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Brandopfer lässt sich nicht unterkriegen

Ein Feuer brachte Daniel Gluch 2010 fast um seine Existenz. Nun hofft er auf angemessene Strafe, sollten sich die Vorwürfe gegen den jüngst gefassten möglichen Brandstifter erhärten.

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© Norbert Millauer

Sörnewitz. Verkohlte Balken, Brandreste auf dem Boden. Daniel Gluch (41) steht in dem Raum, der einst das Wohnzimmer für seine Familie werden sollte. Doch das Feuer am 27. Oktober 2010 zerstört nicht nur diesen Plan. 90 Autos, vor allem Oldtimer, sechs Gabelstapler und drei Boote verbrennen, als eine Industriehalle auf der Köhlerstraße in Sörnewitz, im Gelände der ehemaligen EWS, in Flammen aufgeht. Sie fressen sich durchs 70 Meter lange, gerade erneuerte Hallendach, vernichten beinahe auch Werkstatt und Wohnung.

Daniel Gluch sieht alles wieder vor sich. Wie er seine Frau und die zwei Söhne schnell noch in Sicherheit bringt, zum Nachbarn. Und dann vor den Trümmern auf dem 2004 erworbenen Grundstück steht. 2,5 Millionen Euro Schaden kommen zusammen an Gebäuden und Inhalt. Die meisten Autos, bei ihm eingestellt, sind durch die Besitzer selbst versichert. Doch die Halle – dafür reicht die Gebäudeversicherung nicht. Aufgrund vorheriger Brandschäden im Areal – an einem Wohnhaus und einer anderen Halle – beide Male Brandstiftung, wären dafür utopische Versicherungsbeiträge nötig gewesen.

Als Brandstifter wurden damals zwei Jugendliche verurteilt, einer musste letzten Endes 150 Stunden Sozialarbeit leisten. Daniel Gluch vermutet, dass das der vor kurzer Zeit gefasste, in der Nähe wohnende 23-jährige Tatverdächtige ist. Auf den sei er schon zeitig gekommen, habe das auch der Polizei mitgeteilt, aber eine Reaktion habe es erst mal nicht gegeben. Auch bei einer weiteren Halle im EWS-Bereich, die 2017 brannte, seien die Beamten auf den Mann als möglichen Täter aufmerksam gemacht worden. Doch die Polizei habe erklärt, unschuldige Bürger dürften nicht beschuldigt werden.

Nicht zuletzt sind Daniel Gluch weitere Coswiger bekannt, die die Polizei auf den Mann hingewiesen hätten, der bereits in seiner Kindheit mehrfach gezündelt habe. Sie alle würden sich fragen, weshalb die Beamten nicht eher auf den mutmaßlichen Brandstifter gestoßen sind.

Grundsätzlich ist die Polizei für jeden Zeugenhinweis dankbar, sagt Marko Laske von der Polizeidirektion Dresden. „Wir nehmen jeden Hinweis ernst und gehen ihm nach, wobei es natürlich eine Priorisierung gibt.“ Auch gezielte Hinweise zu bestimmten Personen würden geprüft. Solche Hinweise würden jedoch nicht zwangsläufig einen Tatverdacht hervorbringen, dazu gehöre mehr. Ein Tatverdacht ergebe sich im Zuge der Ermittlungen und müsse erhärtet werden. „Letztlich muss die Polizei dem Verdächtigen die Tat beweissicher nachweisen“, so Laske. Das sei insbesondere bei Brandstiftungen schwierig.

Allerdings wundert sich mancher Coswiger – wie auch in der Stadtratssitzung zu hören – dass erst nach den letzten beiden Großbränden eine Ermittlungsgruppe gebildet wurde. Die Polizei habe nach den ersten Bränden Ende 2016 keinesfalls die Hände in den Schoß gelegt, so Laske. Sie habe im Zusammenhang mit den Bränden von Anfang an und fortwährend ermittelt. Nach den beiden kurz aufeinanderfolgenden Bränden Mitte Februar 2018 seien die Ermittlungen nochmals forciert und die Ermittlungsgruppe gebildet worden.

Auch der Vorschlag, die Polizei hätte in den brandgefährdeten Gebieten öfter Streife fahren können, ist dem Polizeisprecher nicht neu. Die Polizei sei im Bereich Coswig sehr wohl verstärkt Streife gefahren. „Dabei waren die Beamten erkennbar in Blau/Weiß sowie zivil unterwegs“, sagt er. Und verweist darauf, dass die Brände sich auf ein ausgedehntes Gebiet erstreckten.

Die Ermittlungen laufen. Um deren Ergebnis nicht zu gefährden, könne die Polizei Marko Laske zufolge derzeit keine weiteren Aussagen treffen.

Auf das Resultat wartet Daniel Gluch, der einen Hausmeistservice betreibt, ebenso ungeduldig wie viele andere in der Stadt. Dass er überhaupt weitergemacht hat nach dem Feuer, ist dem Rückhalt durch seine Familie zu verdanken und der Tatsache, dass er keine Schulden hatte, sagt er.

Wirklich entspannt ist der 41-Jährige aber nicht. Zwar hofft er, dass es eine angemessene Strafe gibt, sollten sich die Vorwürfe gegen den jüngst Gefassten erhärten. Doch was, wenn dem potenziellen Brandstifter nicht alles nachgewiesen werden kann, wenn er freikommt, wenn es noch andere Zündler gibt? Wie viele Nachbarn hat Daniel Gluch Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Die wird es auch weiter geben. Denn der Sörnewitzer hat trotz aller schlechten Erfahrungen noch viel vor. Der Bauantrag fürs Instandsetzen des Gewerbegebäudes und für den Erweiterungsbau des Wohnhauses ist gerade in Arbeit.