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40 Millionen Euro für Sachsens Visitenkarte

Die Imagekampagne des Freistaats steht am Scheideweg: Nachgedacht wird über neue Konzepte und neue Macher.

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© Symbolfoto: dpa

Von Gunnar Saft

Es sollte der große Wurf werden – und zumindest in einem Punkt ist das auch gelungen. Nimmt man die Haushaltsmittel hinzu, die der Freistaat dieses und nächstes Jahr für seine Imagekampagne ausgeben will, ist mittlerweile die 40-Millionen-Euro-Marke geknackt. So viel Geld lässt man es sich kosten, Sachsens Ruf aufzupolieren und das Bundesland national und international bekannter zu machen. Alles unter einem Motto: „So geht sächsisch.“

Ein Projekt mit vielen Hürden, bei dem schon der Start gründlich schiefging. Ein wirres Werbevideo, das einen früheren Regierungssprecher dabei zeigt, wie er dank digitaler Technik eine überdimensionierte Weltkugel in der Hand hält und danach über das Wasser der Elbe läuft, sorgte für Wellen des Spotts. Der dreiminütige Clip wurde vom Freistaat klammheimlich von Internetportalen wie Youtube wieder gelöscht. Inzwischen – und das ist eine gute Nachricht – läuft die teure Sachsen-Werbung professionell, und Teile von ihr sind sogar preisgekrönt. Dafür sorgten zuletzt junge Tänzer und Videokünstler, mit ihren genau so aufwendigen wie sehenswerten Filmen über Landschaft und Leute.

Nicht verstummt sind dagegen bis heute die kritischen Stimmen, die sich fragen, ob tatsächlich alle Millionen aus dem prallen Werbetopf sinnvoll eingesetzt werden. Wer weiß, wofür zuletzt Geld floss, kann das nachvollziehen. Neben den üblichen Medienanzeigen und öffentlichen Werbeaktionen wurden einzelne Texter und Fotografen aufwendig und teuer für das Projekt „So geht sächsisch“ bestellt. Catering-Firmen, Bloggertreffen, Kunstverlage und Mode-Events profitierten genau so von den Dresdner Auftraggebern wie Videoworkshops und Investorenkonferenzen.

Die lukrativen Werbepartnerschaften kamen zudem etlichen Sportclubs zugute sowie dem heimischen Sachsenring. Allein diese traditionsreiche sächsische Rennstrecke kassierte bisher über drei Millionen Euro dafür, dass sie in Sachsen für Sachsen wirbt – die Vorwürfe einer indirekten staatlichen Subvention gab es umsonst dazu. Einer der vielen Kritiker dieses Deals, der Landtagsabgeordnete Falk Neubert (Linke), nennt die Summen für den Sachsenring immer noch „unverhältnismäßig und viel zu hoch“. Die Staatsregierung sah das lange Zeit anders. Nichtsdestotrotz zahlt sie 2017 erstmals kein Geld an die Rennstrecke.

„Fehlende Kontrolle ist ein Problem“

Oppositionspolitiker Neubert ist dennoch nicht zufrieden, wie es derzeit um die Kampagne und deren Kosten bestellt ist. „Das Projekt ist nach wie vor keiner Kontrolle unterworfen“, rügt er. Weder gebe es einen Beirat, der die einzelnen Werbekonzepte kritisch prüft, noch seien die direkten Entscheider – eine Handvoll von Mitarbeitern der sächsischen Regierungszentrale – rechenschaftspflichtig über ihre einsamen Entscheidungen. „Das ist ein Problem!“ Zumal eine seiner regelmäßigen parlamentarischen Anfragen zur Kampagne jetzt ergeben habe, wie aufwendig inzwischen vorgegangen wird. „Nicht nur die engagierte Werbeagentur erhält jeden Monat über 60 000 Euro, längst gibt es noch unglaublich viele andere Agenturen, die beauftragt werden. Ich bin konsterniert.“ Die Staatskanzlei widerspricht. Es sei ein durchaus übliches Verfahren in der Branche, dass der Auftragnehmer weitere Dienstleister engagiere. Daran werde man nichts ändern.

Ohne leichte Korrekturen bei der eigenen Imagekampagne, die sich laut Staatskanzlei zuletzt auf das Verbreiten von authentischen sächsischen Erfolgsgeschichten – neudeutsch „Storytelling“ – konzentrierte, geht es aber offenbar auch nicht. Nach vierjähriger Vertragslaufzeit gibt es zurzeit eine neue Ausschreibungsrunde. Gesucht wird nun jene Agentur, die für die kommenden Jahre das Projekt übernimmt.

Ob der bisherige Partner mit im Bewerberkreis ist, mag man nicht sagen. „Es ist ein völlig offenes Verfahren“, betont Regierungssprecher Christian Hoose. In einigen Wochen könnte es abgeschlossen sein. Das Interesse am freistaatlichen Etat ist in der Branche jedenfalls groß. Zuletzt hatten bundesweit gleich 18 Agenturen mit völlig unterschiedlichen Konzepten um den Millionenzuschlag aus Sachsen gerangelt.