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Angriffe auf Polizisten nehmen zu

Polizisten in Sachsen leben gefährlich. Für die Beamten gehen die Gefahren dabei nicht mehr nur von Einsätzen bei Demonstrationen oder Fußballspielen aus. Inzwischen müssen sie auch beim alltäglichen Dienst damit rechnen, angegriffen zu werden.

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© dpa

Dresden. Die tätlichen Angriffe gegen Polizisten haben in Sachsen im vergangenen Jahr weiter zugenommen. 2015 verzeichnete das Innenministerium 1 309 Fälle von Gewalt gegen die Ordnungshüter. Das entspricht einem Plus von 1,9 Prozent verglichen mit 2014. Allein die Fälle von gefährlicher Körperverletzung stiegen um mehr als ein Drittel von 101 auf 138.

„Wir beobachten mit Sorge, dass die Hemmschwelle, Polizisten etwa bei Versammlungen und Fußballspielen anzugreifen, gesunken ist“, sagte Innenminister Markus Ulbig (CDU) in einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa. Auch in Polizeiuniformen steckten Menschen, die nicht zur Zielscheibe von aggressiven, hasserfüllten und respektlosen Gewalttätern werden dürften.

„Viele Kollegen haben den Eindruck, sie werden durch die Uniform weniger geschützt, denn als Zielscheibe markiert“, sagte der Leipziger Polizeisprecher Andreas Loepki. Die Beamten müssten mittlerweile bei fast jedem Einsatz, ob es nun um Verkehrsunfälle, Ruhestörung oder Schutz von Versammlungen und Fußballspielen gehe, mit Gewalt rechnen. Zugenommen hätten auch Beleidigungen, Bedrohungen oder Spuckattacken.

In Leipzig hatten unter anderem Anfang 2015 im Stadtteil Connewitz etwa 50 Maskierte eine Außenstelle der Polizei angegriffen. Sie warfen Flaschen, Steine und Farbbeutel gegen die Fassade und setzten einen Streifenwagen in Brand.

Bei ausländerfeindlichen Ausschreitungen vor einer Notunterkunft für Flüchtlinge vor fast genau einem Jahr in Heidenau bei Dresden waren Polizisten mit Bierflaschen beworfen und mit Feuerwerkskörpern beschossen worden.

Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Hagen Husgen, teilt den Eindruck Loepkis. „Die Angriffe auf Polizisten werden immer brutaler.“ Er fordert: Jeder Angriff auf die Uniform müsse „rigoros geahndet“ werden. Erstaunlich sei, dass die Beamten zumeist - in etwa 80 Prozent der Fälle - im alltäglichen Dienst attackiert würden, bei Einsätzen zu häuslicher Gewalt, bei Feststellungen der Identität oder Sachverhaltsklärungen.

Auch mit Blick auf die latente Terrorgefahr sollen die Polizisten jetzt besser geschützt werden. Sie sollen Pistolen mit größeren Magazinen, stichfeste Schutzwesten, gepanzerte Fahrzeuge, sogenannte Mitteldistanzwaffen und Helme erhalten, die besonders gut bei Explosionen und herumfliegenden Splittern schützen. Zudem ist der Einsatz von Bodycams - Köperkameras - beabsichtigt, um Angriffe auf die Ordnungshüter besser aufklären zu können. Dazu ist zunächst ein Pilotprojekt geplant. Die Handlungen zur Eigensicherung würden trainiert, heißt es. Die Zahl der Polizisten soll um 1000 Beamten aufgestockt werden.

Ein generelle Ausstattung der Polizisten mit Elektroschockern - sogenannten Tasern - ist laut Ministerium hingegen nicht vorgesehen. Damit seien nur Spezialkommandos ausgerüstet, hieß es. In den vergangenen zwei Jahren seien nur jeweils zweimal Taser eingesetzt worden.

Vor allem die Bodycams sind umstritten. Die Grünen im Landtag lehnen deren Einsatz sowie polizeiliche Systeme zur Gesichtserkennung ab. „Damit ist faktisch ein enorme Ausweitung der Überwachung von Bürgern verbunden“, sagt deren Innenexperte, Valentin Lippmann. Der Nutzen stehe in keinem Verhältnis zum Grundrechtseingriff. Auch von einer „Spezialvorschrift“ für Körperverletzung an Amtspersonen hält Lippmann nichts. Nicht die Höhe der Strafe wirke präventiv, sondern die schnelle Identifizierung und Anklage der Täter.

Der innenpolitische Sprecher des Koalitionspartners SPD, Albrecht Pallas, sieht Bodycams ebenfalls problematisch. „Wir müssen zusammen mit dem Datenschutzbeauftragten prüfen, was möglich ist.“ Eine generelle Strafverschärfung bei Angriffen auf Polizisten lehnt auch er ab.

Aus Sicht der AfD-Fraktion hingegen sollen die Elektroschocker nicht nur den Spezialeinsatzkommandos vorbehalten bleiben. Deren Einsatz müsse auch im Streifendienst erprobt werden, hieß es. Auch den Einsatz von Köperkameras sehe die Fraktion positiv. (dpa)