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Bernd Merbitz: Der weggelobte Landespolizeipräsident

Dresden. Die Arbeit am Schreibtisch hat Bernd Merbitz (56) eigentlich nie so richtig gemocht. Viel lieber ist der Landespolizeipräsident in dunkelblauer Uniform auf Streife unterwegs - vor allem wenn es brenzlig wird wie bei den alljährlichen Neonazi-Aufmärschen im Februar in Dresden.

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Von Jörg Schurig

Dresden. Die Arbeit am Schreibtisch hat Bernd Merbitz (56) eigentlich nie so richtig gemocht. Viel lieber ist der Landespolizeipräsident in dunkelblauer Uniform auf Streife unterwegs - vor allem wenn es brenzlig wird wie bei den alljährlichen Neonazi-Aufmärschen im Februar in Dresden. „Ich gehe jeden Tag gern zur Arbeit, ich liebe meinen Beruf“, hatte Merbitz 2009 gesagt, als er für sein Engagement gegen Rechtsextremismus mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrates der Juden geehrt wurde.

Womöglich wären ihm diese Worte in den zurückliegenden Monaten nicht mehr ganz so flüssig über die Lippen gekommen. Im Februar wurde das gespannte Verhältnis zu Innenminister Markus Ulbig (CDU) offenkundig. Der gab in einer Pressekonferenz darüber Auskunft, dass Merbitz wegen Privatfahrten mit seinem Dienstauto rund 6.500 Euro nachzahlen sollte. Doch Merbitz sah das anders und klagte gegen seinen Arbeitgeber - das Land Sachsen. Das Verfahren ist bis heute am Verwaltungsgericht Dresden anhängig, ein Termin noch nicht absehbar.

Auch die Polizeireform, die große Einschnitte mit sich bringt, dürfte das Verhältnis von Merbitz zu Ulbig abgekühlt haben. Nun hat der Innenminister die Amtszeit seines obersten Polizisten nicht verlängert und ihn auf einen Posten 120 Kilometer von Dresden weg beordert. In Leipzig soll Merbitz nicht nur als Polizeichef wirken, sondern zudem die Arbeit im Kampf gegen den Rechtsextremismus leiten. „Bernd Merbitz ist ein Mann der Tat. Ich schätze ihn als Polizist mit Leib und Seele“, lobte Ulbig den Selbstbewussten weg.

Für Kommentare zunächst nicht erreichbar

Ob er den Wechsel nach Leipzig wirklich als Degradierung empfindet, bleibt Merbitz' Geheimnis. Am Freitag befand er sich nicht an seinem Arbeitsplatz und blieb zunächst unerreichbar. Dabei war der gebürtige Thüringer sonst in jeder Lebenslage für einen coolen Spruch gut. Dass ihn viele Dinge auch persönlich berühren und Tränen in die Augen treiben, gibt er zu. Der Mord an der achtjährigen Michelle aus Leipzig hatte ihn 2008 an den Rand des Fassbaren gebracht. „Das ging mir ganz, ganz, ganz nahe“, sagte der dreifache Vater.

Merbitz ist nicht unumstritten. Kritiker halten ihm seine Karriere zu DDR-Zeiten samt Mitgliedschaft in der SED vor. In den 1980er Jahren studierte er an der Hochschule der Deutschen Volkspolizei in Ostberlin und schloss als Diplom-Staatswissenschaftler ab. Politische Gegner sehen seinen „Einser“-Abschluss als Makel. Merbitz steht zu dieser Phase seines Lebens: „Ich habe in meiner Biografie nie etwas verheimlicht.“ Im Jahr 2000 trat er in die CDU ein, als Beisitzer gehört er inzwischen auch dem Landesvorstand der Union an.

2007 wurde Merbitz zum Landespolizeipräsidenten berufen. Schon zuvor war klar, dass Merbitz kaum dem Klischee vom wortkargen und humorlosen Polizisten entspricht. Krimis liest er nicht, die wenige Freizeit gehört der Familie. Allein hört er gern Musik - auch Bands wie die Toten Hosen. Doch am meisten fühlt er sich in der Menge wohl. „Ich bin wie ein Quirl und muss unter Leuten sein.“ Nach Lage der Dinge wird er nun nicht mehr in die Verlegenheit kommen, Privatfahrten mit dem Dienstwagen zu machen. Denn für den neuen Leipziger Polizeichef gelten auch diesbezüglich andere Regeln. (dpa)