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Anwälte der Infinus-Bosse sprechen von Justizskandal

Gutachter der Staatsanwaltschaft findet keine Hinweise auf Bereicherung. Beschuldigte bleiben dennoch in U-Haft.

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© Robert Michael

Von Ulrich Wolf

Dresden. Die Verteidiger von Managern des insolventen Finanzkonzerns Infinus sehen in dem Betrugsverfahren eine „unsägliche Verquickung von Ermittlern, Staatsanwälten, Richtern und Insolvenzverwaltern“ am Werk. Der Dresdner Rechtsanwalt Martin Wissmann, der den ehemaligen Infinus-Aufsichtsrat Siegfried Bullin vertritt, spricht gar von „Willkür“. Sein Mandant sitze seit nunmehr 18 Monaten ohne handfeste Beweise in Untersuchungshaft. Sämtliche Beschwerden bis hoch zum Sächsischen Verfassungsgerichtshof seien abgelehnt worden, „um einen Justizskandal zu verhindern“. Die Richter hätten sich „in keinster Weise“ mit den Argumenten der Verteidiger auseinandergesetzt, sagt Wissmann. Klassische Haftgründe wie eine Fluchtgefahr lägen bei seinem Mandanten „definitiv“ nicht vor. Ex-Aufsichtsrat Bullin habe Familie und sei nicht vermögend. Der Anwalt verweist auf das Totschlag-Verfahren gegen den ehemaligen SED-Vorsitzenden Egon Krenz, dessen U-Haft trotz einer höheren Straferwartung sowie ausreichender Fluchtmöglichkeiten bereits nach 18 Tagen ausgesetzt worden war.

Auch Anwalt Ulf Israel, der Verteidiger von Infinus-Gründer Jörg Biehl, schließt sich den Vorwürfen an. „Wenn einer der Infinus-Insolvenzverwalter der Ehemann der Vizepräsidentin des Oberlandesgerichts ist, wie kann man da noch mit einer fairen Entscheidung rechnen?“, sagt er. Bereits im März hatte der Verteidiger von Infinus-Manager Andreas Kison das Verhalten der sächsischen Justiz in dem Verfahren kritisiert. Im Raum steht auch der Vorwurf, der auf rund 1,7 Milliarden Euro geschätzte Schaden sei nur deshalb entstanden, weil allein die Staatsanwaltschaft mit ihrer Razzia im November 2013 die Firmengruppe zum Einsturz gebracht habe.

Staatsanwaltschaft und Landgericht wiesen die Anschuldigungen als „abwegig“ und „nicht nachvollziehbar“ zurück. „Ich muss schmunzeln, dass ausgerechnet die Verteidiger mit dem ewig gleichen Neidargument gegen die Insolvenzverwalter hausieren gehen“, sagt Landgerichtssprecher Ralf Högner. Der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Gutachter, der das Geschäftsmodell von Infinus geprüft hat, kommt zu dem Schluss, dass die den Anlegern versprochenen Renditen dauerhaft nicht hätten erzielt werden können. Er stellt aber auch fest, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Provisionen überhöht waren und durch Ausschüttungen an die Hintermänner geflossen seien.

Die Staatsanwaltschaft Dresden beschuldigt zehn Personen, mit Infinus eines der größten Schneeballsysteme der Bundesrepublik betrieben zu haben. Die Anklage soll Mitte nächsten Monats fertig sein.