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Alles verloren

Das abgebrannte Haus einer Familie aus Waldheim ist unbewohnbar. Die siebenjährige Tochter hat einen Herzenswunsch.

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© André Braun

Von Tina Soltysiak

Marleen steht im Garten, drückt ihr Gesicht an einen schwarzen Plüschaffen. Um sie herum sind Schaumkronen zu sehen. Es riecht nach verbranntem Holz und Angekokeltem. Durch ein zerborstenes Fenster sind der blaue Himmel über Waldheim und die schwarzen Überreste des Dachstuhls zu sehen. Der ist am Dienstagabend abgebrannt. Marleen ist sieben Jahre alt und hat ihr Lieblingskuscheltier durch das Feuer verloren. „Frieda, ein bunter Affe“, erzählt sie und kann die Tränen nur schwer zurückhalten. Sie wünscht sich nichts sehnlicher, als einen Ersatz zu finden. „Der Affe war bunt. Das eine Ohr war lila und das andere grün. Und er hatte einen langen, roten Schwanz“, beschreibt sie das Aussehen des Kuscheltiers.

Was nebensächlich erscheinen mag, angesichts des enormen Schadens, den die Flammen hinterlassen haben, ist für das Mädchen eine Herzensangelegenheit. Ebenso wie die Glitzerstifte und ihre Teddybärsammlung, die sie vermisst. Doch sie weiß auch, dass die Familie Glück gehabt hat. „Uns ist nichts passiert. Die Teddys sind im Plüschtierhimmel. Und unsere beiden Hasen haben überlebt“, sagt sie.

Mit Schock in eine Klinik

Die Familie hat fast alles verloren. Matthias und Grit Zschaage sowie ihr Sohn Alexander schauen, was noch zu retten ist. Im Garten stehen ein paar Schuhe, einige Kisten und auf einem Kleidungsständer hängen einige wenige Sachen zum Trocknen.

Am Mittwochvormittag sind auch die Brandursachenermittler der Kriminalpolizei vor Ort gewesen. „Sie haben uns aber noch keine Auskunft gegeben“, erzählt Grit Zschaage. Die Familie geht von einem technischen Defekt aus, denn als der Brand ausbrach, war niemand zuhause. Die Polizei spricht in einer Mitteilung von einer „bislang unbekannten Ursache“.

Das Feuer hatte sich im Dachstuhl und dem ersten Obergeschoss ausgebreitet – dem hauptsächlichen Lebensmittelpunkt der Familie. Dort befanden sich unter anderem die beiden Kinderzimmer. Der 16-jährige Alexander würde gern wissen, ob von seinen persönlichen Sachen noch etwas brauchbar ist. Doch die Familie darf das Haus nicht betreten. „Nach Abschluss der Löscharbeiten gegen 21 Uhr stand am Dienstag fest, dass das Einfamilienhaus nicht mehr bewohnbar ist“, so Polizeisprecher Andrzej Rydzik.

Für die Familie hatte die Stadtverwaltung Waldheim noch am Abend ein vorläufiges Quartier organisiert. Dort hat die Familie die Nacht verbracht. „Ich konnte nicht schlafen“, erzählt Marleen. Ihrer Mutter erging es nicht anders. Sie war am Dienstag gemeinsam mit ihrem Sohn vom Einkaufen gekommen. Als sie das Ausmaß sah, erlitt sie einen Schock. „Ich wurde erstmal ins Krankenhaus gebracht“, erzählt sie. Ihr Mann Matthias hatte über seinen Funkmeldeempfänger vom Feuer erfahren. Denn er ist selbst Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr. „Er hat aber nicht bei den Löscharbeiten geholfen, sondern sich natürlich um seine Familie gekümmert“, erzählt Daniel Seifert. Der stellvertretende Wehrleiter von Waldheim hatte den Einsatz geleitet.

„Inklusive Rettungsdienst waren wir mit etwa 60 Leuten vor Ort“, sagt er. Die Löschwasserversorgung erfolgte im Pendelverkehr zwischen dem großen Teich im Gewerbegebiet und dem Unglücksort an der Goethestraße. Das habe gut geklappt, lautet das Urteil des stellvertretenden Kreisbrandmeisters Wolfgang Störr. Das Feuerwehrtechnische Zentrum Mittweida hatte einen Logistikwagen geschickt, damit Sauerstoffflaschen, Masken und dergleichen ausgetauscht werden konnten. Die Zahl der Kameraden unter schwerem Atemschutz sei ausreichend gewesen.

Die Löschwasserversorgung musste über den Pendelverkehr erfolgen, weil nicht genügend Druck auf der Wasserleitung war. „Um Missverständnissen vorzubeugen: Für die Wasserversorgung der Anwohner ist er ausreichend. Aber da wir sehr viel Wasser brauchten – ich schätze so an die 30 000 Liter – hat es eben nicht mehr gereicht“, sagt Daniel Seifert.

Ähnlich sieht es Stephan Baillieu, Geschäftsführer des Wasserverbandes Döbeln-Oschatz. „Das Trinkwassernetz ist in erste Linie für die Trinkwasserversorgung und nicht für die Bereitstellung von Löschwasser ausgelegt“, teilt er auf DA-Nachfrage mit. Die Hydranten würden in erster Linie zur Leitungsspülung genutzt.Die Oewa Wasser und Abwasser GmbH überprüfe im Auftrag des Wasserverbandes regelmäßig Funktion, Sichtbarkeit, Druck und Mengenabgabe der Hydranten und stellt diese Daten den Kommunen und den Feuerwehren zur Verfügung. „Die Daten fließen in das kommunale Löschwasserkonzept ein. Kommunen und Feuerwehren wissen somit, welche Hydranten sie im Falle einer notwendigen Löschaktion anzapfen können“, so Baillieu.

Bei den Löscharbeiten ist laut Polizei ein 29-jähriger Feuerwehrmann verletzt worden. Er kam mit Verdacht auf eine Rauchgasvergiftung in eine Klinik.

Für Freitag haben sich weitere Gutachter der Versicherung angekündigt. „Die vorläufige Schadenssumme wird auf rund 200 000 Euro geschätzt“, so Polizeisprecher Andrzej Rydzik. Die Stadt Waldheim hat ein Spendenkonto eingerichtet.

Wer kann helfen?

Geldspenden: IBAN DE 92 8605 5462 0037 9100 01, BIC: SOLA
DES1DLN, Zahlungsgrund: „Hilfe für Brandopfer

Sachspenden: Kleiderkammer bei Planet Waldheim, Schillerstraße 17. Um vorherige telefonische Anmeldung unter 034327 68267 wird gebeten. E-Mail-Kontakt [email protected]

Benötigt wird Kleidung jeglicher Art.

Schuhgrößen: Marleen 37/38, Alexander 46/47, Grit 44, Matthias 45