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Wahrheit, Lüge und alter Krempel

Eine Ausstellung in den Landesbühnen weckt mit Fotos und Installationen Erinnerungen an das Holzlabyrinth vom Herbst- und Weinfest.

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© Norbert Millauer

Von Nina Schirmer

Radebeul. Flammen schlagen aus den Landesbühnen mitten an der Straße. Das Leuchten des Feuers erfüllt den Abendhimmel mit einem schaurigen Schein. Der Anblick ist bedrohlich und doch schön zugleich. Das Feuer nicht echt, nur eine Illusion. An die Wand projiziert ist es auch eine Erinnerung. Denn dieser Brand ist in der ganzen Stadt bekannt. Nicht als Schreckensszenario oder großes Unglück. Das brennende Labyrinth auf den Elbwiesen wird vom Publikum geliebt.

Im Glashaus des Theaters erinnern jetzt große Fotos an das Spektakel. Daneben wird eine Installation quasi zum „Fast-Labyrinth“. Ein Lampenschirm hängt über verbogenen Löffeln und Gabeln. Eine Teekanne, ein Holzgewehr, ein Schaukelpferdkopf, ein Teppichklopfer. Nichts passt hier zusammen und trotzdem verschmilzt alles zu einem großen Ganzen. Die Frage nach dem Warum macht keinen Sinn. Erst der Betrachter macht die Installation zur Kunst. Seiner Fantasie ist überlassen, was er aus den Stücken herausliest.

Fantastisch ist auch, was Richard von Gigantikow jedes Jahr zum Herbst- und Weinfest auf der Elbwiese entstehen lässt. Hinter dem Pseudonym steckt Objektkünstler Reinhard Zabka. Seit 2000 gestaltet er mit seinem Labyrinth aus Europaletten und Sperrholz einen Anziehungspunkt, der Tausende Besucher begeistert. Ein Skulpturenmeer, ein Museum ohne Dach, ein Irrgarten.

Das begehbare Labyrinth entsteht in einem Tätigkeitsrausch. Die Künstler um Zabka fangen einfach an zu bauen. Fünf bis sechs Container voll Holz werden sortiert, mit Erdbohrern Löcher gesetzt. Stämme müssen aufgerichtet werden und dann wird genagelt, genagelt und wieder genagelt. „Die Zeit scheint sich aufzulösen, sie lassen ihr Labyrinth fliegen, frech, bilderstürmerisch und frei“, heißt es im Ausstellungskatalog. Am Ende geht alles in Flammen auf. Feurig-fröhlich lösen sich alle Mühen auf beim Finale Grande. Der Ideenreichtum aber verschwindet nicht. „Es gibt noch viele Herausforderungen“, sagt Zabka bei der Ausstellungseröffnung. Die Lust, auch in den kommenden Jahren Fantastisches zu schaffen, ist noch immer da.

Und in den Landesbühnen? Da können die Besucher jetzt für drei Monate in Erinnerungen schwelgen. Schon im Eingangsbereich hängen die Fotos. Von Anfang an hält Hoffotograf André Wirsig die Einzigartigkeit des Ereignisses mit der Kamera fest. Der flüchtige Blick auf die Bilder lässt viele Assoziationen zu. Wie die Skyline einer Großstadt wirkt das Holzlabyrinth auf dem einen Foto. Auf dem nächsten erinnert es an ein buntes Jahrmarktreiben.

Die Idee, das Labyrinth in den Landesbühnen für kurze Zeit aufleben zu lassen, kam bei der diesjährigen Kunstpreisverleihung. Zabka erhielt die Auszeichnung für sein Wirken. Seit 2012 betreibt er das Lügenmuseum im alten Gasthof Serkowitz. Von dort stammen auch die Teile, die jetzt im Glashaus des Theaters stehen. Ob ihm die Auswahl aus dem riesigen Sammelsurium schwergefallen ist? „Ach, ein bisschen dies und das“, sagt er Künstler. Wichtig seien ihm die verschiedenen Ansprecharten an die Betrachter. Die Installation sollte nicht wie ein Bühnenbild aussehen, wo sie sich doch im Theater befindet. Ansonsten habe er eben verschiedenen Krempel zusammengesucht.