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Zwischen Abriss und Sanierung

Für manchen Pulsnitzer passiert auf dem Ex-Ferroli-Gelände zu wenig. Investor Wieland Bauer wirbt um etwas Geduld.

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© Matthias Schumann

Von Reiner Hanke

Pulsnitz. Hinter der grauen Blechtür wartet eine Überraschung. Die Tür führt rechts vom Tor des ehemaligen Pulsnitzer FerroliWerks in die zu DDR-Zeiten errichtete Produktionshalle. Da ist aber keine Halle mehr in dem Sinne. Das Gerümpel ist längst verschwunden, der Eingang verglast. Der Blick fällt auf die historische Ansicht der früheren Eisengießerei Mattick auf dem Gelände und auf zwei schmiedeeiserne Gründerzeit-Säulen. Dazwischen geht es ins Hochregallager. Rechts und links sind moderne Büros ausgebaut. Im Lager hat der Investor neue Decken eingezogen, der Heizungsbau läuft gerade. Die Firma IMT Dresden GmbH hat hier ihren Sitz. Sie kaufte vor knapp zwei Jahren das Werksgelände von dem italienischen Heizgerätehersteller Ferroli. Der zog sich komplett aus Pulsnitz zurück. Nach einer Umstrukturierung gehe es der italienischen Firma wieder besser, schätzt Wieland Bauer ein. Er ist der Geschäftsführer von IMT. Die Firma vertreibt nach wie vor Ersatzteile für Ferroli-Geräte, aber auch für andere Unternehmen. Außerdem liefert die Firma Ferroli-Gasthermen in den gesamten deutschsprachigen Raum. Etwa zehn Mitarbeiter hat die Firma IMT.

Viele Pulsnitzer waren früher beruflich mit dem Standort verbunden. Als Beschäftigte bei Ferroli oder zuvor im DDR-Kombinat. Sie interessiert, was sich auf dem traditionsreichen Industriegelände tut. So manchem ist es nicht genug. Das sorgt für Kritik und Gesprächsstoff in der Stadt. Denn gerade die baufälligen Gebäude stadteinwärts sind keine Werbung für Pulsnitz, prägen aber immer noch das Bild auf einem Teil des Geländes. Auch zum Ärger der Stadt. Die hatte vor zwei Jahren bereits Fördermittel für Ankauf und Abbruch des Geländes besorgt. Ferroli verkaufte aber an die IMT. Für Pulsnitz sei es ärgerlich, das Areal nicht entwickeln zu können, schätzte Barbara Lüke ein. Mancher Passant sorgt sich vor den Gefahren der bröckelnden Fassade.

Wieland Bauer entgegnet: „Wir sind ein junges Unternehmen, gerade knapp zwei Jahre hier am Wirken.“ Er denke schon, dass in der Zeit viel passiert ist, gemeinsam mit Partnern. Die Logistikfirma Locs in den neueren Hallen Richtung Walkmühlenbad wachse. Das Verwaltungsgebäude habe die Firma Richter Bauelemente übernommen. Das Medizintechnik-Unternehmen Meditech habe ein weiteres Gebäude daneben gemietet. Für das Areal ums Heizhaus sei Bauer noch in der Findungsphase, sagt er vorsichtig. Er selbst habe die frühere Werkshalle für seine Firma IMT ausgebaut, so Bauer. Und mittlerweile einen sechsstelligen Betrag investiert: „Wir geben aber nur das aus, was wir auch erwirtschaften. Dieses Jahr werde die Fensterfront zur Straße saniert. Er wolle die Industrieoptik erhalten. Neuer Putz komme ans Gebäude. Innen soll die historischen Fensterfront mit Aluminium und Glas verkleidet werden: „Ein Neubau wäre sicher einfacher.“ Wieland Bauer wolle aber auch ein Stück Industriekultur erhalten und für die Firma im Einklang mit dem Bestand sanieren. Das brauche Zeit. Die Vorgänger seien schließlich aus den verschiedensten wirtschaftlichen Gründen nicht gerade gut damit umgegangen. Auf dem Dach der Locs-Hallen ist inzwischen eine Solaranlage entstanden. Eine weitere kleinere soll noch in diesem Jahr auf dem IMT-Gebäude entstehen für die Eigenversorgung. Zuvor muss das Dach in Ordnung gebracht werden.

Beobachter fragen sich unterdessen, wie es mit den Industrieruinen weitergeht und auch: was es mit den Feuerwehrfahrzeugen unterschiedlichster Baujahre, mit den Lastern und Krankenwagen auf sich hat, die überall auf dem Ex-Ferroli-Gelände zu sehen sind. Es hat miteinander zu tun. Der Bereich mit den Gebäuden der früheren Eisengießerei Mattick sei in den Besitz des Geschäftspartners David Schierack übergegangen. Der Pulsnitzer betreibt einen Nutzfahrzeughandel. Die Firma habe sogar schon Feuerwehrfahrzeuge bis Argentinien geliefert. Der Geschäftspartner habe schon viel aufgeräumt, erklärt Wieland Bauer. Von der Straße aus sei das nicht so erkennbar, sagt David Schierack. Sei aber unheimlich viel Arbeit gewesen. An die 200 Kubikmeter Müll seien von seinem kleinen Team, einer Handvoll Leute, beräumt worden. Müll, der 20 Jahre lang von den Leuten hier abgelagert wurde. Auch er wolle Gebäude erhalten. Die beiden vorderen links vom Eingang. Die werde er in den nächsten ein bis zwei Jahren für seine Firma ausbauen, verspricht David Schierack. Und die Fassade zur Straße aufmöbeln. Dafür seien die Planungen fortgeschritten. Nächster Schritt sei der Bauantrag bei der Stadt.

Der Rest der Altsubstanz werde abgerissen. Auf der Freifläche sollen künftig die ganzen Fahrzeuge stehen: „Es werden immer mehr, wir brauchen Platz.“ Eine Reihe von baufälligen Baracken entlang der Gleise im rückwärtigen Raum sei schon verschwunden, um die Sicherheit des Bahnverkehrs nicht zu gefährden. Entwarnung gibt der Investor wegen der Sorgen um die Sicherheit vor den Gebäuden an der Kamenzer Straße.

Die kontrolliere er täglich. Der Abriss soll in diesem Jahr beginnen, hänge aber davon ab, wann die Behörden die Genehmigung erteilen. „Von heute auf morgen geht so etwas nicht.“ Auch die Zahl der Jobs werde noch mit der Firma wachsen. „Wir sind ja auch keine Großinvestoren“, räumt Wieland Bauer ein. „Wir versuchen, viele Investitionen aus den laufenden Erträgen zu bewerkstelligen.“ Ein Wachstum mit Augenmaß, um die Jobs nicht zu gefährden. Wieland Bauer wirbt: Die Pulsnitzer sollten ein bisschen Geduld mitbringen: „Es wird sichtbar sein. Weggerissen ist schnell, schwieriger, eine Ansicht zu erhalten, die die Menschen kennen. Die zu ihrer Lebensgeschichte gehört.“