Merken

Zwei Schrankenwärter für ein gesperrtes Gleis

Einen Radfahrer und einen Fußgänger haben die Bahnwärter auf der gesperrten Baustelle schon erwischt.

Teilen
Folgen
© Klaus-Dieter Brühl

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Sie haben den wohl langweiligsten Job in Großenhain – jedenfalls für Außenstehende. Einfach nur dastehen, bei Anruf das Signalband einhängen, Zugdurchfahrt abwarten und das Signalband danach wieder öffnen – für Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer, die es gar nicht gibt. Denn hier in der Parkstraße darf eigentlich niemand die Gleise der Strecke Dresden-Cottbus überqueren.

Das abgerissene Schild an der Seite zeugt noch vom Unfall mit dem Muldenkipper
Das abgerissene Schild an der Seite zeugt noch vom Unfall mit dem Muldenkipper © Klaus-Dieter Brühl

Das Areal ist wegen des Ausbaus der kreuzenden Strecke Dresden-Berlin ohnehin komplett als Baustelle gesperrt. Doch weil der Mensch ist, wie er nun mal ist, stehen Silvio R. und sein Kollege vom Götz Bahnservice eben hier und sichern den Übergang auf Anruf des Fahrdienstleiters im nicht weit entfernten Stellwerk per Hand.

Ein Muldenkipperfahrer hatte am Dienstag einem folgenschweren Zwischenfall ausgelöst. Er hatte nach dem Abkippen von Bauaushub vergessen, die Mulde wieder abzusenken und war mit der hoch aufgestellten Mulde über den Bahnübergang gefahren. Dabei riss die Oberleitung auf rund 100 Meter Länge ab. Die Bahnschranke wurde geknickt. Schon am Mittwochmorgen war zwar die Leitung ausgebessert, aber die Schranke lässt sich nicht so schnell erneuern. Erst Himmelfahrt, dann Brückentag und schließlich Wochenende – da ging laut Bahn AG nichts mehr.

So kam es, dass die Bahn AG noch am Mittwoch Bahnübergangsposten ordern musste, die sich im Achtstunden-Dienst abwechseln sollten. Und das durchgehend bis Montagabend. So war der letzte Stand. Am Ende wurde daraus für den Bautzner Silvio R. eine Zwölf-Stunden-Schicht, weil sich zum Feiertag nicht genug Personal finden ließ. Schließlich darf Silvio R. laut Vorschrift nicht einmal alleine seinen Dienst auf der eigentlich gesperrten und verlassenen Baustelle versehen – denn am Freitag wurde wegen des Brückentages auch nicht gearbeitet. Das Gleis muss aber zeitgleich von zwei Bahnwärtern gesichert werden. Nicht, damit die sich unterhalten können, sondern damit an vielbefahrenen Strecken jeder eine Straßenseite übernehmen kann, wenn der Zug kommt.

Aber da Vorschrift eben Vorschrift ist, stehen Silvio R. und sein Kollege noch bis 18 Uhr an einem Bahnübergang, den niemand überqueren darf. Abends kommt dann die Ablösung für die nächsten zwölf Stunden. Doch sauer sind die Bautzner nicht. „Es ist doch schönes Wetter!“, sagt Silvio R. Im Winter ist dieser Job weniger freudvoll. Irgendwelche Ablenkungen wie Radio hören oder auf dem Handy spielen, das kommt für die beide nicht infrage. Schließlich möchte keiner das Klingeln von Fahrdienstleiter auf dem Diensthandy überhören. Dienst ist eben Dienst. Auch wenn keiner kommt.