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Baum traf genau den Fahrer

Am Donnerstagabend ist ein 20-jähriger Bärnsdorfer auf der Straße nach Moritzburg gestorben. Die Polizei ermittelt.

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© Roland Halkasch

Von Sven Görner und Peter Redlich

Moritzburg. Blumen und Kerzen stehen am Freitagmittag an Stelle, an der ein junger Mann aus Bärnsdorf am Abend zuvor auf tragische Weise ums Leben gekommen ist. Während eines Gewitters war gegen 18 Uhr kurz vor dem Ortseingang unvermittelt ein Baum auf die Staatsstraße zwischen Reichenberg und Moritzburg gestürzt. Er traf das Fahrzeug genau in Höhe des Fahrersitzes. Der Aufprall muss so heftig gewesen sein, dass er sogar tiefe Spuren im Straßenbelag hinterlassen hat. Wie ein Feuerwehrmann sagt, hätte der 20-jährige Fahrer nach Aussagen des Notarztes keine Chance gehabt und sei wohl augenblicklich tot gewesen.

Am Freitag erinnerten Blumen und Kerzen an den tödlich verunglückten Bärnsdorfer.
Am Freitag erinnerten Blumen und Kerzen an den tödlich verunglückten Bärnsdorfer. © SZ/Sven Görner
Diese beiden nebeneinanderstehenden Bäume waren umgestürzt und dem Autofahrer zum Verhängnis geworden.
Diese beiden nebeneinanderstehenden Bäume waren umgestürzt und dem Autofahrer zum Verhängnis geworden. © SZ/Sven Görner

In Bärnsdorf machte die traurige Nachricht schnell die Runde. Ein Bruder des Verunglückten ist bei der örtlichen Feuerwehr. Zu seinem Freundeskreis zählen auch zwei Moritzburger Feuerwehrleute, die am Donnerstagabend mit im Einsatz sind. Solche Einsätze seien immer hart, weiß Peter Christen, auch er ist bei der Moritzburger Wehr und mit am Unglücksort. Erst recht, wenn man das Opfer kennt.

Christen: „Während des Einsatzes arbeitet man die vorgegebenen Schritte ab, da denkt man nicht an etwas anderes.“ Er selbst vermeide es allerdings wenn möglich, in Gesichter zu sehen. „Das Nachdenken und Grübeln über das, was passiert ist, beginnt erst später.“ Daher sei es wichtig darauf zu achten, ob sich Kameraden so wie immer verhielten und ob sie mehr oder weniger reden als sonst. „Glücklicherweise wird heute offener damit umgegangen und auch darüber gesprochen, wenn jemand nach solch einem Einsatz Probleme hat.“ Am Donnerstag seien die Kameraden dann auch nicht wie nach einem normalen Einsatz angetreten und nach Hause gegangen. „Wir haben noch zusammengesessen“, sagt Peter Christen.

Wem der Wald gehört, von dem der Baum – eigentlich standen dort zwei nebeneinander – auf die Straße stürzte, ist wohl noch nicht ganz sicher. „Dort gibt es mehrere kleine Waldstücke, die verschiedenen Eigentümern gehören“, so Bürgermeister Jörg Hänisch. Der offenbar ohnehin feuchte Standort war durch den Regen zusätzlich aufgeweicht.

Dass durch die Gewitterböen ein Baum umgestürzt ist, kommt für Marko Groß, den Revierförster des Moritzburger Staatswalds, nicht überraschend. „Die Gefahr nach Friederike ist noch lange nicht vorbei.“ Es gebe immer noch viele Bäume, deren Wurzelstock gelockert sei. „Wenn diese Bäume jetzt Blätter haben, es regnet und obendrein noch Windböen gibt, bleiben sie nicht mehr stehen.“

Im Staatswald, etwa entlang der Straße zwischen Auer und Moritzburg, werden die Waldbäume in einem rund 30 Meter breiten Streifen vom Straßenbereich immer im Frühjahr und Herbst optisch begutachtet. „Dabei wird nach Pilzen und anderen Schäden geschaut. Mit Protokoll“, so der Revierförster.

Moritzburg, so waldreich wie kaum eine Gemeinde im Kreis Meißen, hat noch mehr Orte, wo viele Leute unterwegs sind. Etwa im Bereich der Kulturlandschaft Moritzburg GmbH in Bad Sonnenland. Geschäftsführerin Gundula Bleul: „Das Gebiet, welches wir betreiben, haben wir auf Sturmschäden kontrolliert. Es mussten auch Bäume umgesägt werden, die eine Gefahr waren.“ Nächste Woche findet hier das große Outdoor-Fest Globeboot mit Tausenden Besuchern statt.

Straßen, dicht am Wald, gibt es auch in Coswig und Radebeul. Im Spitzgrund hat Waldbesitzer Daniel von Sachsen Bäume fällen müssen, die eine Gefahr für die Straße sein könnten. In den letzten Wochen habe das Coswiger Ordnungsamt Waldbesitzer an der Bosel zum Fällen von sturzgefährdeten Bäumen auffordern müssen. Olaf Lier erinnert auch an den Unfall auf der Bundesstraße B 6 auf der linken Elbseite. Anfang August 2011 war dort ein Baum auf einen Anhänger gestürzt, der Fahrer kam ins Schleudern und zog sich Verletzungen zu, worauf er noch am Unfallort verstarb.

Eine kritische Strecke in Sachen Baumsicherung ist auch der Lößnitzgrund in Radebeul. Morgens, 8 Uhr, sind dort ebenfalls 2011 kurz vor einem Autofahrer zwei Bäume wie in Zeitlupe auf die Straße gestürzt. Glücklicherweise konnte der Fahrer noch abbremsen. Heike Funke, Sachgebietsleiterin Stadtgrün in Radebeul, sagt, dass Waldbesitzer im Lößnitzgrund und im Rieselgrund wiederholt von der Stadt – obwohl das die Behörde nicht tun müsste – auf ihre Verkehrssicherungspflicht hingewiesen werden. Erst letzte Woche musste ein umgestürzter Baum im Fiedlergrund, am Radweg, von der Feuerwehr zersägt werden. Einen Unfall gab es dort nicht.

Radeburgs Bürgermeisterin Michaela Ritter hätte am Freitagvormittag gern die offizielle Inbetriebnahme des Breitbandnetzes am Bärnsdorf Dorfteich abgesagt. Doch das war nicht mehr möglich. Das von der Ortsfeuerwehr geplante Walpurgisfeuer am Montag findet als Reaktion auf den tragischen Unfall dagegen nicht statt.