Merken

Bahnhof zu verkaufen

Große Bahnhöfe wie in Reichenbach und Charlottenhof zu vermarkten, ist schwierig. In kleine zieht dagegen neues Leben ein.

Teilen
Folgen
© Constanze Junghanß

Von Constanze Junghanss

Region. Seit Jahren steht der Reichenbacher Bahnhof leer und verfällt immer weiter. Wer als Reisender auf dem Bahnsteig ankommt, sieht als erstes auffällige Graffitischmierereien. Einige der vielen kaputten Fenster wurden mit Holzplatten abgedeckt. Die Eingangstüren sind schon ewig fest verschlossen. Von irgendwo her tropft Wasser. Ein trister Anblick.

Zoblitz: Das Bahnhäuschen ist bewohnt, obwohl die Züge nach und von Dresden hier vorbeirollen.
Zoblitz: Das Bahnhäuschen ist bewohnt, obwohl die Züge nach und von Dresden hier vorbeirollen. © Constanze Junghanß
Königshain: Auch das in Ziegelsteinbauweise errichtete Bahnhaus an der ehemaligen Kreisbahn steht nicht leer.
Königshain: Auch das in Ziegelsteinbauweise errichtete Bahnhaus an der ehemaligen Kreisbahn steht nicht leer. © Constanze Junghanß
Sohland: Daniel Vogel wohnt im Bahnhaus direkt an der Zugstrecke Richtung Görlitz-Dresden.
Sohland: Daniel Vogel wohnt im Bahnhaus direkt an der Zugstrecke Richtung Görlitz-Dresden. © Constanze Junghanß

Die Bahn will sich schon lange von ihrem guten Stück in der Kleinstadt trennen. Für fast 20 000 Quadratmeter Grundstücksfläche sucht die Deutsche Bahn einen neuen Eigentümer. Dazu gehört auch das Bahnhofsgebäude. Lange Zeit hieß es von Seiten der DB, das Objekt müsse erst zum Verkauf „vorbereitet“ werden. Getan hat sich aber nichts. Und auch bauliche Veränderungen sind nicht sichtbar. Die Bahn schreibt das Areal neuerdings über eine Dresdner Immobilienvermittlung öffentlich aus. Allerdings gibt es keine Preisangabe. Und ob der augenscheinlich schlechte Bauzustand des Gebäudes Auswirkungen auf den Verkaufspreis haben könnte, kann die Pressestelle der DB Sachsen nicht sagen. Nur soviel: „Aktuell gibt es keine Interessenten für das Objekt.“ Für die Stadt Reichenbach könnte die geplante Grundstücksveräußerung interessant werden. Da es sich auch um Grünflächen rund um den Bahnhof handelt, sieht die Stadt eine Chance, in diesem Gebiet endlich Ordnung zu schaffen. Dafür müsste die Kommune das Areal aber kaufen. Das sei nach Informationen von Bürgermeisterin Carina Dittrich im Moment aufgrund der angespannten finanziellen Lage schwierig. Dennoch will die Stadt das prüfen, sagte die Bürgermeisterin jetzt im Stadtrat.

Das Reichenbacher Beispiel ist sicher im Görlitzer Umland das prominenteste, wie die Deutsche Bahn ungenutzte Gebäude und Flächen verkaufen will. An anderen Orten ist sie schon weiter, dort ist neues Leben in die Gebäude eingezogen. Im Sohländer Bahnhäuschen wohnt seit vier Jahren Daniel Vogel. „Den vorbeifahrenden Zug höre ich eigentlich kaum noch“, erzählt der junge Mann. Vielmehr sei die Lage mit Blick über Felder bis zum Rotstein einmalig. Immer wieder stehen Sanierungs- und Reparaturarbeiten am Gebäude an. Das Dach wurde erneuert, der Boden für Wohnzwecke ausgebaut. Dass keine Wasserleitung anliegt, sei kein Problem. „Der Brunnen ist meistens gut gefüllt“, zeigt Daniel Vogel auf den betonierten Wasserspender unweit des Hauses. Im Winter würde zudem die Zufahrt – ein vielleicht hundert Meter langer Feldweg – durch Bahnmitarbeiter selbst geräumt. Grund dafür: es befindet sich noch eine Signalanlage an den Schienen. Ziemlich abseits gelegen ist auch das Bahngebäude in Zoblitz. Die automatisch gesteuerte Schranke befindet sich gleich neben dem Haus mit neu gemachten Fenstern und weißem Briefkasten. Das Haus fand einen Käufer aus Holland, der es wieder auf Vordermann brachte. Täglich düst an den Fenstern der Zug vorbei. Ohne zu stoppen. Eine Haltestelle gibt es in Zoblitz nicht mehr.

In Königshain dagegen fährt keine Bahn mehr auf den Schienen. 1993 wurde die Kreisbahnstrecke stillgelegt. „Zu Himmelfahrt am 22. Mai fuhr hier der letzte Zug entlang“, erinnert sich Eisenbahnfreund Harald Fiebiger noch genau. Er hat das zugehörige Bahnhofsgebäude 2002 bereits erworben und lebt dort zusammen mit zwei weiteren Bewohnern. „Auch vor dem Verkauf durch die Deutsche Bahn war das Haus zu Wohnzwecken vermietet“, erzählt er. Ein Leben im Bahnhaus sei etwas Besonderes, gerade für Eisenbahnfans. Harald Fiebiger besitzt sogar eine eigene größere Modellbahn, mit der Personen befördert werden können, wie er erzählt. Die dreht ab und an ihre Runden. „Am zweiten Adventswochenende bauen wir diese Bahn in Ostritz auf.“

Leer dagegen steht in Schöpstal der ehemalige Verladebahnhof Charlottenhof. 5000 Quadratmeter Land gehören dazu. Auch dieses Objekt möchte die Bahn vermarkten, da er für das Unternehmen „nicht mehr betriebsnotwendig und somit entbehrlich ist“, wie es von der Pressestelle heißt. Solange sich für die Bahnobjekte Reichenbach und Schöpstal kein Käufer findet, ist die DB für notwendige Sicherungsarbeiten zuständig. Wer sich um die dazugehörigen, großen Freiflächen kümmert, lässt die Pressestelle dagegen unbeantwortet.