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Zweieinhalb Meter hoher Hingucker

Allen verschneiten Straßen zum Trotz: Großenhains größter Schneemann zeigt, dass die Jahreszeit positive Seiten hat.

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© Anne Hübschmann

Von Catharina Karlshaus und Jörg Richter

Großenhain. Auf ihn schauen alle. Denn er ist nun einmal der Größte. Unübersehbar steht der Schneemann seit Sonntag auf der Großenhainer Beethovenallee und hält gewissermaßen Hof. Autos kommen bremsend neben ihm zum Stehen, Leute springen aus dem Fahrzeug, zücken ihr Handy und machen schnell ein Foto. Ein gut 2,50 Meter hoher Hingucker, der sein winterliches Dasein einem kleinen Jungen zu verdanken hat. Gemeinsam mit seinem Papa hat der sieben Jahre alte Eddi den freundlichen Koloss aus Schnee erschaffen. Gut zwei Stunden hätten sie schwitzend und schließlich völlig außer Puste geratend, Großenhains derzeit prominentesten Schneemann gebaut.

Das Rollen der Kugeln, so weiß Eddi fachmännisch, sei dabei gar nicht so anstrengend gewesen. Viel schwieriger dagegen, alle drei Teile aufeinanderzustapeln. „Papa hat von Zuhause ein Brett holen müssen, damit wir den Bauch auf die unterste Kugel rollen konnten“, erklärt der Erstklässler. Dass sein schneeiges Referenzobjekt mit Eimerhut und Ast-Besen geradewegs in der Innenstadt zu bewundern ist, hätten seine Klassenkameraden aus der 1. Grundschule erst gar nicht glauben können. „Aber ich habe es allen erzählt und der Schneemann steht ja wirklich da.“

Tausend Tonnen gestreut

Und wie er dort steht. Für Wolfgang Keßler sicherlich ein gutes Beispiel dafür, wozu der mitunter sonst so kritisierte Schnee doch gut sein kann. Wie der Chef der Großenhainer Straßenmeisterei betont, könne man dieser Tage tatsächlich von einem normalen Winter sprechen. Während seine Mitarbeiter und er im vergangenen Jahr teilweise Baumpflege betrieben und nicht einmal mit einem Schneepflug im Einsatz waren, gebe es jetzt viel zu tun.

13 Kollegen in sieben Fahrzeugen und zwei Multicars sorgten täglich ab 3.30 Uhr bis 22 Uhr dafür, dass die Bundes-, Staats- und Kreisstraßen von Schnee und Eis beräumt sind. In zwei Schichten arbeitend, seien sie von Strehla bis Sacka auf 395 Kilometern unterwegs. Die B 98 stehe dabei ebenso im Blickpunkt wie die B 101, die B 169 und die B 182.

Gut eintausend Tonnen Streusalz habe die Straßenmeisterei seit Winterbeginn bereits aufgebracht. „In den vergangenen zwei Jahren waren wir ja wirklich verwöhnt. Da gab es nicht viel Schnee. Alles, was jetzt stattfindet, ist dagegen eher eine normale Situation in einem Januar“, schätzt Wolfgang Kessler ein. Laut dem 62-Jährigen seien die Straßenmeisterei und ihre zusätzlich gebundenen Kräfte mit weiteren sieben Fahrzeugen auch für diese Woche gut gerüstet. Immerhin solle der Schneefall ja nachlassen und Minusgrade für ein ruhiges Winterwetter sorgen.

Ganz und gar nicht ruhig waren dagegen am Montagmorgen viele Eltern. Rund um Großenhain trafen einige Schulbusse mit Verspätungen bis zu 30 Minuten ein. „Es gingen daher besorgte Anrufe bei uns ein, ob die Kinder denn überhaupt noch zur Schule kämen“, weiß Jörg Weinert. Nachfragen, für die der Prokurist der Verkehrsgesellschaft Meißen (VGM) auch durchaus Verständnis hat.

Aufgrund des Schneefalls am Sonntag hätten sich die Fahrer bereits auf die Wetterlage eingestellt und seien teilweise schon um 3 Uhr statt um 4 Uhr zum Dienst erschienen. „Die Busse werden dann warmgelaufen, und die Scheiben befreit, damit es pünktlich losgehen kann“, so Weinert. Dennoch habe es trotz dieser berechtigten Vorsichtsmaßnahmen einige Verzögerungen gegeben. Besonders in der Lommatzscher Pflege und im Raum Nossen hätten querstehende Lkw zu kämpfen gehabt. „Was wiederum dazu führte, dass die Busse hinter ihnen nicht vorbei kamen“, sagt Jörg Weinert. Nach diesen Startschwierigkeiten habe sich der Verkehr aber am Vormittag wieder eingepegelt.

Startschwierigkeiten gab es auch in einigen Dörfern. Nicht mit den Bussen, sondern mit dem Winterdienst. Vor allem Nebenstraßen wurden zuletzt oder gar nicht geschoben. Diesen Eindruck hat auch eine Anwohnerin der Niegerodaer Dorfstraße, die nicht genannt werden möchte. Sie schiebt ihre große Einfahrt und den Gehweg frei. „Das stört mich nicht“, sagt sie. Aber dass die Straße gegen Mittag immer noch komplett von einer Schneedecke überzogen ist, ärgert sie sehr. Noch nicht mal Sand oder Salz sind gestreut worden. Selbst die Feuerwehreinfahrt ist zugeschneit. Im Falle eines Einsatzes müssten die Kameraden wohl erst mal Schnee schieben, bevor sie ausrücken können.

Irgendwie auf Arbeit gelangen

In den benachbarten Orten Oelsnitz und Weißig am Raschütz sehen die Nebenstraße auch weiß aus. Aber hier fährt wenigstens ein Traktor mit Anhänger durch die Dörfer und streut Sand. Warum Niegeroda vergessen wurde, darüber rätselt die Anwohnerin. In zwei Stunden muss sie auf Arbeit. Dann beginnt für sie die zweite Schicht. „Es nützt ja nichts, sich über die verschneite Straße zu beklagen“, sagt sie. „Ich muss ja irgendwie auf Arbeit kommen.“ Trotz der unberäumten Dorfstraße findet sie es schön, dass nach mehreren Jahren wieder mal ein richtiger Winter ist.

Ein Winter, bei dem die Temperaturen durchaus ausreichen würden, dass Wasserleitungen einfrieren. „Aber die Leute haben sich drauf eingestellt und aus Fehlern gelernt“, sagt Installateur Ingo Reichelt aus dem Großenhainer Stadtteil Kleinthiemig. In den vergangenen Jahren habe er es hin und wieder erlebt, dass Außenwasserleitungen nicht abgestellt wurden und daraufhin einfroren. Reichelt: „Einige Rohre tauen wieder auf, andere platzen.“

Mit eingefrorenen Rohren muss sich die Wohnungsgenossenschaft Großenhain und Umgebung e.G. (WGG) zum Glück nicht rumplagen. Dennoch hat der diesjährige Winter auf einige WGG-Mitarbeiter direkte Auswirkung. „Auf unsere Hausmeister nämlich“, sagt WGG-Vorstand Kathrin Philipp. „Sie müssen jetzt auch am Wochenende ran. Das lässt sich nicht ändern.“