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Braun und kahl

Die Sitkafichtenlaus hat in Radebeul heftig gewütet. Immer mehr Baumbesitzer suchen Hilfe bei Experten.

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© Norbert Millauer

Von Ines Scholze-Luft

Gabriele Krause ist entsetzt darüber, wie der einst so schöne Nadelbaum neben ihrem Balkon aussieht. Schon vor dem Einzug in das Haus im Westen Radebeuls vor fast zwei Jahrzehnten stand die Stechfichte an ihrem Platz. Ein zuverlässiger Sichtschutz, ein angenehmer grüner Blickfang.

Doch nach dem milden Winter hat die gefürchtete Sitkafichtenlaus ganze Arbeit geleistet. Traurig sieht die Fichte aus, der untere Teil kahl, oben mit jeder Menge brauner Nadeln. Die auch schon zuhauf unter dem Baum liegen. Und auf den Balkons, sagt Gabriele Krause.

Sie hat den Radebeuler Baumpfleger Sten Papperitz von der Firma Treestyle um Rat gebeten. Für ihn ist die an den Nadeln saugende Laus seit Kurzem ständiges Thema. Mit wöchentlich drei bis vier Anrufen und ganz unterschiedlichen Wünschen. Die einen möchten den betroffenen Baum erhalten, die anderen ihrem am liebsten sofort fällen lassen. So sehr geht ihnen der Anblick aufs Gemüt.

Das ästhetische Problem ist unbestritten, sagt der Fachmann. Doch wer dem geschädigten Baum etwas Gutes tun will, sollte dafür sorgen, dass er nie zu trocken steht und ihn bei Bedarf bewässern. Denn es gibt Hoffnung, dass sich die Fichte erholt. Mit jedem neuen Maiwuchs, der heil davonkommt, weil die Läusepopulation im Frühjahr stirbt. Manche Experten sprechen da von drei bis vier Jahren bis zur Erholung. Sten Papperitz geht eher von bis zu acht Jahren aus. Vorausgesetzt, ein weiterer massiver Läuseangriff bleibt aus.

Um den Baum vor erneutem Befall zu schützen, sollte auf jeden Fall gegen Winterende, spätestens bis März, gespritzt werden. Um alles zu erwischen – die Eier, von den Muttertieren unter den Nadeln abgelegt. Und die Muttertiere selbst, die sich nah am Stamm verkriechen, um vor Kälte sicher zu sein. Auch Baumarktspritzmittel haben da schon Erfolg gezeigt, weiß Sten Papperitz von seinen Kunden.

Anja Osang vom Sachgebiet Stadtgrün im Stadtbauamt rät schon ab Herbst, bei Beginn der Eiablage, zur Läusebekämpfung. Wenn die untere Baumkrone braune Nadeln aufweist. Die Fachfrau empfiehlt ein nützlingsschonendes Ölpräparat. Und eine gute Beratung, um Marienkäfer und Florfliegen als natürliche Feinde der Laus zu schützen.

Wer partout nicht mit dem Sorgenkind Fichte leben will, dem kann Sten Papperitz derzeit mit der Säge kaum helfen. Zwar dürfen laut städtischer Gehölzschutzsatzung Nadelbäume vom 1. Oktober bis 28. Februar gefällt werden. Aber jetzt, wegen des Vogelschutzes in der Vegetationsperiode, braucht es dafür eine kostenpflichtige Genehmigung der unteren Naturschutzbehörde. Die ist schwer zu bekommen. Weil die Laus zwar für ein unschönes Baumbild sorgt, Stand- und Bruchsicherheit aber normalerweise nicht gefährdet.

Auch die Stadt selbst hat mit dem Läuseproblem zu tun. Immerhin stehen auf kommunalen Flächen – ohne Pacht- und sbf-Gelände – etwa 120 Fichten. So im Karl-May-Park, am Hort Kötzschenbroda, auch in Anlage und Spielplatz auf der Steinbachstraße, sagt Radebeuls Pressesprecherin Ute Leder. Deutliche Schadbilder zeigen sich Auf den Kottenbergen und am Langenbergweg. Zur diesjährigen Baumkontrolle wurden allerdings keine Fichten mit akut gefährdeter Standsicherheit entdeckt. Eine weitere Kontrolle soll es im Herbst geben. Dabei beschäftigt sich die Stadt nicht nur mit den eigenen Bäumen. Wegen der Sitkafichtenlaus waren bisher etwa zehn Leute beim Sachgebiet Stadtgrün und circa 40 haben sich telefonisch erkundigt, so die Pressesprecherin. Es wird empfohlen, bis in den Herbst zu warten. Und zu sehen, ob sich der Baum durch den Maiwuchs erholt hat.

Auch Gabriele Krause ist jetzt darüber im Bilde. Und weiß von Sten Papperitz außerdem, dass von den Nadeln am Boden keine Gefahr ausgeht. Was nun mit dem Baum geschieht, wird noch entschieden.