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Betrüger manipuliert Briefkästen

Unter falschen Namen bestellt ein Riesaer Schuhe und Handys. Den Schaden haben nicht nur die Versandhändler.

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© Symbolbild/Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Der Hausmeister des Hauses am Karl-Marx-Ring dürfte zunächst einmal gestutzt haben, als er das Namensschild am Briefkasten sah. Seit längerer Zeit stand die Wohnung leer, doch nun klebte dort trotzdem ein Schildchen. Der Mitarbeiter der Wohnungsgesellschaft Riesa (WGR) entfernte den Namen, zeigte den Fall an – und verhinderte damit einen Betrug.

Bei diesem einen Versuch sollte es allerdings nicht bleiben. Nur Tage später klebte ein neuer Name am Schild – aber erneut war die WGR zur Stelle und entfernte die Beschriftung. Hinter der Aktion steckte der heute 28-jähriger Riesaer Hannes F.*. Von Juli bis November 2014 bestellte er mehrfach über das Internet verschiedene Waren. Gleich vier verschiedene Identitäten nutzte der junge Mann dafür. Mal bestellte er als Markus D., mal als Oskar S. oder Paul K., ein anderes Mal wiederum als David K.

Die Masche lief dabei immer ähnlich ab: Die Ware wurde auf Rechnung bestellt und zum Beispiel an die unbewohnte Wohnung im Karl-Marx-Ring geschickt. Nachdem die Post vergeblich versucht hatte, die Pakete zuzustellen und eine Benachrichtigung zum Abholen hinterließ, wollte der Riesaer diese aus dem Briefkasten fischen und die Ware an der Poststelle abholen.

Die Betrugsmasche ist nicht neu. Den sogenannten Versandhausbetrug hat es schon gegeben, als Waren noch über Listen aus dem Katalog bestellt wurden, statt per Mausklick im Internet. „In jedem Fall ist dafür kriminelle Energie notwendig“, sagt Polizeisprecher Marko Laske. Die Ermittlungsarbeit sei in diesem Fall meist relativ aufwendig. Teilweise bleibt den Beamten nichts anderes übrig, als sich an den Briefkästen auf die Lauer zu legen.

70 Euro am Tag für Drogen

Bei Hannes F. blieb der ganz große kriminelle Erfolg allerdings auch ohne Zutun der Polizei aus. Seine Versuche am Karl-Marx-Ring scheiterten allesamt am aufmerksamen WGR-Mitarbeiter. Also überklebte er die Namensschilder an seinem eigenen Klingelschild und bestellte unter dem Namen Paul K. Auch hier schlugen einige Versuche fehl – etwa, weil F. überhaupt nicht in der Wohnung war, als der Postbote klingelte.

In einem Fall versuchte er auch, mit einem gefälschten Ausweis das Paket abzuholen. Doch die Mitarbeiterin der Poststelle erkannte den Schwindel und rief die Polizei – F. floh. Einige der Pakete konnte er aber trotzdem entgegennehmen, darunter zwei Handys inklusive Vertrag. Auch zwei Schuh-Bestellungen bei Adidas kamen an sowie Druckerpatronen. „Die Patronen und Schuhe waren für mich, die Handys habe ich bei Ebay verkauft“, erklärt er. Vorher habe er allerdings so lange mit den Sim-Karten telefoniert, bis diese gesperrt wurden. Allein dadurch entstand ein Schaden von mehr als 1500 Euro.

Grund für Hannes F.s dringenden Geldbedarf sei seine Drogensucht gewesen, sagt er. Zwischen 50 und 70 Euro am Tag habe er damals für Crystal ausgegeben. Eine Menge Geld für den 28-jährigen Hartz-IV-Empfänger. Auch heute habe er noch Schulden bei einigen Dealern. Ein vorläufiges Ende fand F.s Treiben schließlich im November 2014, als die Polizei seine Wohnung in Weida durchsuchte.

Dabei fand sie einen der gefälschten Ausweise, die F. benutzen wollte, um die Ware aus der Poststelle abzuholen. Die Dokumente habe er gefunden und dann sein eigenes Passbild eingearbeitet, sagt F. „Die Anleitungen dafür habe ich im Internet gefunden.“ Jetzt musste er sich vor dem Amtsgericht Riesa verantworten. Die Taten hat er allesamt eingeräumt – was dem Schöffengericht eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart hat.

Richter Alexander Keller wies vor allem darauf hin, dass Hannes F. mit seiner Betrugsnummer nicht nur den Versandhäusern geschadet habe. In mindestens einem Fall bekam nämlich ein anderer Mann Post vom Inkasso-Unternehmen, weil F. auf seinen Namen einen Handyvertrag abgeschlossen hatte. „Das hat demjenigen sicher erst einmal den Schweiß auf die Stirn getrieben“, so Keller.

Weil er bisher nicht durch Eigentumsdelikte aufgefallen und vollends geständig war, beließ es das Schöffengericht letztlich bei einer Bewährungsstrafe für den 28-Jährigen. Die Auflagen fielen allerdings deutlich höher aus, als von der Staatsanwaltschaft gefordert: In den nächsten sechs Monaten soll Hannes F. 200 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten. Außerdem ordnete das Gericht an, dass er die Suchtberatung besuchen und sich anschließend in stationäre Therapie begeben soll.

*Name geändert