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Arbeitslos und weiterhin Gutverdiener

Wenn Staatssekretäre ihren Job verlieren, greifen Sonderregeln – in Sachsen viel zu oft, ärgert sich der Rechnungshof.

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Von Gunnar Saft

Sie sind in ihrem Job ganz oben angelangt und bleiben trotzdem der ewige Zweite: Staatssekretäre, die hinter den jeweiligen Ministern eine ganz besondere Rolle bei der sächsischen Regierungsarbeit spielen. Als oberste Beamte sind sie die Schnittstelle zwischen Politik und Ministerbüro auf der einen Seite sowie den staatlichen Verwaltungsstrukturen und deren Mitarbeitern auf der anderen. Salopp gesagt sorgen sie im Hintergrund dafür, dass „der Laden läuft“ – also dass die Verwaltung den politischen Willen einer Landesregierung möglichst reibungslos umsetzt.

Andrea Fischer aus dem Sozialministerium, Hansjörg König vom Finanzministerium und Michael Wilhelm aus dem Innenministerium wurden in den vorläufigen Ruhestand versetzt und ihre Posten an Nachfolger neu vergeben.
Andrea Fischer aus dem Sozialministerium, Hansjörg König vom Finanzministerium und Michael Wilhelm aus dem Innenministerium wurden in den vorläufigen Ruhestand versetzt und ihre Posten an Nachfolger neu vergeben. © Norbert Millauer,Robert Michael,Frank Graetz

Für diese wichtige Aufgabe genießen Staatssekretäre auch ein paar Privilegien. So wird der Posten mit der Besoldungsgruppe B 9 und damit mit zurzeit mindestens 10 900 Euro brutto recht gut bezahlt. Noch wichtiger sind allerdings die großzügigen Versorgungsregelungen, wenn man sein Amt dann irgendwann wieder verlieren sollte. Ein Schicksal, das allein nach der kürzlichen Wahl des neuen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) gleich drei langjährige Staatssekretäre traf: Andrea Fischer aus dem Sozialministerium, Hansjörg König vom Finanzministerium und Michael Wilhelm aus dem Innenministerium. Alle drei wurden in den vorläufigen Ruhestand versetzt und ihre Posten an Nachfolger neu vergeben.

Frühzeitiger Ruhestand ist teuer

Für diese Ex-Staatssekretäre, die alle noch nicht das Pensionsalter erreicht haben, greift nun ein besonderes Verfahren, welches Sachsens Rechnungshof erst im Herbst 2017 in einem Prüfbericht mit ungewöhnlich kritischen Worten gerügt hatte. So steht den Ausgeschiedenen zunächst bis zu drei Jahre ein Ruhegehalt in Höhe von knapp 72 Prozent ihrer bisherigen Amtsbezüge zu. Danach erfolgt eine Neuberechnung, die unter anderem von der früheren Amtsdauer und weiteren Faktoren abhängig ist. Denn unabhängig von ihrem Alter haben diese politischen Beamten weiterhin einen Versorgungsanspruch.

Und hierzu verweist der Prüfbericht auf eine brisante Statistik: Obwohl Ex-Staatssekretäre jederzeit wieder in den aktiven Dienst zurückgerufen werden können, um eine vergleichbare Aufgabe zu übernehmen, kommt es praktisch fast nie dazu. In 90 Prozent aller Fälle, so listet es der Rechnungshof akribisch auf, müssten Staatssekretäre im einstweiligen Ruhestand auf Dauer versorgt werden. Und das, obwohl die Ruhestandsversetzungen zuletzt im Durchschnitt mit 55 Jahren erfolgten.

Die Prüfer appellieren daher eindringlich an die Staatsregierung, sich bei der Berufung von Spitzenbeamten, deren frühes Ausscheiden aus dem Dienst die Steuerkasse teuer zu stehen kommt, so weit wie möglich zurückzuhalten. Oder wie es im Prüfbericht heißt: „Der Gesetzgeber ist gehalten, den Kreis dieser Beamten auf wenige Schlüsselpositionen bzw. bedeutsame Mittlerstellen zwischen politischer Führung sowie Verwaltung zu beschränken.“

Bayern nutzt moderneres Modell

In der Praxis fruchtet der Appell bisher nicht. So genießen heute auch die jeweiligen Direktoren der Landesdirektion Sachsen sowie des sächsischen Landtages weiter die gleichen Versorgungsregelungen wie Staatssekretäre. Aus Sicht des Rechnungshofes zu Unrecht. Letztlich ist die Zahl der aktiven politischen Beamten mit Anspruch auf eine entsprechende Besoldung und Versorgung dann allein zwischen 2008 und 2015 von 28 auf 34 gestiegen.

Verwundert zeigen sich die Rechnungsprüfer deshalb, dass sich der Freistaat nicht auf mögliche Reformen einlässt. So stehen in Bayern Staatssekretäre genau wie Ministerlängst in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis, welches eine lebenslange Dauerversorgung ausschließt. Die Gesetze in Sachsen ließen das ebenfalls zu, es wird davon aber kein Gebrauch gemacht.

Unterdessen nimmt die Zahl der Personen, die das bisherige umstrittene Versorgungsmodell nutzen können, stetig zu. Der SZ teilte die Staatsregierung jetzt mit, dass bereits 62 Frauen und Männer – einschließlich der derzeitigen Regierungsmitglieder – das Amt eines Staatssekretärs innehatten. Ein vergleichsweise hoher Wert, wenn man auf andere Bundesländer schaut. Allein neun der Ehemaligen befinden sich zurzeit im einstweiligen Ruhestand – mit allen bekannten Konsequenzen.