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Asylunterkunft im Leonardo schließt

Der Landkreis räumt die umstrittene Einrichtung in Freital, in der derzeit 330 Asylbewerber leben. Das ehemalige Hotel ist in den vergangenen Monaten zum Brennpunkt geworden.

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© Daniel Förster

Von Andrea Schawe, Matthias Weigel und Tobias Winzer

Das Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge räumt die Asylunterkunft im einstigen Leonardo-Hotel in Freital bis Ende Juni. Das teilte die Kreisbehörde am Mittwoch mit. Bereits am Donnerstag würden die ersten der derzeit 330 hier beherbergten Asylbewerber ausziehen. Sie sollen schrittweise in andere Einrichtungen im Kreisgebiet kommen. Momentan gibt es ausreichend freie Kapazitäten in anderen Heimen und Wohnungen.

Nicht nur deswegen soll das Ex-Hotel als Asylunterkunft künftig keine Rolle mehr spielen. Als wesentlichen Grund für den Auszug nennt das Landratsamt die „nach wie vor fehlende Umsetzung der brandschutztechnischen Maßnahmen durch den Betreiber Pro Shelter“.

Der Bruch kommt nicht ganz überraschend. Bereits in der Vergangenheit stritt man erfolglos um Verträge, da es der Landkreis unter anderem ablehnte, pauschal für das gesamte Platzkontingent zu bezahlen. Der Betrieb lief letztlich nur anhand mündlicher Absprachen. Zudem wurde über einen nötigen Umbau debattiert. Bisher wurde das Objekt als Notunterkunft in den weitgehend unveränderten Hotelräumen betrieben. Pro Shelter sollte sie aber dem Bedarf einer Flüchtlingsunterkunft anpassen – und damit die Kosten senken. Das Landratsamt setzte dafür eine Frist bis April. Zwar hatte Pro Shelter inzwischen das geringere Entgelt akzeptiert. Der Fortschritt des Umbaus, samt der damit verbundenen Brandschutzmaßnahmen, blieb aber lange unklar. Eine Brandschutzbegehung jüngst ergab jedoch einige Mängel, die Pro Shelter umgehend abstellen sollte. Ein Auslöser dafür, dass das Landratsamt nun die Reißleine zieht?

Pro Shelter zeigte sich am Mittwoch ahnungslos. Der Vertrag sei von keiner Seite infrage gestellt, betonte eine Sprecherin. In Bezug auf die Mängelfrage verweist sie auf einen „steten Dialog mit den Behörden“, der aber vertraulich sei. Stattdessen heißt es allgemein, dass die Umbauten „so gut wie abgeschlossen“ seien. Wie das mit dem Auszug zusammenpasst und was aus dem Gebäude wird, bleibt völlig offen.

„Aufgrund der merklich sinkenden Zahl von Asylbewerbern, die seit geraumer Zeit im Landkreis ankommen, sehe ich den Schritt des Landkreises als konsequent an“, sagte Freitals Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU). Die Unterkunft sei eine Übergangslösung gewesen.

Das Freitaler Willkommensbündnis sieht die Verlegung der Flüchtlinge kritisch. „Das gefährdet die Kontinuität unserer Arbeit“, sagt eine Sprecherin. Das Bündnis sammelte unter anderem Spenden und organisierte Deutschkurse, Begegnungsnachmittage und Sportstunden für die Bewohner. „Für sie wird es schwieriger daran teilzunehmen, wenn sie in einem anderen Ort untergebracht sind.“

Proteste von Anfang an

Die Asylunterkunft war von Anfang an umstritten. Als der Landkreis am 19. Februar 2015 das Hotel anmietete, hieß es aus dem Landratsamt, das Hotel sei die einzige Möglichkeit. Die Aufnahmekapazitäten im Landkreis waren erschöpft, die Erstaufnahmen überfüllt, und immer noch kamen mehr Flüchtlinge. Mit den ersten Flüchtlingen, die nach Freital kamen, gab es auch die ersten Proteste gegen die Asylunterkunft in einem Wohngebiet. Am 6. März 2015 zog die erste Anti-Asyl-Demonstration mit 1 500 Teilnehmern durch die Stadt. Einige versuchten, die geplante Route zu verlassen. Leuchtraketen flogen, Böller explodierten. Die sogenannte „Bürgerinitiative Freital“, die sich damals noch „Nein zum Heim – Freital wehrt sich“ nannte, demonstriert nun wöchentlich, immer freitags. Als der Freistaat Ende Juni das Hotel überraschend zur Erstaufnahme macht, kommt es tagelang zu teilweise gewalttätigen Krawallen vor dem Haus. Die Stimmung bleibt auch danach aggressiv, Asylbewerber aus dem Leonardo werden in der Stadt wiederholt angegriffen.

Was nun mit der Immobilie passiert, ist unklar. Offenbar ist ein ganzes Konglomerat an Immobilienfirmen in das Geschäft involviert. Ende Mai wurde das Haus für fünf Millionen Euro an die Samato Aktiengesellschaft in Luxemburg verkauft – von der Projekt Freital GmbH. Die Firma wurde eigens für den Kauf der Immobilie gegründet und hatte an die Hotelkette Fattal 1,1 Millionen Euro gezahlt. Über allem thront eine Holdinggesellschaft in der Schweiz, die über eine Beteiligungsgesellschaft auch bei Pro Shelter involviert ist.