Merken

Zwei, die was ins Rollen bringen

Bei den Valtenbergwichteln gibt es neue Sozialarbeiter in der mobilen Jugendarbeit. Die haben viele Ideen für die Region.

Teilen
Folgen
© Uwe Soeder

Von Franziska Springer

Neukirch. Im Skatepark an der Gerhart-Hauptmann-Schule in Sohland hat es sich eine Schülergruppe in der Sonne bequem gemacht. Eine halbe Stunde liegen sie dort, bis wieder Bewegung in die Jugendlichen kommt: Ein blauer Kleinbus fährt auf den Schulhof. Zu sehen ist darauf ein rothaariger Wichtel – eine Rakete auf dem Rücken, ein Skateboard in der Hand. So präsentiert sich die mobile Jugendarbeit der Valtenbergwichtel aus Neukirch.

Drinnen im Bus sitzen zwei, die die Jugendlichen nicht kennen, die aber dennoch sofort von ihnen in Beschlag genommen werden: Es sind Julia Wnetrzak und Heiner Schröder, die von Projektkoordinatorin Candy Winter nun doch kurz vorgestellt werden. Viel Zeit für Höflichkeiten bleibt allerdings nicht. Flink werden Skateboards, Knieschützer und Helme aus dem blauen Bus geladen. Nachdem alle gemeinsam den Platz vorbereitet haben, kann der Sport auf den Boards endlich losgehen.

Tolle Jugendliche mit klugen Ideen

Der 2014 entstandene Skaterplatz ist nur einer von dreien im Oberland – und eines von etlichen neuen Betätigungsfeldern für Wnetrzak und Schröder – die neuen Sozialarbeiter bei den Neukircher Valtenbergwichteln. „Im Oberland gibt es ganz viele tolle Jugendliche mit klugen Ideen und Bock, etwas auf die Beine zu stellen“, schwärmt die 27-jährige Julia Wnetrzak von den ersten Bekanntschaften mit jungen Menschen aus der Region. Mit denen hat sie, seit ihrem Arbeitsbeginn am 1. März beinahe täglich zu tun hat. Zeitgleich mit ihr trat auch der 37-jährige Heiner Schröder seine neue Stelle an. Dass auf dem Land andere Probleme existieren als in größeren Städten, ist dem Dresdner bewusst: „Die Schwierigkeiten hier sind ganz anders gelagert und teilweise komplexer als in der Stadt.“

„Die fehlende Mobilität durch die schlechten Bus- und Bahnverbindungen sind zum Beispiel eine riesen Herausforderung“, weiß Schröder. Die mobile Jugendarbeit, kooperiert etwa mit der Schulsozialarbeit der Polenzschule in Cunewalde. Dort lernen Schüler aus fünf verschiedenen Orten. „Die treffen sich nur im Unterricht und haben anschließend nicht die Möglichkeit, Freizeit miteinander zu verbringen, weil dann kein Bus mehr fährt“, erklärt Schröder. Darauf zu reagieren ist Aufgabe der beiden Neuen, die ihre Mission zuerst darin sehen, Beteiligung zu ermöglichen und die Jugendlichen vor Ort so zu befähigen, selbst aktiv zu werden. Dabei wollen sie vor allem darauf achten „auf die Wünsche der Jugendlichen zu reagieren.“

Es darf auch mal was schiefgehen

Dazu betreuen sie Jugendfreizeittreffs und -clubs, veranstalten Skate-Nachmittage und bieten verschiedenen Projekte an. Dabei sollen sie auch Eigeninitiative zeigen: „Den Mitarbeitern freien Gestaltungsspielraum zu geben, gehört zur Mentalität unseres Trägers“, freut sich Julia Wnetrzak. „Jeder kann und soll seine Fähigkeiten und Talente einbringen. Uns wird dort viel Vertrauen entgegengebracht und es darf auch mal was schiefgehen.“

Sie selbst ist leidenschaftliche Musikerin und spielt in einer Band. Dass es inzwischen kein Bandprojekt mehr bei den Valtenbergwichteln gibt, findet sie schade und möchte diesem, neues Leben einhauchen. Heiner Schröder studierte in Görlitz „Soziale Arbeit“ und kennt daher die Notwendigkeit, die Nachbarschaft in den Grenzregionen zu fördern. „Der interkulturelle Austausch zwischen Deutschen, Polen und Tschechen ist gleich null“, beklagt er und plant daher für das nächste Jahr ein binationales Jugendcamp.

Ohne Berührungsängste

Ihm gefällt es in der Region und bei den Valtenbergwichteln so gut, dass er bereits jetzt mit einem Umzug liebäugelt. „Allerdings kann ich mich noch nicht entscheiden, welche Gemeinde ich am schönsten finde“, lacht er. Denn dass der ländliche Raum auch für Jugendliche nicht nur Nachteile bietet, ist ihm nicht entgangen: „Die Menschen hier sind mehr mit ihrer Region verbunden als in der Stadt“, sagt er. Entsprechend höher sei auch die Eigeninitiative, die Kinder, die hier aufwachsen, ganz selbstverständlich als Grundkompetenz vermittelt bekommen.

Zudem sei die Vernetzung einfacher, fügt Julia Wnetrzak hinzu. Sie wohnt in Löbau und arbeitete bis vor Kurzem in der Suchtberatung in Bautzen. Was sie an der Jugendsozialarbeit schätzt, ist vor allem die Offenheit, die ihr im Alltag entgegengebracht wird: „In der Suchtberatung mit Erwachsenen dauerte es manchmal Monate, bis ein Vertrauensverhältnis entstanden ist“, erinnert sie sich. „Hier hatten die Kids absolut keine Berührungsängste und waren sofort total aufgeschlossen.“ Mit ihnen auf der Wiese sitzen und zuhören – schon für diese vermeintliche Kleinigkeit erfahren Julia Wnetrzak und Heiner Schröder Wertschätzung. Nicht zuletzt deshalb wollen beide lange bei den Valtenbergwichteln bleiben.