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Abgebrannt

Eine Ringenhainer Familie hat bei einem Feuer vor zwei Wochen fast alles verloren. Und doch hatte sie Glück.

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© Rocci Klein

Von Nicole Preuß

Ringenhain. Das Gerät ist unscheinbar und nicht besonders schön. Ein beigefarbenes Etwas, handtellergroß und doch hat der Rauchmelder Olaf Herold das Leben gerettet. Er schlug an dem schicksalhaften Freitag Mitte November gegen 8 Uhr an und weckte damit den Hausherrn, der um diese Zeit noch schlief. „Ich war krankgeschrieben, es ging mir nicht besonders gut“, sagt der Ringenhainer. Er stürzte in den Flur zum lauten Fiepen und sah dort schon den Rauch unter der Bürotür hervorquellen. Die Batterien im Rauchmelder hatte er erst zwei Tage zuvor gewechselt.

Es war nicht der Moment, um darüber nachzudenken. Das kann der Ringenhainer erst jetzt, wenn er vor den verkohlten Resten seines Hauses steht. Seine Frau Claudia war an dem Tag im Krankenhaus in Kamenz, sie hatte eine OP hinter sich und sollte sich noch erholen.

Olaf Herold stürzte ins Wohnzimmer im Erdgeschoss und wählte den Notruf, doch das Telefon war tot. „Ich brauchte ein bisschen, bis ich mich daran erinnerte, dass der Router doch im Büro oben stand“, sagt er. Von dem war vermutlich schon zu der Zeit nicht mehr viel übrig. Der Familienvater geriet in Panik, holte den Gartenschlauch und wollten so den Hund retten, der oben in seinem Körbchen im Schlafzimmer geblieben war. Monti, ein kleiner Shih Tzu, war nach den Zwillingstöchtern so etwas wie das dritte Kind der Familie. Zehn Jahre lebte er bei den Herolds und jeden Tag gingen sie mit ihm eine große Runde durch den Wald. Ein Nachbar versuchte, Olaf Herold mit dem Feuerlöscher zu helfen. Doch die beiden kamen nicht weit.

Flammen schlugen aus dem Dach

Die Feuerwehr, die die Nachbarn inzwischen gerufen hatten, ließ Olaf Herold nicht mehr zurück ins Haus. Zum Glück. „Ich wäre sonst vermutlich genauso eingeschlafen wie unser Hund“, sagt der Ringenhainer. „Dann würde ich jetzt ganz allein dastehen“, sagt seine Frau leise.

Olaf Herold wurde ins Krankenhaus nach Bischofswerda gebracht und die Feuerwehrleute kämpften gegen die Flammen, die schon aus dem Dach schlugen. Ein Feuerwehrmann musste wegen des Verdachts auf Rauchgasvergiftung ebenfalls in die Klinik. Die B 98 wurde gesperrt, weil die Feuerwehrleute schlecht an das Haus an der schmalen Webergasse herankamen. 45 Kameraden waren im Einsatz.

Olaf Herold rief aus dem Krankenhaus seine Frau in Kamenz an. „Sie hat auch sofort nach Monti gefragt, doch damals wusste ich noch nichts“, sagt der 51-Jährige. Die erwachsenen Zwillingstöchter der Herolds brachten dem Vater Kleidung ins Krankenhaus. Er hatte schließlich nicht mehr als seinen kurzen Schlafanzug. Sie kümmerten sich um das Nötigste. Krankenkarte, Ausweis, Führerschein, EC-Karte, alles war weg. Olaf Herold war froh, dass er am nächsten Tag von einem Bankmitarbeiter erkannt wurde und so überhaupt Geld von seinem Konto abheben konnte.

Den Hund fanden die Feuerwehrleute tot im Schlafzimmer. Er war äußerlich unversehrt. Die Familie beerdigte das Tier auf dem Grundstück neben den verkohlten Resten des Hauses. Sie war jetzt obdachlos, hatte nicht viel mehr als ihre Kleidung am Körper und das Auto, das gerade in dieser Nacht in der Werkstatt geblieben war. Sie hätten allen Grund zum Trauern gehabt, doch die Reaktionen aus Ringenhain und der Region machten ihnen wieder Mut. Der Bürgermeister von Steinigtwolmsdorf bot ihnen einen Ferienwohnung an, der Bürgermeister von Wilthen, wo eine Tochter wohnt, stellte eine möblierte Notwohnung zur Verfügung. Dorthin zogen die Herolds nach drei Tagen bei der Tochter. Die Gemeinde richtete ein Spendenkonto ein, die Kirchgemeinde sammelte Geld und in der Drogerie Riedel in Steinigtwolmsdorf wurden Spendenboxen aufgestellt. Die Fernsehgemeinschaft Wilthen half unkompliziert und auch ein Radiosender schob eine Spendenaktion an. Zudem unterstützten die Arbeitgeber das Ehepaar. „Wir wollen für alles ganz, ganz herzlich Danke sagen“, sagt Claudia Herold. Die Feuerwehr, Nachbarn, Freunde und die Familie schließen sie in den Dank unbedingt mit ein.

Haus muss abgerissen werden

Claudia Herold ist Intensivschwester beim Pflegedienst Nicole Tobias in Freital, Olaf Herold arbeitet als Arbeitsvermittler bei der BAO GmbH. „Ich hab mich schon wieder auf meine Arbeit gefreut“, sagt Olaf Herold. Doch jetzt ist er vermutlich noch länger krankgeschrieben, um einiges zu klären. Die Herolds müssen das Haus, das das Elternhaus von Claudia Herold ist, abreißen, doch sie wollen neu an der Stelle bauen. Das wird auch von der Versicherung abhängen und der Brandursache. Momentan wird ein technischer Defekt vermutet.

Der Kredit, den sie in den 90er-Jahren für die Sanierung des Hauses aufgenommen haben, ist noch nicht abbezahlt. Die Miete für die neue Wohnung kommt dazu. Die Herolds müssen sich mit Stromlieferanten, Wasserversorgern und anderen beschäftigen und sind Tag für Tag auf der Baustelle, um Gutachtern das Haus zu zeigen oder noch ein paar Sachen zu retten. Alles, was sie aus dem Haus holen, stinkt noch immer beißend nach Qualm. Die Herolds sind noch lange nicht auf dem Weg zur Normalität, aber froh, dass sie ab und zu abgelenkt werden. „Unsere beiden Enkel geben uns viel Kraft“, sagt Claudia Herold. Und der Welpe, den ihnen ihre Töchter geschenkt haben. Er hört auf den Namen Bruno und ist ebenfalls ein Shih Tzu.