Merken

Abschied mit dem Steigerlied

Ex-Ministerpräsident Tillich hat am Abend die Staatskanzlei verlassen – mit Musik und einer kleinen Vorfreude.

Teilen
Folgen
© Robert Michael

Von Andrea Schawe und Annette Binninger

Dresden. Es ist ein schöner Brauch: Am Abend seines ersten Amtstages lädt der neue Ministerpräsident zum Feiern, Reden und Kennenlernen in die Staatskanzlei. Auch der bisherige Regierungschef kommt noch einmal, um sich aus dem Amt zu verabschieden.

Auch am Mittwochabend, wenige Stunden nach der Wahl von Michael Kretschmer, versammelten sich rund 500 geladene Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Kirche und Gesellschaft im Kuppelsaal der Regierungszentrale.

Stanislaw Tillich, der Sachsen neun Jahre lang regierte, hatte bereits am Nachmittag „seine“ Mitarbeiter in einer kurzen Staffelstab-Zeremonie an seinen jungen Nachfolger übergeben. Er bedankte sich in seiner Rede bei seiner Frau. „Dass die Kinder jetzt erwachsen sind, voll im Leben stehen und Erfolg haben, ist vor allem Veronikas Verdienst“, sagte er mit Tränen in den Augen. Sie habe ihm in seiner politischen Karriere seit 1990 den Rücken freigehalten.

Viele Gäste standen den ganzen Abend Schlange, um sich zu verabschieden - und seinem Nachfolger Michael Kretschmer zu gratulieren. Er bedankte sich beim Vorgänger, auch dafür, dass er für Sachsen einen „stabilen Übergang“ organisiert habe. Die Erwartungen an den Neuen sind immens. Eine wird er wohl enttäuschen. „Sachsen ist ein Land, in dem Konservative leben können, genauso wie kreative Spinner, in dem Verheiratete leben können und Unverheiratete.“ Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff hatte kurz vorher in seiner Ansprache Kretschmers langjährige Lebensgefährtin Annett Hofmann als „Frau Kretschmer“ begrüßt. „Das muss nun kommen“, sagte Haseloff scherzhaft.

Um kurz nach 22 Uhr fand der Tag seinen Abschluss mit der Verabschiedung von Stanislaw Tillich. Seine Mitarbeiter überraschten ihn vor den Türen der Staatskanzlei mit einem Bergmannschor. Der Großenhainer Schützenverein feuerte Salven zum Abschluss. Gerührt sang Tillich und seine Frau am Ende das Steigerlied mit.

Am Donnerstag beginnt für zwei Männer in Sachsen nun ein neues Leben. Michael Kretschmer wird im Dienstwagen mit Chauffeur und Bodyguards im Begleitfahrzeug in sein neues Büro in die Staatskanzlei gefahren. Und Stanislaw Tillich wird seinen langersehnten Urlaub antreten – und darf zur nächsten Landtagssitzung endlich ohne Begleitung mit der Straßenbahn in den Landtag fahren.