzt losgeht. Allerdings ist er dann überraschenderweise einfach an uns vorbeigefahren.“ Damit habe er absolut nicht gerechnet. „Wir hätten uns ja sonst bemerkbar gemacht und gewinkt“, sagt Wilhelm Baade.

Verärgert stehen die Weinfestbesucher nun am Busbahnhof und verstehen die Welt nicht mehr. Erst als sie kurz darauf mit anderen Busfahrern ins Gespräch kommen, erfahren sie, was sie verkehrt gemacht haben. Sie haben uns aufgeklärt, dass es sich um einen sogenannten Anruf-Linien-Bus handelt, den man 60 Minuten vorher hätte anrufen müssen, damit man mitfahren darf. Für uns war das völlig neu, weil wir sowas aus Dresden nicht kennen.“ Außerdem habe sie erwartet, dass zu großen Ereignissen wie dem Weinfest grundsätzlich jeder Gast mitgenommen werde, so Carla Baade, die bis 17.15 Uhr auf den nächsten Bus warten musste.

Der Prokurist der Verkehrsgesellschaft Meißen (VGM), Jörg Weinhardt, räumt den Vorfall ein und sagt: „Der Fahrer unseres Subunternehmers hat es bei der Abfahrt vom Busbahnhof versäumt, die Haltestelle einzusehen und die dort wartenden Personen anzusprechen, ob sie mitfahren möchten. Das bedauert er sehr.“ Obwohl der Anrufservice in Kraft gewesen sei, habe man aufgrund des Weinfestes, anders als sonst, keine kleinen Taxis, sondern große Busse eingesetzt und deshalb genügend Platz für spontane Gäste gehabt.

„Trotzdem müssen wir auch sagen, dass es bisher eigentlich nie Probleme gab. Für uns ist die Lösung mit dem Anrufbus notwendig, weil gerade Fahrten wie die nach Nieschütz selbst zum Weinfestwochenende mit permanent verkehrenden Bussen nicht wirtschaftlich wären“, erklärt Weinhardt. Neben der VGM meldetete sich aufgrund der Nachforschungen der Sächsischen Zeitung auch das betroffene Subunternehmen zu Wort: „Das ist ungünstig gelaufen und tut mir auch sehr leid“, sagt Maik Langer, Juniorchef des gleichnamigen Busunternehmens aus Großenhain und hat auch eine Erklärung parat: „Die Haltestelle befindet sich auf einer Verkehrsinsel, an der verschiedene Buslinien abfahren. Da keine telefonischen Anmeldungen vorlagen, war es für unseren Mitarbeiter nicht klar, dass die Gäste zu ihm in den Bus wollten.“ Er werde mit der VGM reden, ob man im nächsten Jahr zum Weinfest eine andere Lösung finden könne, um derartige Missverständnisse zu vermeiden, so Langer.

Keinen Spielraum haben die Unternehmen hingegen mit Blick auf die am Wochenende geschlossenen Toiletten am Busbahnhof, die die Baades ebenfalls kritisiert hatten. „Wir als VGM haben keinen Einfluss auf die Öffnungszeiten, weil das Gebäude der Stadt gehört. Wir würden aber eine Öffnung zum Weinfest unterstützen“, sagt Weinhardt.