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Ärger um Steinproben aus der Cheops-Pyramide

Angekratztes Verhältnis: Weil ein Sachse an Ägyptens Weltwunder schabte, will sich das Land gegen Hobby-Archäologen abschotten.

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Kairo/Dresden. Krümel des Anstoßes: Das ägyptische Ministerium für Altertümer will drei Deutsche zur Fahndung ausschreiben, weil sie in der Cheops-Pyramide Baustoffproben genommen und nach Dresden geschafft haben. Minister Mohammed Ibrahim erließ gestern ein Verbot für private Besuche an allen archäologischen Stätten, die für die Öffentlichkeit gesperrt sind. Damit reagierte er nach Angaben seines Ministeriums auf die negativen Erfahrungen, die man mit den deutschen Wissenschaftlern gemacht habe.

Nach der Kontroverse um die Nofretete-Büste belastet damit ein neuer Streit das Verhältnis zwischen Deutschland und der ägyptischen Altertümer-Verwaltung.

Der Grund für den Ärger liegt ein halbes Jahr zurück. Im vergangenen April reiste der für seine Versuche mit selbst konstruierten Schilfbooten bekannte Chemnitzer „Experimental-Archäologe“ Dominique Görlitz im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojekts mit dem umstrittenen Autor Stefan Erdmann nach Kairo. In der Pyramide des Cheops (ca. 2620 bis 2580 v. Chr.), der größten der Pyramiden auf dem Plateau von Giseh, verschaffte er sich Zugang zu einer Kammer, deren Existenz zwar bekannt ist, die aber für die Öffentlichkeit gesperrt ist. Dort entnahm er Proben, die Erdmann dann im Mai dem Labor des Fresenius-Instituts in Dresden zur Untersuchung überließ.

In Ägypten ist man in heller Aufregung – erstens über die Entnahme der Proben und zweitens darüber, dass diese nach Deutschland geschafft wurden. Für Ägyptens Altertümer-Minister Mohammed Ibrahim steht fest: Die Cheops-Pyramide ist kein Steinbruch, in dem sich jeder Hobbyforscher nach Lust und Laune einfach ein paar Brösel mitnehmen kann. Die Kairoer Zeitung Al-Masry Al-Youm berichtete gestern auf ihrer Internetseite, der Minister habe jetzt den Generalstaatsanwalt aufgefordert, gegen „drei deutsche Experten“ zu ermitteln. Außerdem wolle er die Hobby-Archäologen via Interpol zur Fahndung ausschreiben lassen.

Görlitz, der inzwischen wieder zurück in Deutschland ist, kann die Empörung der Ägypter nicht verstehen. „Letztlich dient es doch der Forschung“, sagt er. „Wir hatten uns bei beim Giseh-Plateau angemeldet.“ Auf die Frage, wer ihm den Besuch der Kammer angeblich erlaubt habe, will sich Görlitz derzeit nicht äußern. „Ich möchte ungern weiteres Öl ins Feuer gießen.“

Auch beim Fresenius-Institut, wo die Proben derzeit untersucht werden, ist man sich keiner Schuld bewusst. „Unser Auftraggeber ist Herr Erdmann, mit der Entnahme der Proben haben wir nichts zu tun“, sagt Produktmanager Bernd Mehlich. Die Proben seien nicht mehr als „ein paar Krümel in einer Tüte“.

Die mineralogische Untersuchung der „kleinen Splitterchen“ sei noch nicht abgeschlossen. Aufgrund der geringen Größe der Steinsplitter von maximal vier mal zwei Millimetern sei auch nicht genügend Kohlenstoff vorhanden, um ihr Alter mit der Radiokarbonmethode korrekt zu bestimmen.

Dass der Fall jetzt in Ägypten durch die Medien geistert – auch ein lokaler Fernsehsender hat sich bereits damit befasst – hat mit einem Video zu tun. Es zeigt nach Angaben derjenigen, die es angesehen haben, Görlitz, während er in einer sogenannten Entlastungskammer der Pyramide die Wand bearbeitet. Das Video ist auf der Internet-Plattform „Youtube“ inzwischen vom Urheber gesperrt worden. (dpa)