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Zwischenfall im Wellenspiel

Ein Meißner soll einen elfjährigen Jungen in der Dusche angegriffen haben. Er stellt das ganz anders dar.

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© Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Meißen. Es soll ein ausgelassener Kindergeburtstag werden, den mehrere Jungen im Meißner Wellenspiel an einem Apriltag dieses Jahres veranstalten. In der Dusche toben sie herum, spielen mit Badelatschen Fußball. Dann trifft ein Schuh einen Badegast, der gerade von der Dusche in die Schwimmhalle gehen will. Der 55-jährige Weinböhlaer soll daraufhin einen der Jungen am Hals gegriffen und gegen eine Duschecke gedrückt haben. Der Vater des Jungen zeigte den Mann an. Wegen Körperverletzung sitzt er nun vor dem Meißner Amtsgericht.

Der Angeklagte sieht die Sache ganz anders. In der Anklage sei die ganze Vorgeschichte nicht berücksichtigt. Auch habe er den Jungen nicht am Hals gepackt, sondern am Kinn angefasst. Vom Herumtoben der Jungen will er nichts wissen. „Das war ein gezielter Wurf, eine Provokation“, sagt er. Nachdem er den Schuh in den Rücken bekam, sei er zu den drei Jungen hingegangen. Einer habe sofort auf einen anderen gezeigt und gesagt: „Der war´s.“ Er habe den Jungen gegen die Wand geschoben, damit er nicht stiften gehen könne, so der Angeklagte. Wenn das noch mal vorkommen sollte, werde er ihm die Ohren langziehen, habe er noch gesagt. Danach sei er zum Schwimmen gegangen. „Damit hatte sich die Sache für mich erledigt“, sagt er.

Vernehmung im Bad

Hat sie sich aber nicht. Kurz darauf kommt der Bademeister zu ihm, sagt, der Vater des Jungen habe Gesprächsbedarf. Doch der Angeklagte hat keinen. Wenn der Vater etwas von ihm wolle, solle er gefälligst zu ihm kommen und nicht umgekehrt. Doch schließlich kommt nicht der Vater des Jungen, sondern die Polizei, die zwischenzeitlich verständigt wurde. Die vernimmt den Mann noch im Wellenspiel.

Nach Verlassen des Schwimmbades habe ihn der Vater des Jungen auf dem Parkplatz abgepasst, ihn mit dem Auto verfolgt und verbal bedroht. Wenn er ihn im Bad erwische, werde er ihn unter Wasser drücken, soll er gedroht haben.

Richter Michael Falk möchte es möglichst vermeiden, den Elfjährigen als Zeugen zu vernehmen. Bei der Polizei hatte der Junge ausgesagt, dass man aus Jux mit Schuhen hin- und hergeworfen habe. Doch der Angeklagte bleibt dabei. „Das war kein Jux, deshalb war ich geladen.“

Für den Richter ist die entscheidende Frage, ob es eine „Notwehr“ war. Und kommt zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall war. Selbst wenn der Junge angefangen hätte, sei er nicht strafmündig. „Es ist die Frage, ob man als erwachsener Mensch in einer solchen Situation so reagieren muss“, sagt der Richter. In jedem Falle sei es ratsam, Kinder nicht anzufassen, schreibt er dem Angeklagten ins Stammbuch.

Gericht sieht geringe Schuld

Dennoch sieht das Gericht bei dem Angeklagten nur eine geringe Schuld. Deshalb stellt der Richter das Verfahren gegen eine Geldauflage von 150 Euro vorläufig ein. Dennoch ist das viel Geld für den Mann, der von Arbeitslosengeld II lebt und seine Eltern pflegt. Weil er damit praktisch rund um die Uhr beschäftigt ist, scheiden auch gemeinnützige Arbeitsstunden statt einer Geldauflage aus.

Die Gerichtsentscheidung dürfte nicht nur dem Angeklagten eine Warnung sein, künftig anders zu reagieren, sondern vor allem auch dem Jungen helfen. Der hatte nämlich seit dem Vorfall Angst, ins Wellenspiel zu gehen.