Merken

Baden verboten

Ein Mann ist in der Kiesgrube Ottendorf-Okrilla ertrunken. Die Badegäste schreckt das nicht ab.

Teilen
Folgen
© René Paul

Von Nicole Preuß

Die Landschaft wirkt auf den ersten Blick nicht unbedingt einladend: Förderbänder, Maschinen, Sandberge. Die Kiesgrube des Kieswerks Ottendorf-Okrilla zieht trotzdem seit Jahren jeden Sommer viele Badegäste an. Die ignorieren die Schilder „Betreten verboten“, streiten sich unter Umständen mit dem Wachpersonal und behindern mit ihren geparkten Autos teilweise den Verkehr auf der Kieswerkstraße. Dabei warnen die Verantwortlichen des Werks und die Behörden vor Ort schon seit Langem vor den unberechenbaren Gefahren des Badens in dem See.

Auch ein 89-Jähriger und seine Frau ignorierten die Hinweise Mitte Juni. Der Mann ging nach Angaben der Polizei in der Mittagszeit ins Wasser des Baggersees und verschwand in einem unbeobachteten Moment plötzlich. Einsatzkräfte des Polizeireviers Kamenz suchten mit Hubschraubern und Tauchern nach dem Vermissten, konnten ihn am Tag darauf nur tot aus dem Wasser bergen. Das Kieswerk ist angesichts des Unfalls betroffen. „Wir wurden dazugerufen“, sagt Geschäftsführer Thomas Gruschka. „Das Unglück ist allerdings ein Beispiel dafür, wie schnell es beim Baden in der Kiesgrube mal gehen kann.“

Die Gegebenheiten führten schon vorher ab und an zu brenzligen Situationen. Der normalerweise flache Einstieg ins Wasser fällt nämlich plötzlich ab. Das macht das Baden selbst für geübte Schwimmer nicht leicht. Dazu kommt die Gefahr, dass die Sand- und Kieshaufen plötzlich ins Rutschen geraten könnten. Das Kieswerk hat einen Wachdienst im Einsatz, der das Gelände regelmäßig überprüft. Es hat Erdwälle aufgeschüttet und das Gebiet teilweise eingezäunt. Doch das gesamte 300 Hektar große Gelände ist nicht zu überwachen.

Das Werk bekommt indirekt Unterstützung vom zuständigen Ordnungsamt in Königsbrück. Die Vollzugsbediensteten kontrollieren die Kieswerkstraße an der Kiesgrube, sooft es die Ressourcen erlauben. Eine Seite der Straße war dort bisher mit einem Parkverbot versehen, die andere Seite mit einem Halteverbot. Das hielt aber viele Badegäste nicht davon ab, ihre Autos trotzdem dort abzustellen. Die Leiterin der Hauptverwaltung Flavia Rammer kontrollierte mit einer Mitarbeiterin manchmal selbst die Situation vor Ort. „Ich sag dann Leuten mit Kindern auch mal, wie gefährlich das eigentlich ist, was sie da tun“, sagt sie. Doch die Reaktionen sind eher verhalten. Manche fahren ihr Auto selbst dann nicht weg, wenn ihnen angeboten wird, dann auf das Knöllchen zu verzichten. „Ich habe es schon gehabt, dass sie sich die 15 Euro Strafe dann einfach durch die Zahl der Mitfahrer geteilt haben“, sagt Flavia Rammer. Das sei immer noch billiger als ein Freibadbesuch in Dresden, hieß es dann. Die Stadt, das Landratsamt und die Polizei haben sich die Situation vor Ort nun noch einmal angeschaut und Konsequenzen gezogen. Das Halteverbot gilt jetzt für beide Seiten der Straße. Das heißt, es werden 15 Euro je Verstoß fällig. Die Dreistigkeit mancher Badegäste ist aber mitunter schon bedenklich. So heftete sich ein Autofahrer prophylaktisch einfach das Knöllchen des Nachbarautos an die Windschutzscheibe. Frei nach dem Motto: Die vom Ordnungsamt werden das schon nicht merken. „Den Autofahrer müsste man eigentlich doppelt belangen“, sagt Flavia Rammer. „Aber das geht ja leider nicht.“