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Zwischen Mehl und Milch …

Seit September läuft die Stollenproduktion bei der Landbäckerei Schmidt auf Hochtouren. Die SZ durfte mal reinschauen.

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© Daniel Schäfer

Von Katharina Klemm

Königstein. Zack, schon haben die Bäcker den nächsten Teigball in den Händen. Flott drehen und wenden sie die Teigstücke, kneten sie noch ein paar Mal kräftig durch und bringen sie in eine längliche Form. Anschließend landen die Laibe aus hellem Teig auf Blechen. Zugegeben, jetzt sehen sie noch nicht aus wie Stollen. Nur die dicken Rosinenpünktchen deuten auf das weihnachtliche Gebäck hin. Seine breite Form nimmt der Stollen erst beim Backen an. Das klassische Aussehen, wenn ihm sein Zuckermäntelchen umgelegt wird. Für all das darf sich der Stollen der Landbäckerei Schmidt in Leupoldishain drei Tage Zeit nehmen. Und er geht währenddessen durch zahlreiche Hände.

Blick in die Backstube

Der hefige Anfang Zuerst wird das sogenannte Hefestück aus Mehl, Milch und Hefe hergestellt. Das muss etwas ruhen, damit die Hefe anspringt.
Der hefige Anfang Zuerst wird das sogenannte Hefestück aus Mehl, Milch und Hefe hergestellt. Das muss etwas ruhen, damit die Hefe anspringt.
Es wird fettig Dann werden Zucker und Butter verknetet, bevor sie zum Hefestück kommen. Zuletzt folgen Orangeat, Zitronat und Rosinen.
Es wird fettig Dann werden Zucker und Butter verknetet, bevor sie zum Hefestück kommen. Zuletzt folgen Orangeat, Zitronat und Rosinen.
Knetkunst Den Teig zu kneten, verlangt Können, auch wenn es einfach aussieht. Denn er reißt schnell. Geknetet wird wie beim Weißbrot.
Knetkunst Den Teig zu kneten, verlangt Können, auch wenn es einfach aussieht. Denn er reißt schnell. Geknetet wird wie beim Weißbrot.
Ab in den Ofen Die Bleche stehen auf Schamottstein. Der gibt die Hitze ganz langsam an den Stollen ab. Das ist wichtig für die Teigentwicklung.
Ab in den Ofen Die Bleche stehen auf Schamottstein. Der gibt die Hitze ganz langsam an den Stollen ab. Das ist wichtig für die Teigentwicklung.
Rein ins Butterbad Nach dem Butterbad am zweiten Tag erhält der Stollen die erste Zuckerschicht. Der Zucker hält die Feuchtigkeit im Gebäck.
Rein ins Butterbad Nach dem Butterbad am zweiten Tag erhält der Stollen die erste Zuckerschicht. Der Zucker hält die Feuchtigkeit im Gebäck.
Weiß bepudert Bevor der Stollen verpackt wird, kommt die finale Puderzuckerschicht drauf. Aber es gibt auch Stollen ohne Zuckermantel.
Weiß bepudert Bevor der Stollen verpackt wird, kommt die finale Puderzuckerschicht drauf. Aber es gibt auch Stollen ohne Zuckermantel.

Darauf legt Familie Arko, die Inhaber der Landbäckerei, großen Wert. Zwar ist der Betrieb in einer riesigen Produktionshalle mit modernster Technik untergebracht. Doch die Aufarbeitung des Teigs und die Veredelung nach dem Backen geschehen durchweg händisch. Und darauf ist John Albrecht Arko, Bäckermeister und die nächste Generation der Familie, sichtlich stolz. „Soviel Handarbeit ist in der Größenordnung, in der wir produzieren, nicht üblich“, sagt er.

Mit dem Stollenbacken wird in Leupoldishain schon im September angefangen. Jeden Tag um etwa 6.30 Uhr legen die Bäcker los. Und das bis etwa eine Woche vor Weihnachten. Im letzten Jahr wurden etwa 80 Tonnen Stollen gebacken, sagt Arko und hofft, dass es dieses Jahr noch mehr wird.

Die Zutaten werden in großen Behältern abgewogen und von großen Knetmaschinen miteinander vermengt. So können 160 Kilogramm Stollenteig auf einmal hergestellt werden. Aus der Maschine dringt der Duft von Hefeteig, Zitronat und Orangeat. Weihnachten ist plötzlich ganz nah.

Der große Klumpen wandert von oben in die trichterförmige Öffnung des Teigportionierers. Unter Mühen zieht die Maschine den dicken Teig Stück für Stück ein. Einer der Bäcker beugt sich über die Öffnung und hilft sogar noch mit seiner Hand nach. Unten spuckt die Maschine kleine Quader aus. Jedes dieser Stücke muss dann noch einmal auf einer Waage Platz nehmen. Die Kontrolle ist wichtig. Schließlich sollen alle Stollen gleich schwer sein. Ein Blick auf die Anzeige: 959 Gramm.

