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Ansage verwundert Fahrgäste

In der S-Bahn wird aufs Weingut Wackerbarth hingewiesen. Allerdings an einer Haltestelle, die weiter weg ist.

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© Arvid Müller

Von Peter Redlich

Radebeul. Nils Fischer und seine Familie wollen zu Wackerbarth, ins Erlebnisweingut. Mit Kinderwagen und Tochter an der Hand. Vater Fischer ist fit auf dem Handy und schaut vor dem Aussteigen aus der S-Bahn nach dem kürzesten Weg. Er wundert sich allerdings, als vor der S-Bahnhaltestelle in Kötzschenbroda auf Wackerbarth hingewiesen wird.

Laut Google Maps ist der Weg zum Weingut nämlich vom nächsten Halt Richtung Meißen, in Zitzschewig, kürzer. Wer in Kötzschenbroda aussteigt und über die Meißner Straße den direktesten Weg läuft, hat 1,2 Kilometer in 15 Minuten zu bewältigen. Etwas ruhiger als im Autoverkehr verläuft der Weg von dieser S-Bahnstation über die Moritzburger Straße, Am Bornberge und Am Jacobstein. 1,4 Kilometer sind das, für die 18 Minuten veranschlagt sind.

Vom Haltepunkt Zitzschewig über die Cossebauder Straße und die Meißner Straße zum Osteingang von Wackerbarth sind es 13 Minuten auf einem Kilometer. Einfacher und ruhiger ist es freilich, zum Westeingang das Weingut zu betreten. Macht nochmals fast 300 Meter weniger.

Warum dann aber die Ansage in Kötzschenbroda? Ergänzt obendrein von einem großen Schild „Erlebnisweingut Schloss Wackerbarth“ direkt auf dem Bahnsteig. Es gibt Vermutungen: Die Stadt möchte, dass die Touristen hier aussteigen, damit sie auch Altkötzschenbroda besuchen.

Stadtsprecherin Ute Leder sagt, nein, die Stadt habe auf die Ansage keinen Einfluss genommen. Vielleicht die Deutsche Bahn oder der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO). VVO-Sprecher Christian Schlemper sagt, die Deutsche Bahn sei für die Ansagen in der S-Bahn zuständig.

Die Verantwortlichen bei der Deutschen Bahn in Leipzig weisen das allerdings auch von sich. Zuständig sei die Werbefirma Ströer, von der vieles in Sachen Werbung im deutschen Verkehr organisiert werde. Bei Ströer nachgefragt, warum denn Kötzschenbroda angesagt werde, wer das bestellt hat und was es kostet.

Doch auch die Unternehmenssprecher der Werbefirma wollen nichts dazu sagen. Sie verweisen auf den Auftraggeber – und der ist das Staatsweingut Schloss Wackerbarth selbst. Von Susann Goldstein, Referentin der Geschäftsführung, gibt es dann auch eine plausible Antwort, wenn auch nicht auf alle Fragen.

Bereits seit 2011, also lange vor der umfangreichen Sanierung des Bahnhofs Radebeul-Kötzschenbroda, der früher radebeul-West hieß, hängen Schilder mit dem Hinweis „Schloss Wackerbarth“ am Bahnsteig des Haltepunktes, heißt es. „Mit dieser Werbemaßnahme möchten wir die Gäste der Stadt Radebeul abholen und auf die Nähe von Schloss Wackerbarth zum historischen Anger in Altkötzschenbroda aufmerksam machen.

Die mit den Schildern verbundene Ansage in der S-Bahn ist ein Service der S-Bahn-Dresden für ihre Fahrgäste. Susann Goldstein: „Der Haltepunkt in Kötzschenbroda ermöglicht durch die nahe gelegene Straßenbahnhaltestelle allen Besuchern einen Zehn-Minuten- bzw. 30 Minuten-Takt in unsere Richtung. Dies ist vor allem für Gäste wichtig, die nicht gut zu Fuß sind, und ermöglicht allen eine bessere Erreichbarkeit.“

Überlegungen, die Hinweisschilder auch am Haltepunkt Radebeul-Zitzschewig anzubringen, gibt es aktuell nicht, so die Sprecherin. Auch solle man Verständnis haben, dass weitere Details zum Kooperationsvertrag nicht veröffentlicht werden sollten. Gemeint sind zum Beispiel die Preise für die Ansage in der S-Bahn.

Familie Fischer freut sich über die Auskunft und auch den Hinweis, dass man mit dem VVO-Ticket mit der Straßenbahn hätte weiter zu Wackerbarth fahren können, ohne über die laute Meißner Straße laufen zu müssen. Eine Möglichkeit, so gibt der Familienvater zu, die auch über die DVB-App auf dem Handy erkundet werden kann.