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Zwischen Wildnis und Dorfidyll

Das 12. Heidefest zeigt, dass das Interesse an der Königsbrücker Heide ungebrochen ist.

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© K. Kroemke

Von Kristina Kroemke

Lüttichau. Da staunt mancher Gast im beschaulichen Dörfchen Lüttichau. Der Besucherandrang ist enorm. Die Bustouren durch die Königsbrücker Heide sind früh ausgebucht. Nur die Kremserfahrten zum Zochauer Heideturm sind noch zu haben. Ab Mittag werden die Parkplätze knapp.

Bereits zum zweiten Mal nach 2013 ist der Thiendorfer Ortsteil Gastgeber des Traditionsfestes, welches jährlich durch die Naturschutzgebietsverwaltung Königsbrücker Heide und den Dresdner Heidebogen e.V. organisiert wird. „Wir rotieren mit den Veranstaltungsorten rund um das Naturschutzgebiet. Im vergangenen Jahr waren wir in Schmorkau und 2018 werden wir in Cosel sein“, erklärt Cornelia Schlegel. Die Diplom-Geografin ist in der Naturschutzgebietsverwaltung für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. In dieser Funktion laufen bei ihr alle Fäden rund um das Heidefest zusammen. Sie ist es auch, die den Charakter des Festes entscheidend geprägt hat.

„Wir veranstalten nun das 12. Heidefest“, freut sie sich. „Nun können wir schon von Traditionen sprechen.“ Über die Jahre habe es sich bewährt, das Heidefest terminlich an die Dorffeste der Gastgebergemeinden anzuschließen. „So schauen wir rechtzeitig, wann in der Gemeinde Feste geplant sind und treten mit den Organisatoren in Kontakt“, erläutert Cornelia Schlegel. „So können wir uns gegenseitig unterstützen, besonders, was die Wahl des Datums, des Festplatzes sowie der Ausstattung und der Logistik angeht.“ So hat es auch in Lüttichau gut geklappt, das Heidefest mit dem Dorffest des kleinen Ortes zu verbinden.

Lüttichau gehört zur Gemeinde Thiendorf. Gerade mal 77 Einwohner zählt das Dorf, davon aber immerhin 22 Kinder. Es hat sich deutlich verjüngt und gilt auch als baukulturell besonders wertvoll, da es noch die klassische Form eines Angerdorfes zeigt. Große Gehöfte versammeln sich um den begrünten Dorfanger.

Exponiert ist die direkte Lage am Naturschutzgebiet Königsbrücker Heide. Von den Entsiedelungen 1907 und 1938, im Zuge der Errichtung des Truppenübungsplatzes Königsbrück und dessen Erweiterung, blieb Lüttichau verschont und ist dennoch Spiegelbild der verschwundenen Heidedörfer. Bürgermeister Dirk Mocker weiß um diesen besonderen Wert und sagt: „Es wäre toll, wenn es uns gelingt, die Vorzüge des Dorflebens auch Ansiedlungswilligen schmackhaft zu machen.“ Der Erhalt der typischen Angerdorfstruktur liegt ihm am Herzen. Er weiß aber auch, dass die großen Gehöfte einen hohen Investitionsaufwand bedeuten. „Wir suchen junge Menschen, die das Dorfleben lieben, mobil sind und etwas für ländliche Baukultur übrig haben“, wirbt Mocker. „Infrastrukturell haben wir bereits aufgerüstet und erschließen auch Lüttichau bis Mitte 2018 mit schnellem Internet.“ Außerdem habe die Gemeinde Thiendorf mit der Teichlandschaft und dem Wildnisgebiet Königsbrücker Heide zwei interessante Naturräume, die für Gäste aus dem Umland interessant sind. Das gut ausgebaute Wegenetz, die abwechslungsreiche Landschaft und die ländliche Idylle sind weitere Pfunde, mit denen die Gemeinde wuchern kann. Mit der Naturschutzgebietsverwaltung Königsbrücker Heide hat sie einen starken Partner an der Seite und mit dem Zochauer Heidepfad und dem Heidefest erste Angebote.

Cornelia Schlegel ist es wichtig, die Entwicklungsziele des Wildnisgebietes Anrainern und Besuchern nahe bringen. Die besondere Betonung liegt hierbei auf „Wildnisgebiet“. Denn laut dem Landesentwicklungsplan des Freistaates Sachsen entwickelt sich auf 50 km² der Naturentwicklungszone ein Wildnisgebiet der Kategorie Ib IUCN (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources). Diese Kategorie erhalten Gebiete, die ihren naturgemachten Charakter bewahrt haben. Die Königsbrücker Heide ist also eines der wenigen echten Wildnisgebiete Deutschlands. Da es in der Bundesrepublik kaum noch unberührte Natur gibt, ist deren Schutz von besonderer Bedeutung.

Mit den Besucherpfaden und Aussichtstürmen, dem Besucherzentrum und dem Heidefest eben gelingt der Spagat zwischen Naturschutz und Tourismus. Die Mitarbeiter am Informationsstand der NSG-Verwaltung haben alle Hände voll zu tun, die vielen Fragen der Gäste zu beantworten und Informationsmaterial auszuteilen. Die „Jungen Ranger“ Micha, Steve und Joana informieren, unterstützt durch Naturführerin Karina Klotsche, zu den verschiedenen Biotopen des Naturschutzgebietes. An Informations- und Wissensständen, die durch die Mitarbeiter der Schutzgebietsverwaltung betreut werden, ist viel los. Eine Herzensangelegenheit von Cornelia Schlegel ist es, dörfliche Traditionen, altes Handwerk und regional erzeugte Produkte ins rechte Licht zu rücken. So beginnt das Heidefest traditionell mit einem Gottesdienst. Olaf Herzog hat seinen Landmarke-Stand aufgebaut, an dem er frische Bio-Kost aus der Region anbietet. Und auch Imker Jürgen Platz ist gekommen, dessen Vorfahren in Naundorf ansässig waren. Er erzählt leidenschaftlich von der Honigproduktion und lässt die Gäste reichlich Honig probieren. Honig aus der Königsbrücker Heide ist natürlich auch dabei.

Sensendengeln und Wollespinnen werden gezeigt. Der Spargelhof Ponickau und das Hofgut Kaltenbach sorgen als regionale Produzenten für das leibliche Wohl. André Noack vom Hofgut Kaltenbach hat etwas Besonderes für die Heidefest-Gäste dabei. Sein Perlhuhn hat an diesem Sonntag Mittag das Zeug zum Verkaufsschlager. Zur Mittagszeit zieht sich die Warteschlange vor seinem Imbissstand einmal quer über den Festplatz.

Bürgermeister Dirk Mocker und Cornelia Schlegel freuen sich über die vielen Gäste. Bestes Wetter und die gemütliche Dorfidylle tun ihr Übriges, um das Landleben in vollen Zügen genießen zu können. Gute Aussichten für das Heidefest 2018 in Cosel.