Scheint zu passen, denn schon wird der Teig an die sechs knetenden Kollegen weitergereicht. „Das ist für einen Zwei-Pfund-Stollen sehr gut“, erklärt John Albrecht Arko. „Schließlich kommen ja noch Butter und Zucker drauf.“ Und das wiegt noch einmal etwa 50 Gramm.

Familie Arko muss sich sogar schon im Sommer mit Weihnachten beschäftigen. Die Zutaten müssen ausgewählt und vorbestellt werden. Dieses Jahr haben sie sich beispielsweise für australische Rosinen entschieden. „Die sind super saftig“, so Arko. „Das ist sehr gut für die Haltbarkeit des Stollens.“ Beim Mehl allerdings setzt die Bäckerei auf Regionalität und lässt sich von der Dresdener Mühle beliefern.

Auf Blechen in fahrbaren Regalen gart der in Form gebrachte Stollenteig nun eine Viertel- bis eine halbe Stunde bei Raumtemperatur. Wie lange, das sei Fingerspitzengefühl, sagt Meister Arko. „Das hängt davon ab, wie der Teig sich anfühlt, ein Bäcker spürt das einfach.“ Bevor die Stollen dann endlich in die Wärme des Ofens dürfen, muss jeder von ihnen eingeschnitten werden. „Der Schnitt ermöglicht es den Gärgasen, zu entweichen“, erklärt Arko. Sonst würde der Stollen unkontrolliert aufreißen. Ob er eigentlich selbst noch gern Stollen isst? „Natürlich! Man liebt ja das, was man tut.“ Und am liebsten ist ihm der Mohnstollen. Den backe man seit Urgroßvaters Zeiten unverändert.

Der Ofen steht in der Mitte der Halle, dominiert sie mit seiner Größe. 60 Tonnen wiegt das Monstrum, das extra für die Landbäckerei Schmidt angefertigt wurde. Auf zwölf Etagen kann hier gleichzeitig gebacken werden. Um auch an die obersten Etagen zu gelangen, können die einzelnen Herdplatten wie mit einem Gabelstapler nach unten befördert werden. Etwa eine Stunde verbringen die Stollen nun bei etwa 180 Grad im Ofen.

Mit viel Gefühl

Dann Sichtkontrolle. Hier kommt wieder das Gefühl ins Spiel. Wie lange noch? Muss die Temperatur geändert werden? Schön hellbraun sieht der Stollen aus. Ein Laie würde sagen: fertig. Aber nein, der Bäcker entscheidet anders. Noch mal kurz rein, nur für drei bis fünf Minuten. „Es ist eine Gratwanderung zwischen nicht zu dunkel, aber durchgebacken.“ Einen Tipp für zu Hause hat Arko auch noch. „Ein ruhendes Backraumklima ist wichtig.“ Heißt: Ober- und Unterhitze, keine Umluft.

Gleich nach dem Backen wird der Stollen das erste Mal gebuttert. Mit kräftigen Strichen bringt ein Mitarbeiter mit einer Bürste, die ein bisschen an einen Handfeger erinnert, die flüssige Fettigkeit auf. Dann hat der Stollen Pause.

Am nächsten Tag geht es ausgekühlt weiter. Auf einem Rost liegend nimmt der Stollen kopfüber ein Butterbad, um anschließend von der nächsten Mitarbeiterin fachmännisch mit Zucker überhäuft zu werden.

Wieder warten bis zum nächsten Tag. Dann geht’s ans Pudern. Liebevoll nehmen zwei Mitarbeiterinnen jeden Stollen einzeln in die Hand und zaubern mit dem mit Puderzucker gefüllten Sieb eine weiße Winterlandschaft auf das Gebäck. Damit auch wirklich jeder Millimeter bedeckt ist, wird großflächig gearbeitet. Auch die Arme der beiden Damen sind jetzt ordentlich mit Zucker eingestiebt. Der Bäckermeister erklärt, dass es für diese Arbeit auch Maschinen gebe. Die aber würden den Rand nicht bepudern.

In einem letzten Schritt wird dann jeder Stollen noch von Hand in Zellophanpapier eingeschlagen und mit einem Etikett versehen. Ist es ein Rosinenstollen, wandert der dann noch für etwa drei bis vier Wochen ins Stollenlager in die alte Produktion der Bäckerei nach Cunnersdorf bei Gohrisch – zum Durchziehen. Die anderen Sorten, Mandel und Mohn, gehen direkt in den Verkauf. Wenn Kunden das möchten, bäckt die Landbäckerei aber auch ganz spezielle Stollen. Gerade wandern drei Stück mit Ingwer in den Ofen. So werden schon vor Weihnachten Wünsche erfüllt. Und die Vorfreude wird immer größer.