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Rückkehr in die Freiheit

Mit dem Gelübde bindet sich eine Schwester an den Orden, das muss aber nicht für ewig sein. Dass eine Äbtissin Kloster und Orden verlässt, ist aber sehr ungewöhnlich, auch wenn sie Gründe hat. Und sie geht nicht als Einzige.

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© kairospress

Panschwitz-Kuckau. Zweifel an Berufung sowie Überforderung: Nach fast 20 Jahren im Kloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau (Landkreis Bautzen) haben zwei Schwestern ihre Nonnentracht abgelegt, das Kloster und den Zisterzienserinnenorden verlassen. Die beiden Frauen wollen in ihr bürgerliches Leben zurück. Mit Philippa Kraft kehrte dabei eine junge Äbtissin dem Konvent den Rücken. „Das ist eher ungewöhnlich“, sagte ein Sprecher des Bistums Dresden-Meißen. Auch die Deutsche Ordensobernkonferenz (DOK) spricht von einem „eher seltenen Fall“, der Sprecher erinnerte sich nur an ein Pendant.

„In meinem geistlichen Leben war das Fundament nicht mehr fest“, begründete die 42-Jährige Äbtissin in der katholischen sorbischen Wochenzeitung „Katolski Posol“ (Sonntag) den Entschluss, nach gut fünf Jahren im Amt zurück- und aus dem Orden auszutreten. Sie ging auf den Jakobsweg nach Spanien, setzte Mitschwestern und Mitarbeiter am Montag schriftlich in Kenntnis. Vor ihr hatte bereits Schwester Johanna Barner um Entlassung aus dem Konvent gebeten.

Das in der sorbischen Lausitz liegende St. Marienstern ist eine der ältesten Zisterzienserabteianlagen in Deutschland. Seit 1248 gibt es dort eine Schwesterngemeinschaft. Nun leben dort noch zwölf Nonnen nach den Regeln des Heiligen Benedict „Ora et labora“ - Bete und arbeite - und betreiben ein Behindertenheim. „Wir bedauern den Rück- und Austritt sehr.“ Die Bindung auf Lebenszeit schließe nicht aus, dass sich die Einstellung zu diesem Weg irgendwann ändert, sagte der Ordensoberkonferenz-Sprecher. „Es gibt die Möglichkeit, ganz rauszugehen, aber auch in ein anderes Kloster.“

Sie fühle sich nicht mehr „so wie noch vor Jahren in das Ordensleben berufen“, betonte Kraft. Der Schritt, zu dem sie sich während einer Sabbatzeit nach reiflicher Überlegung entschlossen habe, habe nichts mit dem Konvent zu tun. Auch ein Lebenspartner sei nicht im Spiel. „Ungefähr ein Jahr habe ich innerlich gekämpft, ja, man kann sogar sagen, dass ich mich gequält habe.“ Die Zweifel hätten gesiegt, Kraft sprach von Überforderung im Amt. „Inzwischen fühle ich mich innerlich befreit.“

Nun will sie wieder in ihrem Beruf als Buchbinderin arbeiten - in der Nähe von Dresden. Die 1975 in Greiz (Thüringen) geborene und im Vogtland aufgewachsene Kraft war 2011 als 43. Äbtissin des Klosters geweiht worden - mit 36 Jahren. Sie hatte sich als 18-Jährige für Gott entschieden, seit 1994 in dem Konvent gelebt und 1996 dort das ewige Gelübde abgelegt. Auch Johanna Barner geht nach rund 20 Jahren in St. Marienstern in ihren früheren Job zurück - als Altenpflegerin in Sachsen-Anhalt. In St. Marienstern hat sie im Klosterladen und -garten gearbeitet und auch Liköre hergestellt.

Die Schwestern waren über den Schritt der Äbtissin „sehr betroffen“, sagte die bisherige Priorin Schwester Gabriela, die nun für ein Jahr Administratorin des Klosters ist. Generalabt Mauro-Giuseppe Lepori hatte sie nach dem Amtsverzicht von Kraft eingesetzt. Es sei „ein Verlust für unser Kloster“, erklärte sie in „Katolski Posol“. Nun sollen innere Stabilität und Frieden einkehren. Erst danach sollen Neuwahlen stattfinden. (dpa)