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Abtauchen in Sachsens Fischwelt

Anglerverbände haben in Leipzig ein Zentrum zum Fisch, den Gewässern und dem Angeln eingerichtet. Es soll dem typischen Klischee etwas entgegensetzen.

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© Sebastian Willnow

Von Sven Heitkamp, Leipzig

Ein schrulliger Alter am Wasser, der Pfeife raucht, Würmer badet und den lieben Gott einen frommen Mann sein lässt: dieses gängige Bild vom Angler werde vor allem von Nichtanglern geprägt, sagt Rolf Seidel, Präsident des Leipziger Angelverbandes. Und es stimme nur selten. Also wolle sein Verein dem typischen Klischee künftig etwas entgegensetzen – und das Bild vom Angler lieber selbst prägen. Daher habe man in viel Eigenarbeit ein eigenes Bildungs- und Informationszentrum rund ums Angeln, um Fische und Gewässer eingerichtet: die „Fischwelt“ im Leipziger Stadtteil Engelsdorf. Auf 600 Quadratmetern ist dort ein landesweit bedeutsames Museum entstanden. Der Freistaat hat den Aufbau mit 320 000 Euro aus der früheren Fischereiabgabe gefördert. Am Donnerstag wurde das Haus mit viel Politprominenz eröffnet, am Sonntag ist es erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich.

In den früheren Werkshallen einer ehemaligen Wellpappenfabrik in der Engelsdorfer Straße 377 werden Besucher zu den Lebensräumen am und im Wasser geführt: In einem begehbaren Trockenaquarium kann eine Unterwasserwelt mit 300 Fischen so erkundet werden, wie sie Taucher sehen. 40 Meter lange, bemalte Wände zeigen wie im Zeitraffer die Flusslandschaften von den Forellenregionen der Zwickauer Mulde im Erzgebirge bis zu den Barschen und Flundern nahe der Elbmündung in Cuxhaven. Gestaltet wurden sie von der Künstlerin Charis Werner. 50 präparierte Fischarten helfen, sich eine bessere Vorstellung von den Wassertieren zu machen. Gezeigt werden darüber hinaus die sächsische Fischerei, die Historie des Angelns vom Bambusrohr bis zur Kohlefaserrute und die Geschichte des Angelns in der DDR. Ein weiteres Thema ist das Angeln in Skandinavien – ein beliebtes Ziel ostdeutscher Fischjäger. Kleine Videoclips geben Einblick in die Fischzucht, und ein „Kunstgang“ zeigt Fische auf Briefmarken, Porzellan, Münzen und Ölgemälden.

Naturschutz ist wichtiges Anliegen

In den Räumen wimmelt es von Hunderten Original-Exponaten wie alten Booten und einem riesigen Hebekescher, Ruten, Reusen und Spezialködern, Fanggebietskarten und ausgestopften Tieren wie etwa Fischotter und Fischadler. Die Ehrenamtlichen um Projektleiter Matthias Kopp haben die Schätze in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in Deutschland und Europa zusammengetragen. Jetzt sollen die Exponate helfen, das Anglerlatein besser zu übersetzen. Für Schulklassen und Kindergartenkinder wurde eigens ein Klassenraum für Projektunterricht und Führungen eingerichtet.

„Wir gehen ja nicht nur zum Angeln, sondern pflegen und hegen die Fischbestände, investieren in die Infrastruktur an den Gewässern, unterstützen den Artenschutz, kümmern uns um die Gewässer und den Naturschutz“, sagt Friedrich Richter, Präsident des Landesverbandes Sächsischer Angler. Diese Anliegen sollten in der Öffentlichkeit besser vertreten werden. Agrarminister Thomas Schmidt (CDU) gibt ihm recht: „Einen guten Umgang mit der Natur und der Umwelt zu lernen, sich zu entspannen und einen Fisch zum Essen zu fangen, ist eine gute Sache“, sagt Schmidt bei der Eröffnung. „Die Angler leisten eine engagierte Arbeit – sie reden nicht nur, sie machen auch was.“

Tatsächlich hat der Landesverband inzwischen 42 000 Mitglieder, 5 000 mehr als noch vor fünf Jahren. Unter ihnen sind auch 4 500 Kinder und Jugendliche. „Die Fischwelt kann besonders Kinder dafür begeistern, wieder in die Natur zu gehen“, sagt Udo Witschas, Präsident des Anglerverbandes „Elbflorenz“ in Dresden. Er war ebenfalls bei der Eröffnung dabei.

2009 hatte der fusionierte Anglerverband Sachsen das alte Gelände in Leipzig-Engelsdorf erworben und dort zunächst eine Geschäftsstelle ausgebaut. 2014 kam die Werkshalle der Papierfabrik dazu, im selben Herbst gab der Fischbeirat des Umwelt- und Landwirtschaftsministeriums grünes Licht für das Projekt. Vorerst steht die Fischwelt allerdings nur angemeldeten Besuchergruppen offen. Ab September wird sie dann an mehreren Tagen in der Woche auch ohne Anmeldung zugänglich sein.