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Zwergwidder statt Fußball

Franz Hüttner ist Dritter bei der Bundesschau der Rassekaninchenzüchter geworden. Nicht schlecht für einen Zehnjährigen.

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© Matthias Weber

Von Elke Schmidt

Was für manche Kinder der Fußball ist, sind für Franz Hüttner seine Kaninchen. Mit diesen Tieren beschäftigt er sich, seit er sechs Jahre alt ist. Doch für den Waltersdorfer sind das keine Schmusetiere. Der Schüler ist ein leidenschaftlicher Hobbyzüchter und bringt seine Tiere regelmäßig zu Leistungsschauen und Ausstellungen, um sie bewerten zu lassen.

Erst am vorigen Wochenende ließ er vier seiner „Zwergwidder siamesenfarben gelb“ bei der 33. Bundes-Kaninchenschau in Leipzig bewerten. Diese deutschlandweite Zuchtausstellung wird vom Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter (ZDRK), der Dachorganisation aller 149.000 Rassekaninchenzüchter in Deutschland, veranstaltet. Franz Hüttner wurde mit seinen Tieren drittbester unter den Jugendzüchtern dieser Rasse in ganz Deutschland. Insgeheim hat er sich noch mehr erhofft. Er ist sehr ehrgeizig und will am liebsten immer gewinnen. Aber auch wenn das diesmal nicht ganz geklappt hat, ist er dennoch sehr stolz auf sich. Mit seinen zehn Jahren ist er für einen Kaninchenzüchter noch sehr jung. Auch wenn er nicht gewonnen hat, konnte er doch viel daraus lernen und es beim nächsten Mal besser machen.

Außerdem sei es am wichtigsten, dass keins der Tiere ein „nicht befriedigend“ und damit die schlechteste Note bekommt, erklärt der große Bruder Fabian. Auch er und sein Zwilling Paul waren mit einigen Kaninchen bei der Schau dabei. Alle drei Geschwister haben so gut gearbeitet, dass keins ihrer Tiere schlechter als „sehr gut“ ist. Damit sind sie hochzufrieden. Die Zwillinge sind übrigens auch Schuld an dem ungewöhnlichen Hobby ihres Bruders. Sie haben ihrerseits mit zehn Jahren angefangen zu züchten.

„Kaninchen hatten wir schon immer“, sagt die Mutter. Aber früher seien das ganz gewöhnliche Hauskaninchen gewesen. Dann war ein Bekannter zu Besuch und meinte, sie könnten es auch richtig machen und züchten. Beinahe zeitgleich kam Gunther Anders vom Rassegeflügel- und Rassekaninchenzüchterverein Hörnitz und Umgebung auf der Suche nach Nachwuchs in die Walterdorfer Schule. Die Zwillinge waren begeistert und so begann die Kaninchenzucht in der Familie. Sie traten in den Verein ein und stellten selber aus. Inzwischen sind Fabian und Paul selbst Preisrichter und können ihrerseits Kaninchen bewerten. Franz ist also in das Hobby hineingewachsen. Von klein auf erlebte er hautnah mit, wie man sich richtig um Kaninchen kümmert. Nur die Mutter beteiligt sich nicht daran. Doch sie hat dadurch ihren neuen Partner gefunden. Im Hörnitzer Verein lernte sie Gunther Anders kennen und lieben. Inzwischen sind sie verheiratet.

Für Franz sind die Kaninchen ein wichtiger Ausgleich, sagt sie. Die Schule fällt ihm nicht leicht, er muss sich mit einer Lernstörung herumschlagen. Da helfe es ihm sehr, wenn er woanders Erfolge hat. Und die habe er auch bei seinem zweiten Hobby, dem Kart-Fahren. Franz hat ein Pocket Bike und schraubt daran schon viel mit seinem Vater herum, denn mit der Technik kennt er sich aus.

Doch auch seine Kaninchen kann er weitestgehend selbst versorgen. Mit Hilfe seiner Brüder schneidet er ihnen sogar die Krallen. So schwer sei das gar nicht, sagt er, man müsse nur aufpassen, dass man nicht zu weit schneide. Sonst tut das den Tieren weh und das ist unter Züchtern tabu. Die Zwillinge helfen ihm auch bei der Auswahl der passenden Kaninchen für eine Ausstellung. Als Preisrichter wissen sie schließlich recht gut, worauf es dabei ankommt. Für eine Schau suchen sie die schönsten Tiere aus. Da kommt es auf rassentypische Merkmale oder auch das Gewicht an. Ein wichtiges Kriterium ist das Fell. Deshalb zupft auch Franz seinen Tieren farblich nicht passende Haare aus. Nur schlachten darf er nicht selbst. Er lernt aber nicht nur Hause in Waltersdorf etwas über die Kaninchenzucht, sondern auch in der Jugendgruppe des Rassegeflügel- und Rassekaninchenzüchterverein Hörnitz und Umgebung. Mindestens einmal im Monat treffen sie sich und tauschen sich aus. Sie erfahren dort, wie man es anstellt, dass die Tiere bei Zuchtschauen möglichst kein „nicht befriedigend“ bekommen. Denn sollte tatsächlich einmal eins so benotet werden, wandert es umgehend in den Kochtopf, erklärt Gunther Anders. Sie seien dann nicht für die Zucht zu gebrauchen. Auch das sei ein wichtiger Punkt. Die Kinder lernen so, dass die Tiere kein Spielzeug, sondern eben Nutztiere sind. Früher oder später werden sie geschlachtet und letzten Endes gegessen. Das sei nun mal ihr eigentlicher Zweck. Dabei achten sie jedoch sorgsam darauf, dass die Tiere möglichst schmerzarm geschlachtet werden. Denn trotz allem hängen die Züchter an ihnen. Als letzten Sommer im Haus Anders / Hüttner eine Häsin starb und acht Jungtiere zurückließ, haben sie die nicht getötet, sondern mit viel Liebe großgepäppelt.