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Zwei neue Säle für Dresdens Kino-Urgestein

Die Schauburg soll im Sommer umgebaut und erneuert werden. Dafür wird aufgestockt.

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© Sven Ellger

Von Sandro Rahrisch

Löcher klaffen in den Polsterbezügen der Kinosessel, auf dem Boden kleben Kaugummis. Das Schauburg-Filmtheater an der Königsbrücker Straße ist in die Jahre gekommen. Die letzte große Renovierung ist inzwischen 23 Jahre her. Nach SZ-Informationen will der Betreiber das Haus ab Sommer für sechs Millionen Euro grundlegend umbauen und renovieren.

Die drei Säle „Sergio Leone“, „Fritz Lang“ und „Andrej Tarkowski“ werden erneuert. Außerdem hat die Dresdner Bauaufsicht Mitte März die Genehmigung erteilt, zwei weitere Säle zu errichten. Für Saal vier ist im Erdgeschoss ein Anbau vorgesehen, teilt die Stadtverwaltung auf Nachfrage mit. Dieser soll im Hof entstehen. An der Seite zum Bischofsweg ist geplant, das Gebäude teilweise aufzustocken. Dort wird Saal Nummer fünf einziehen. Derzeit bietet das Kino 717 Besuchern Platz. Im Gespräch ist, dass die Arbeiten im Juni beginnen. Auch von einer mehrwöchigen Schließung ist die Rede.

Zu den genauen Umbauplänen des denkmalgeschützten Gebäudes will sich Geschäftsführer Stefan Ostertag auf Nachfrage nicht äußern. Dass die Schauburg renoviert werden soll, sei ein offenes Geheimnis, sagt er. Tatsächlich sprach bereits sein Vorgänger Frank Apel vor vier Jahren davon, dass eine Sanierung kurz bevorstünde. Ostertag möchte sich in den kommenden Wochen zur Zukunft des Kinos äußern. Fest steht, dass ein Anbau zur Königsbrücker Straße nicht möglich ist. Dort sollen nach der Straßensanierung die Straßenbahnen in Richtung Zentrum halten.

1993 übernahm der Kinobetreiber „Kieft & Kieft“ das Kino mit der roten Fassade und gründete eigens dafür den Nickelodeon Filmtheaterbetrieb Dresden. Damals hatte die Schauburg nur einen Saal. Die Geschäfte führte Frank Apel, der bis 2009 auch das „Metropolis“ am Waldschlößchen betrieb. Für den Umbau 1993/94 nahm er einen Kredit von drei Millionen Mark auf. Bis dieser abbezahlt war, dauerte es 20 Jahre. „Man konnte zwar mit der Schauburg leben, aber sie hat mich nicht reich gemacht“, sagte er zu seinem Abschied. Noch einmal wolle er das nicht durchmachen. Er habe keine Lust, sich um die Schauburg-Finanzen zu kümmern, bis er 70 ist.

Die Schauburg wurde 1927 eröffnet. Damit ist sie das älteste, noch aktive Kino in der Stadt und das erste freistehende in Dresden. Architekt Martin Pietzsch besaß als Kino-Bauer zu dieser Zeit bereits einen Namen. Er konzipierte die Schauburg quasi als Zweitauflage des Capitols an der Prager Straße, nur mit 700 Plätzen weniger. Ein Orchestergraben war ebenso vorhanden wie eine Kino-Orgel. Auf Polster mussten die Zuschauer anfangs verzichten. Sie müssen mit einfachen Sperrsitzen vorlieb nehmen. Eintrittspreis: ab 60 Pfennige. Bis zum Zweiten Weltkrieg verfügte das Lichtspieltheater über 1 000 Sitzplätze.

Bei den Bombenangriffen auf Dresden blieb das Haus verschont. Vor seiner Wiedereröffnung 1946 beherbergte es kurzzeitig den Zirkus Sarrasani, dessen Spielstätte zerstört worden war. 1953 fand im Kino die Feier zur Gründung der Sportgemeinschaft Dynamo Dresden statt. Zu DDR-Zeiten wurden zahlreiche Defa-Filme uraufgeführt. Nach der Wende versuchte zunächst die Neue Constantin Film GmbH ihr Glück mit der Schauburg, zog sich aber schon nach kurzer Zeit wieder aus Sachsen zurück. Schließlich haben „Kieft & Kieft“ das Kino übernommen. Das Unternehmen machte 2003 durch die Übernahme zahlreicher Ufa-Kinos Schlagzeilen.

Neben Hollywood-Filmen werden in der Schauburg heute vor allem Streifen fernab des Mainstreams gezeigt. Das Kino ist Teil des Dresdner Filmfests sowie des Kinder-Filmfests „Kinolino“. Konzerte, Lesungen und Comedyabende stehen ebenfalls auf dem Programm.