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Blutwurstritter aus dem Erzgebirge

Ein Fleischer aus Leubsdorf ist für gute Blutwurst in Frankreich zum Ritter geschlagen worden. Seither kommen die Kunden von weither. Er staunt, wie populär Blutwurst noch immer ist.

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© dpa

Von Ralf Hübner

Augustusburg. Die Burg des Blutwurstritters ist ein einsamer ehemaliger Landgasthof an einer Landstraße nahe Augustusburg im Erzgebirge. Seit Fleischermeister Ingolf Fischer im März im französischen Mortagne-au-Perche in der südlichen Normandie zum Blutwurstritter geschlagen wurde, herrscht ein Mal monatlich Belagerungszustand bei ihm. Dann ist Manufakturverkauf. Der frühere Schankraum wird zum Fleischerladen, an den Wänden hängen dicht an dicht die Würste - kurze, lange, dicke, dünne, braune, schwarze.

„Ich bin in einer Fleischerei groß geworden. Wurst ist meine Leidenschaft“, sagt Fischer. Seit 1984 ist der schmächtige, jugendlich wirkende, hellblonde Mann Fleischermeister. 2009 hatte er sich aufs Catering verlegt. „Das hat Vorteile. Da weiß ich immer, wie viele Rohstoffe ich brauche“, sagt er. „Creativ Caterer und Wurstmanufaktur „Grüner Wald““, steht auf dem Firmenschild. Den Menschen schmecken seine Fingerfoods und belegten Brötchen offensichtlich. Sie harren beim Manufakturverkauf dicht gedrängt mitunter Stunden aus, ehe sie mit gefüllten Taschen wieder davon ziehen.

Immer schön ausgewogen

Fischers Markenzeichen aber ist die Blutwurst. Denn der 51-Jährige weiß, was gute Blutwurst ausmacht. „Gut aussehen und riechen muss sie, die Fleischstücke müssen gut verteilt und die Blutfarbe gleichmäßig sein.“ Und: „Sie muss gut gewürzt sein, aber man darf kein Gewürz besonders herausschmecken - immer schön ausgewogen. Das ist nicht immer leicht hinzukriegen.“ Er selbst isst Blutwurst gern beidseitig angebraten, darauf einige Tropfen Essig, etwas Gewürzgurke, ein Spiegelei darüber - ähnlich der Karlsbader Schnitte. „Ganz lecker.“

Seit 2006 schickt Fischer in jedem Frühjahr seine Blutwurstkreationen nach Mortagne-au-Perche zur Confrérie des Chevaliers du Goûte Boudin - der Bruderschaft der Ritter der Blutwurst - einer Vereinigung von Metzgern in der für ihre Blutwurst bekannten Region Frankreichs. Es ist eine inoffizielle Weltmeisterschaft, eine Jury bewertet Hunderte anonymisierte Wurst-Proben.

Zwei goldene und vier bronzene Medaillen hat Fischer in den vergangenen Jahren abgeräumt. In diesem Jahr war es eine goldene - und die Kür zum Deutschlandsieger in seiner Klasse. Als er dann zwei Wochen später noch zum Ritter geschlagen wurde, kamen die Anrufe aus ganz Deutschland. „Ich habe gedacht, dass die Blutwurst vom Aussterben bedroht ist, nur etwas für die Alten“, erzählt er. „Aber plötzlich kamen auch junge Leute.“

„Mit dem Ritterschlag wird geehrt, wer sich um die Blutwurst verdient gemacht hat“, erklärt Jean Michel Eichelbrenner, der „Außenminister“ der Bruderschaft. Fischer habe sich seit Jahren immer wieder „tapfer“ dem Wettbewerb gestellt und sei sehr erfolgreich gewesen. Der Ritterschlag durch den Großmeister erfolgt mit einer Gabel. Wie viele Deutsche so schon zu Blutwurstritter geschlagen wurden, vermag Eichelbrenner nicht zu sagen. Fast jedes Jahr seien Deutsche und Österreicher mit dabei.

30 Kilometer für eine Wurst

Fischer ist stolz auf seinen neuen Titel. Seither ist seine Wurst begehrt wie nie. „Der reine Wahnsinn“, sagt er. Die 50-jährige Monika Schiwek ist für den Manufakturverkauf mehr als 30 Kilometer aus Freiberg angefahren. „Die Blutwurst ist wirklich Spitze, die Wurst von ihm überhaupt - Leberwurst, Schinken, Geräuchertes“, findet auch Thomas Herrmann aus Grünhainichen, der mit seiner Frau regelmäßig kommt. Fischers Catering sei ebenfalls hervorragend: „Alles toll und eine Augenweide.“

Auch dem Deutschen Fleischer-Verband in Frankfurt ist die Zahl deutscher Blutwurstritter nicht bekannt. „Das Niveau bei diesen Wettbewerben ist durchaus hoch bis sehr hoch“, sagt Verbandssprecher Gero Jentzsch. „So etwas ist schon beachtenswert.“ Nur wenige deutsche Fleischermeister wagten sich zu Qualitätswettbewerben ins Ausland. Es gebe aber auch regelrechte „Pokaljäger“. Sie würden jeden Wettbewerb im In- und Ausland mitnehmen und auch öfter gewinnen. (dpa)