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Aufregung um RTL-Dreh im Knast

Der Sender dreht in der JVA Zeithain für eine Dokumentation. Das sorgt schon vor der Ausstrahlung für Ärger im Landtag.

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© Lutz Weidler

Von Antje Steglich

Zeithain. Die Gefangenen werden von Kopf bis Fuß abgetastet, die Hafträume nicht nur gründlich gefilzt, sondern sogar deren Einrichtung in ihre Einzelteile zerlegt. Die Justizbeamten gehen bei ihrer Sicherheitskontrolle an jenem Dienstag Ende Mai in der JVA Zeithain besonders gründlich vor. Gefilmt werden sie dabei durch ein Kamerateam des Fernsehsenders RTL – für die neue Staffel von „Das Jenke Experiment“.

Die Dokumentations-Reihe, in der der 50-jährige Reporter Jenke von Wilmsdorff teils in Selbstversuchen aktuelle gesellschaftliche Themen wie Alkoholmissbrauch, Armut oder Stress in den Fokus rückt, soll im Herbst ausgestrahlt werden. Zu welchem Thema in Zeithain gedreht wurde, gab der Sender auf Nachfrage der Sächsischen Zeitung allerdings nicht bekannt. Erst einige Wochen vor der Ausstrahlung werde RTL das Geheimnis lüften und hofft damit auf hohe Einschaltquoten. In der Vergangenheit verfolgten immerhin bis zu vier Millionen Menschen „Das Jenke Experiment“.

In Sachsen sorgen die jetzt bekannt gewordenen Dreharbeiten allerdings erst einmal für reichlich Wirbel und waren sogar Thema für den Landtag. „Obwohl die involvierten Insassen mehrfach zum Ausdruck gebracht haben sollen, nicht gefilmt werden zu wollen, wurden die Aufnahmen nicht eingestellt“, äußerte sich nämlich die Abgeordnete Katja Meier von der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen sehr kritisch zu den Fernsehaufnahmen und forderte vom sächsischen Justizministerium eine offizielle Stellungnahme. Ins Rollen gebracht hatte die Diskussion die Gefangenen-Gewerkschaft GG/BO. Demnach hätten einige Häftlinge die Begleitung der Sicherheitskontrollen als „schlimm“ empfunden und den Verdacht geäußert, dass diese Kontrollen nicht allein der Ordnung und Sicherheit dienten, sondern eine Inszenierung für RTL war.

Das Ministerium aber dementiert. Laut Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) wurden die Aufnahmen mit der Pressstelle des Ministeriums abgesprochen. Im Vordergrund habe bei den Dreharbeiten die Arbeitsweise der Sicherheitsgruppe Justizvollzug gestanden. Es handelte sich um routinemäßige Arbeiten. „Die Kontrolle fand nicht aufgrund der geplanten Filmaufnahme statt“, so Sebastian Gemkow. Zudem sei der Dreh letztlich nur ein kleiner Teil der RTL-Reportage.

Mit der Redaktionsleitung vom „Jenke Experiment“ sei vereinbart worden, dass der fertige Videoschnitt der Pressestelle des Ministeriums noch vor der Ausstrahlung zur Überprüfung zur Verfügung gestellt werde. Damit will das Ministerium einerseits die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Gefangenen sicherstellen und andererseits die Geheimhaltung sicherheitsrelevanter Dinge in der JVA Zeithain. Schon vor der Genehmigung von Filmaufnahmen wäge das Ministerium außerdem immer zwischen dem Informationsrecht der Presse und dem Schutz anderer, zum Beispiel privater Interessen ab. „Gegebenenfalls müssen die Personen, deren Einwilligung nicht vorliegt, zum Beispiel durch grafische Verschleierung oder stimmliche Verfremdung derart unkenntlich gemacht werden, dass eine Identifizierung nicht möglich ist“, erklärte Sebastian Gemkow.

RTL selbst kann die Aufregung um die Dreharbeiten deshalb auch nicht nachvollziehen. „Selbstverständlich beachten wir bei jedem Dreh die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten“, erklärt Unternehmenssprecher Christian Körner, „wenn jemand im Bild ist, der das nicht will, wird er gepixelt.“

Zudem sei alles mit den Behörden abgesprochen, „das sind ja keine Undercover-Einsätze.“ Er lässt allerdings durchblicken, dass es wohl einige Probleme beim Dreh in Zeithain gegeben habe, will vorab aber keine Details verraten. In der Sendung werde sich das alles aufklären.