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Zweites Gymnasium für Meißen

Immer mehr Fünftklässler möchten auf das Franziskaneum. Jetzt soll neu gebaut werden.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Meißen. Der Facebook-Eintrag des Wilsdruffer Bürgermeisters Ralf Rother (CDU) kam für viele überraschend. „Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) aus Meißen besichtigte heute die Baustelle des Gymnasiums Wilsdruff“, schrieb der Kommunalpolitiker vor wenigen Tagen. Die Stadt sei aktuell gefordert, für den weiter steigenden Bedarf an Plätzen in Meißen Lösungen aufzuzeigen. Wilsdruff werde diese Entwicklung interessiert verfolgen.

Zu verstehen sind diese Zeilen vor dem langjährigen Kampf der Wilsdruffer um einen Gymnasiumsneubau. Dieser war vor allem vom Landratsamt Meißen heftig bekämpft worden. Als Argument führte die Behörde an, die Pläne gingen am tatsächlichen Bedarf vorbei. Ein weiteres Gymnasium so eng an der Grenze zum Landkreis Meißen könnte zu einem Abzug von potenziellen Schülern für die Gymnasien in Nossen sowie Meißen führen. Dies könne nicht gutgeheißen werden. Alle Versuche des Landkreises Meißen, die Wilsdruffer Pläne zu durchkreuzen, schlugen allerdings fehl. Die Arbeiten an den neuen Gebäuden liegen im Plan. Im Erdgeschoss und im Obergeschoss des künftigen Schulgebäudes wurden bereits Wände und Stützen sowie Treppenläufe montiert. Auch an der im Osten an das Schulgebäude angrenzenden Zweifeldsporthalle geht es voran. Die Stützen, die künftig das Dach tragen sollen, wurden vor einigen Wochen gestellt. Die Wände des Sanitärtraktes stehen. Der Innenausbau soll bis zum Sommer kommenden Jahres abgeschlossen sein. Das Vorhaben kostet insgesamt 22 Millionen Euro.

Auf SZ-Nachfrage hin bestätigten jetzt die Fraktionsvorsitzenden des Meißner Stadtrates Falk Werner Orgus (CDU), Heiko Schulze (Freie Bürger/SPD/Grüne) und Wolfgang Tücks (ULM/FDP), dass die rasant steigenden Schülerzahlen die Stadt als Schulträger zu erheblichen Investitionen im gymnasialen Bereich zwingen würden. Was teilweise schon vor Monaten im Stadtrat prognostiziert worden sei, werde jetzt auch von der Verwaltung und den Schulbehörden so gesehen.

Ein Mehrbedarf bestehe in den nächsten Jahren für bis zu drei Züge pro Schuljahr. Mit anderen Worten: Es seien die Voraussetzungen gegeben, ein zweites Gymnasium zu errichten. Ob dies realisiert werde oder eine andere Variante den Vorzug erhalte, müsse der Fachplanung überlassen bleiben. Die Stadt Meißen habe die gesetzliche Aufgabe, zur gegebenen Zeit die bauliche Hülle zur Verfügung zu stellen, damit alle Kinder, welche die Voraussetzungen in ihrem Einzugsbereich erfüllten, in Meißen das Gymnasium besuchen könnten. Die wachsende Schülerzahl zwinge zu raschem Handeln. Sobald die Fachbehörden grünes Licht geben würden, müsse mit den Planungen begonnen werden. Dabei sollten die Stadt von einem Finanzbedarf von über 20 Millionen Euro ausgehen. Hier sei auch der Freistaat Sachsen gefordert. Allein könne eine Kommune wie Meißen diese Aufgabe nicht stemmen. Der Stadtrat werde zu dieser Thematik am 27. Juni einen Grundsatzbeschluss fassen.

Tatsächlich konnte das Städtische Meißner Gymnasium in den letzten fünf Jahren dreimal fünf neue fünfte Klassen aufnehmen. Die höchste Zahl an Fünftklässlern wurde laut Sächsischer Schuldatendatenbank 2015/2016 mit 138 Schülern erreicht. Ein Ausweichen etwa nach Coswig ist nicht möglich, da das dortige Gymnasium ebenfalls an der Kapazitätsgrenze operiert.

Die Pläne für einen weiteren Ausbau überraschen insofern, da die Teile des bisherigen Franziskaneum-Komplexes in den vergangenen Jahren schrittweise saniert und ausgebaut wurden. Trotzdem besteht nach wie vor ein hoher Investitionsbedarf an diesem Standort. Der Chef der Stadtratsfraktion Unabhängige Liste Meißen/FDP, Wolfgang Tücks, bezifferte im April dieses Jahres das nötige Finanzvolumen auf 5,3 Millionen Euro.

Irritierend an dem Vorgang ist zudem, dass SZ-Informationen zufolge das Franziskaneum bislang nicht näher in die Überlegungen zum Aufbau neuer Gymnasiumsplätze in Meißen einbezogen war. Die Stadt verfügte bis Anfang der 2000er-Jahre schon einmal über zwei Gymnasium. Im linkselbischen Meißen hatte sich das St.-Afra-Gymnasium einen sehr guten Ruf erarbeitet, musste jedoch letztlich der Landesschule weichen. Die Reste der Schule gingen im Franziskaneum auf.