Merken

Brockwitzer wollen Häuser anheben

Wenn der Deich nicht kommt, brauchen die Bewohner der Niederseite Geld, um ihre Häuser anzuheben. Doch wer soll das bezahlen?

Teilen
Folgen
© Stadtverwaltung Coswig

Von Peggy Zill

Coswig. Wenn der Elbpegel steigt, steigt auch die Nervosität bei Familie Marek. Schon dreimal stand das Wasser in ihrem Eigenheim an der Brockwitzer Niederseite. Auf ein viertes Mal können sie verzichten. Doch weil der Freistaat bisher nicht vor hat, im Ort einen Deich zu bauen, könnte die Anhebung des Hauses die Lösung sein. Seit zwei Jahren wird darüber gesprochen. Die Stadt hat sich über ein Forschungsprojekt Experten zum Thema gesucht, wartet aber noch auf die nötigen Fördermittel, damit die endlich mit der Arbeit beginnen können. Gleichzeitig liegt nun ein Bebauungsplan aus, der es den Brockwitzern leichter machen soll, ihre Häuser schon vorher zu heben oder aufzustocken.

Da ist Familie Marek schon einen Schritt weiter. „Wir haben bereits einen Kostenvoranschlag“, so Peter Marek. Rund 80 000 Euro würde die reine Anhebung ihres Hauses kosten. Dieselbe Summe müsste für die Verlegung der Anschlüsse und die Geländeanhebung hinzugerechnet werden. Mit der Vorstellung, das 1997 gebaute Einfamilienhaus um zwei Meter anzuheben, kann sich die Familie durchaus anfreunden. Nur wer soll es bezahlen? „Da brauchen wir Unterstützung. Das Geld können wir nicht selbst aufbringen. Es lohnt sich nur, wenn ein Förderprojekt dahinter steht“, so Marek. Ähnlich geht es auch den Nachbarn. Mit 15 bis 18 Parteien haben Mareks im Rahmen einer Bürgerinitiative regelmäßig Kontakt. „Die Idee der Haushebung finden prinzipiell alle gut. Nur manche haben technische Bedenken.“

Bei neuen Häusern mit Bodenplatte ist es am einfachsten. Da wird das gesamte Haus angehoben, darunter kommt Zement. Aber auch ohne Bodenplatte und tragfähiges Fundament ist eine Hebung möglich, so Ordnungsamtschef Olaf Lier. Fachwerk- und Bruchsteinhäuser könnten aber auch aufgestockt werden. „Wir begehen da einen völlig neuen Weg und es gibt noch viele offene Fragen“, so Lier. Die zu klären, ist Ziel des Forschungsprojektes, das auch für andere vom Hochwasser betroffene Regionen interessant sei.

Das Problem, vor dem die Hausbesitzer nun stehen, ist, ob sie auf Fördermittel hoffen oder die Haushebung selbst finanzieren sollen. Im Moment müssten sie für die Kosten noch komplett selbst aufkommen. Immerhin rund 150 000 Euro pro Haus. Stellt man diese Kosten und die eines Deiches gegenüber, könnte der Freistaat billiger kommen, wenn er die Niederseite anhebt. Nach dem Hochwasser 2004 sollte der 2,75 Meter hohe Deich rund 1,3 Millionen Euro kosten. Und neusten Berechnungen zufolge sind 8,7 Millionen Euro wohl realistischer. Zumindest laut den Kosten, die andere Deiche verursacht haben. Etwa 40 Häuser könnten damit geschützt werden. Macht etwa 200 000 Euro pro Haus, die ja auch für eine Haushebung ausreichen würden. Aber ob diese Rechnung auch den Verantwortlichen in der Landestalsperrenverwaltung einleuchtet, ist fraglich. „In unseren Augen gibt es eine Ungleichbehandlung“, sagt Peter Marek.

In Radebeul-Fürstenhain wohnen auch nicht viele Menschen. Dort beginnt der Deichbau in diesem Jahr. Und weil in Dresden der Baudruck hoch sei, werde auch dort immer mehr Überflutungsfläche bebaut. „Je mehr Deiche woanders gebaut werden, desto höher wird es bei uns.“ Beim Hochwasserschutz steht Brockwitz in der Priorität des Freistaates recht weit hinten. Aber warten wollen die Bewohner der Niederseite nicht mehr. „Der Zeitfaktor spielt eine wichtige Rolle. Es sind schon 15 Jahre seit der Flut 2002 vergangen. Wir brauchen in absehbarer Zeit eine Perspektive“, so Marek. Denn nach jedem Hochwasser neu zu bauen, sei anstrengend. „Man wird ja auch älter.“ Ein halbes Jahr habe es nach jeder Flut gedauert, ehe die Familie wieder normal leben konnte. Ein Brockwitzer ist nach dem letzten Hochwasser nach Coswig gezogen, andere bewohnen nur noch die oberen Etagen ihrer Häuser.

Kritiker befürchten, dass die angehobenen Häuser das Ortsbild zu stark verändern. „Die Kirche wird weiterhin sichtbar sein“, sagt hingegen Olaf Lier. Und die Häuser einfach aufzugeben, nur weil sie ein, zwei Meter zu tief liegen, hält er für den falschen Weg.