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Das chinesische Zimmer im Barockschloss Rammenau wird restauriert. Es ist das Kostbarste überhaupt.

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© Regina Berger

Von Carolin Menz

Die feinen Wandgemälde dürfen an ihren Platz zurück. Sie bringen plötzlich Glanz und einen Hauch Exotik auf die Baustelle im Barockschloss Rammenau. Für den Architekten Frank-Ernest Nitzsche sind diese auf Lausitzer Leinen gespannten Kunstwerke die Krönung des chinesischen Zimmers, das zurzeit umfassend restauriert wird. Es ist im ohnehin prunkvollen Schloss das Juwel. Das kostbarste Zimmer überhaupt, weil so reich und kunstvoll ausgestattet. Holzboden, Stuckdecke und 16 einzelne Gemälde zum Schmuck der Wände stammen aus dem Jahr 1735, als der Salon eingerichtet wurde und das ferne China bei der galanten Gesellschaft am sächsischen Hofe en vogue war. „Zu dieser Zeit war die erste Handelsstraße nach China eröffnet worden“, sagt Schlossleiterin Ines Eschler. China war in aller Munde und wurde dieser Teesalon in Rammenau im asiatischen Stil möbliert und gestaltet – mit heute teils merkwürdig anmutenden Motiven. Die Kunst auf den „Tapeten“ aus Leinen zeigt China so, wie man es sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts vorstellte. Blonde Menschen mit schmalen Augen, Elefanten, Palmen, Messerstecher-Szenen. Die fast 300 Jahre alten Wandbespannungen wurden bereits 1995 restauriert. Gut geschützt, lagerten diese während der Arbeiten in einem Nebenraum, dürfen jetzt aber nach und nach zurück, um montiert und an Leisten befestigt zu werden.

Nur Holzboden? Oh nein! Eine originale Felderdielung aus Eiche und Nadelholz von 1735. Eine Rarität. Hier fotografiert der gleich aussehende Boden des Nachbarsalons.
Nur Holzboden? Oh nein! Eine originale Felderdielung aus Eiche und Nadelholz von 1735. Eine Rarität. Hier fotografiert der gleich aussehende Boden des Nachbarsalons. © Regina Berger
Im Barock wurden Chinesen schon mal mit blondem Haar gemalt – der Ausschnitt eines der zahlreichen Wandbilder.
Im Barock wurden Chinesen schon mal mit blondem Haar gemalt – der Ausschnitt eines der zahlreichen Wandbilder. © Regina Berger
Typisch Barock – weniger typisch asiatisch: Eine reich verzierte Stuckdecke durfte natürlich auch im chinesischen Teesalon der Herrschaft nicht fehlen.
Typisch Barock – weniger typisch asiatisch: Eine reich verzierte Stuckdecke durfte natürlich auch im chinesischen Teesalon der Herrschaft nicht fehlen. © Regina Berger

Holz zu DDR-Zeiten falsch ausgebessert

Im März wurde mit der aufwendigen Restaurierung begonnen, die nun fast abgeschlossen ist. Die originale Dielung bestehend aus Eichenrahmung und Nadelholzfeldern ist fertig. „Der Zustand war sehr schlecht“, sagt Frank-Ernest Nitzsche, verantwortlich für die denkmalpflegerische Fachplanung. Stellenweise war Holz zu DDR-Zeiten falsch ausgebessert und der gesamte Boden mehrmals lackiert worden. Das Ursprüngliche war kaum mehr zu sehen. Erst eine Inschrift im Holz bezeugte, dass der Boden tatsächlich vollständig der originale war. Seine Wiederherstellung ist die größte Herausforderung im chinesischen Zimmer. Sie glückte. „Das Holz wurde abgeschliffen, gelaugt und geseift. Diese Technik macht den Boden mit der Zeit noch schöner und widerstandsfähig“, so Frank-Ernest Nitzsche.

Ein wunderbarer Hingucker über Kopf ist die restaurierte Stuckdecke. Kleine Risse sind ausgebessert, unschöne Folgen eines früheren Wasserschadens entfernt. Ein matt-weißer Anstrich lässt die Decke strahlen. Typisch für Stuckdecken im Barockschloss sind sogenannte Quasten, die wie Bommeln vom Stucksims herabhängen. „Die Quasten, die bisher hingen, waren nicht die originalen. Das erkannten wir auf Fotos von 1935“, sagt der Architekt. In einer Kiste im Depot fand sich glücklicherweise eine einzige originale Quaste in Form einer mit Blüten gefüllten Vase – der Technische Leiter des Schlosses hatte sich erinnert, sie mal gesehen zu haben. „Wir entschieden, den Urzustand herzustellen und fehlende rekonstruieren zu lassen“, so Nitzsche.

„Wir wollen nichts erfinden.“

Alte Aufzeichnungen, Pläne und eben Fotos aus dem Schlossarchiv dienten immer wieder als Anregung für die Arbeit der Restauratoren, die der Denkmalschutz überwacht. „Wir wollen nichts erfinden, es geht darum, dass die Zimmer authentisch sind“, sagt Frank-Ernest Nitzsche. Deshalb wurde die frisch restaurierte Sockelvertäfelung dunkelbraun gestrichen – wie 1735. Bislang war sie fälschlicherweise weiß. Ein ebensolcher „Ausrutscher der Geschichte“ sei ein Wandbild mit chinesischen Motiven über der Kaminattrappe, sagt Frank-Ernest Nitzsche. Bislang verborgen kam es während der Arbeiten ans Licht. „Ein Zeitzeuge erzählte uns, dass es ein Restaurator in den 1980er Jahren angefertigt hat.“ Kunst ist es nicht wirklich. Das Bild wird wohl wieder abgedeckt.

Rund 140.000 Euro kosten sämtliche Arbeiten im chinesischen Zimmer. Sie sind Fortsetzung der stückweisen Restaurierung aller Schlossräume, die Architekt Frank-Ernest Nitzsche seit 14 Jahren mit betreut. Humboldtzimmer, Blauer Salon, Ankleide- und Teufelszimmer sind fertig – ab Dezember soll das chinesische Zimmer wieder zugänglich sein für Besucher. Ab frühestens 2016 werde mit der Restaurierung des Vogelzimmers als ein Bereich der Schlossgastronomie begonnen, sagt Leiterin Ines Eschler. Das Barockschloss Rammenau ist noch lange nicht am Ende, noch schöner und prächtiger zu werden.