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Bombergate mit blankem Busen

„Danke, Bomber Harris“ auf nackter Haut: Eine Provokation entfacht Debatten um den 13. Februar in Dresden und bringt eine Berliner Piratin in Not.

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© dpa

Von Thomas Schade

Im Internet nennt sie sich SeeroiberJenny, im richtigen Leben heißt sie Anne Helm, ist 27 und genießt einige Prominenz in der Neuköllner Szene von Berlin. Für die Piratenpartei kandidiert die dunkelhaarige Frau auf Listenplatz 5 bei den EU-Parlamentswahlen im Mai. Aber am 13. Februar hat SeeroiberJenny in Dresden möglicherweise einen Piratenstreich inszeniert, der ihren politischen Ambitionen ein jähes Ende bereiten könnte.

Wie der Berliner Kurier schreibt, habe Anne Helm bestätigt, dass sie am 13. Februar in Dresden war und jenes Bild im Internetdienst Twitter verbreitet hat, das zum Auslöser einer Affäre wurde, die unter dem Namen „Bombergate“ zumindest in Berlin für einige Aufregung sorgt.

Auf dem Bild posieren zwei barbusige Frauen mit vermummten Gesichtern vor der barocken Dresdner Kulisse. Eine hat sich mit schwarzer Farbe auf den Oberkörper schreiben lassen: „Thanks Bomber Harris“ – Danke, Bomber Harris. Der Mann, der die todbringenden Flieger losgeschickt hatte. Dazu das Logo von Femen, jener Frauen, die bei verschiedensten Ereignissen mit blankem Busen protestieren. Ein Tattoo am rechten Unterarm und die Gürtelschnalle an ihren Jeans können zu dem Eindruck führen, dass SeeroiberJenny eine der Vermummten ist. Anne Helm bestreitet das.

Sie ist als Femen-Aktivistin bisher nicht bekannt. Die Tochter des Schauspielers Gunnar Helm ist als Synchronsprecherin bekannt, lieh ihre Stimme dem Schweinchen Babe, fand 2009 zur Piratenpartei und sitzt seit 2011 in der Bezirksverordnetenversammlung von Neukölln.

In der eigenen Partei scheint kaum einer daran zu zweifeln, dass SeeroiberJenny eine der Aktivistinnen ist, die sich vor der Hofkirche nackt in Szene setzten. Doch mittlerweile darf bezweifelt werden, dass es sich bei der Entblößung um eine Femen-Aktion gehandelt hat. Zwar soll die zweite Frau eine Femen-Aktivistin der Piratin sein. Aber sie trug die Aufschrift „Antifa Action“. Sogenannte „antideutsche“ Losungen, wie „Thanks Bomber Harris“, gehören eher ins Repertoire der linksautonomen Szene. Eine der Gründerinnen von Femen Deutschland, Irina Khanova, stellte denn auch klar: „Femen sind nicht antideutsch.” Sie seien gegen Krieg und gegen Gewalt. Außerdem würden sich Femen nicht vermummen. Die beiden Frauen in Dresden hätten „unverantwortlich“ gehandelt, so Khanova.

In der Piratenpartei wird „Bombergate“ kontrovers debattiert. Es geht um angemessenes Gedenken, um Verhöhnung ziviler Opfer und den Umgang mit den Verursacherinnen der Affäre. Der Bundesvorstand distanziert sich von der Aktion. Aber er rief auch zur Solidarität mit Anne Helm auf, die „massiven Anfeindungen aus dem rechten Spektrum“ ausgesetzt sei.

Diese Solidarisierung mit SeeroiberJenny sorgt für neuen Unmut. Fünf Landesverbände positionieren sich derzeit gegen die Linie des Bundesvorstandes. Mehrere Mitglieder erklärten öffentlich ihren Austritt. So wird die Dresdner Aktion auch als innerparteiliche Provokation gesehen. Schließlich betrachten sich die Piraten außerhalb des klassischen Links-rechts-Schemas und fürchtet von linken Aktivisten unterwandert zu werden. Anne Helm versucht in einer Erklärung, die „Femen-Soli-Aktion“ zu rechtfertigen, sagt aber nicht, ob sie persönlich beteiligt war. Das muss nun die Dresdner Polizei klären. Ihr liege eine Anzeige mit verschiedenen Vorwürfen vor, bestätigte ein Sprecher.