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Brennpunkt Kornmarkt

Regelmäßig kommt es auf Bautzens zentralem Platz zu Auseinandersetzungen. Die Polizei wüsste eine Lösung.

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© Robert Michalk

Von Madeleine Arndt

Bautzen. Bautzens Kornmarkt ist ein beliebter Ort. Doch abends verwandelt sich die Platte zunehmend vom Treffpunkt zum Brennpunkt. Es gibt Geschrei und Handgreiflichkeiten. Alkohol erhitzt zusätzlich die Gemüter. Anwohner und umliegende Gewerbetreibende reagieren frustriert. „Bitte die aufgerauchten Zigaretten in den Müll, nicht auf den Boden werfen!“ steht auf einem Zettel in Deutsch, Englisch sowie Arabisch an der Tür der Baguetteria am Kornmarkt. Hier blieben schon Stammkunden weg. „Wir haben am Wochenende Verluste“, klagt am Tresen des Bistros Monique Hesse. Die Mitarbeiterin stört sich hauptsächlich an den jungen Flüchtlingen, die sich vorm Museum sammeln. Sie nähmen keine Rücksicht und würden häufig ohne zu fragen die Toilette des Bistros benutzen. Als Frau würde sie sich abends alleine nicht mehr über die Platte trauen.

Problem seit Jahren bekannt

Der Goldschmiedemeister Uwe Mersiovsky hat am Kornmarkt einige Meter weiter sein Geschäft. Ihm gehen der Trubel und der Schmutz gehörig auf die Nerven. Manche würden mit ihren Rädern einfach über die Grünanlagen fahren, beobachtet Mersiovsky. Besonders eklig wird es, wenn sich Leute vor seinem Laden in die Büsche schlagen oder an den Abluftkasten und in den Treppenaufgang der Tiefgarage urinieren. „Es ist ein öffentliches Ärgernis“, sagt der Goldschmied. Da pflichtet ihm Elke Bauch, Sprecherin der Sparkasse, die die Tiefgarage betreibt, bei. „Wir kennen das Problem, seit es die Tiefgarage gibt“, berichtet sie. „Aber mit den Flüchtlingen hat das weniger zu tun.“ Denn die Problematik habe sich in den vergangenen Monaten nicht verschärft. Auch hinter dem Eisstand, auf den Stufen bei der Stadtbibliothek, treffen sich gern Jugendliche. Sie quatschen, trinken und machen irgendwann Blödsinn. Ihnen fehlt die Beschäftigung, findet Eisverkäufer Roy Wobst, der auf dieser Seite des Kornmarktes regelmäßig Krach erlebt.

Polizei im Dauereinsatz

In diesem Sommer geht es auf dem Kornmarkt besonders hoch her: Unter den Bäumen vorm Museum sammeln sich gern Asylbewerber – nahe zum offenen W-Lan des Einkaufscenters. Im Schatten des Reichenturms halten sich eher Bautzener Jugendliche auf. Dazwischen wird geskatet, Fußball gespielt, Rad gefahren. Bei der Polizei gilt der Kornmarkt mittlerweile als Einsatzschwerpunkt. Abends ist dort mehrere Stunden der Streifenwagen vor Ort. „Wir sind täglich präsent, ergänzt durch Bürgerpolizisten und die Sächsische Sicherheitswacht“, berichtet Mario Steiner, Polizeioberrat und Leiter des Streifendienstes am Bautzener Revier. „Auch werden wir fast täglich vom Einsatzzug der Polizeidirektion Görlitz unterstützt.“

Alkohol spielt große Rolle

Steiner kann die subjektiven Ängste vor den Jugendgruppen verstehen. „Mir sind aber keine Übergriffe auf Unbeteiligte bekannt“, fügt der stellvertretende Revierchef hinzu und zieht die Polizeistatistik zurate. Danach gab es in diesem Jahr bisher 112 Vorkommnisse, darunter waren 15 Körperverletzungen. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres registrierte die Polizei 105 Vorkommnisse, darunter sechs Körperverletzungen. Bei den erfassten Fällen handle es sich um sämtliche Straftaten mit der Adresse Kornmarkt, wozu etwa auch Ladendiebstahl und Unfallflucht zählen, relativiert Mario Steiner die Zahlen. Bei den Rangeleien spiele Alkohol eine große Rolle. „Manchmal geht es nur um die letzte Flasche Bier“, so Steiner. Auffällig ist, dass es dieses Jahr bereits acht Fälle von gefährlicher Körperverletzung gab. Es handle sich oft um Auseinandersetzungen unter den Flüchtlingen, aber auch um Streits unter Deutschen, so Steiner. Eine einzige rassistische Straftat nahm die Polizei im Januar auf. Dreimal wurden Drogen konfisziert.

Besonders an Wochenenden gehen viele Anrufe bei der Polizei ein. Auch bei der Stadtverwaltung gab es schon Beschwerden über den nächtlichen Lärm auf der Platte. Laut Steiner ließe sich mit einem Alkoholverbot, ähnlich wie auf dem Görlitzer Marienplatz, die Lage entspannen. Auch eine Videoüberwachung wäre vorstellbar. Allerdings führten strikte Maßnahmen auch zu Verdrängung, gibt der Polizeioberrat zu bedenken. Die Jugendlichen würden dann auf andere Orte ausweichen.