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Zurück ins Jahr 1951

Der Simca Club Tschechien rollte mit acht Oldtimern ins DDR-Museum nach Radebeul.

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© Arvid Müller

Von Beate Erler

Wer in einer Simca Platz nimmt, fühlt sich schlagartig gute 50 Jahre in die Vergangenheit zurückversetzt. Die Sitze sind so weich, dass der Fahrer fast in ihnen versinkt. Das Lenkrad steht weit hervor und von Servolenkung gibt es keine Spur. Die Gangschaltung sucht man rechts unten neben dem Fahrersitz vergebens. Sie ist ein einfacher Hebel, der aus dem Lenkrad hervorschaut. Ein echter Oldtimer eben, denn die ersten Simcas kamen 1951 auf den Markt. Das erste Modell des französischen Automobilherstellers hieß Aronde - das französische Wort für Schwalbe. Seitdem ist der schnittige Vogel das Logo für die Liebhaberwagen.

Hans-Joachim Stephan, Direktor des DDR-Museums Zeitreise fährt die deutschlandweit einzige Simca 1000. Von diesem Modell gibt es in ganz Europa nur zirka 30 Stück. Mit dem helllackierten Wagen steht er Sonntagmittag an der Meißner Straße vor seinem Museum und wartet auf noch mehr hochglanzpolierte Oldtimer. Der tschechische Simca Club macht an diesem Tag seine Jahresabschlussfahrt nach Radebeul zum wahrscheinlich einzigen Simcafahrer in der Umgebung. „Wegen des Winzerzuges sind die Autobahnzubringer gesperrt“, ärgert sich Stephan, denn seine Gäste lassen auf sich warten. Auch der Parkplatz hinter dem Museum, wo die Autos eigentlich parken sollten, ist gesperrt. Eine halbe Stunde später kommen die tschechischen Gäste dann doch.

Ersatzteile sind rar

Noch vor der Wende war jedes Fahrzeug ein kostbares Gut. Mangelwirtschaft, jahrelange Wartezeiten und hohe Preise bestimmten die Automobilbranche. Mit seiner Simca ist das in gewisser Weise bis heute so geblieben, erzählt Stephan, schließlich gibt es Ersatzteile nicht in jeder Werkstatt. Die Liebe zu dem Fahrzeug entwickelte sich bereits in seinen Kindertagen. „Mein Vater fuhr die erste Simca und ich bin lange Zeit bei dieser Marke geblieben“, erzählt er. In Ostdeutschland war das Auto allerdings relativ unbekannt, während in der BRD viele eine Simca fuhren. Für seinen jetzigen Wagen ist er vor 15 Jahren bis nach Frankreich gefahren. Im 3400 Kilometer entfernten La Rochefoucauld stand sein Traumwagen von Gras umwachsen auf einem Bauernhof. Besonders stolz ist Stephan auf die Originalteile. Trotz ihrer 50 Jahre ist fast nichts ausgetauscht worden. Nur der Lack war irgendwann einmal ab. In einer Spezialwerkstatt hat er sich die Originalfarbe mischen lassen, und wenn er doch mal ein Teil austauschen muss, dann wendet er sich an die tschechischen Freunde.

Zweieinhalb Stunden haben sie für die knapp 150 Kilometer gebraucht. „Wenn ich ihn trete, dann schafft meiner noch 140 Kilometer in der Stunde“, lacht Stephan. Für ihn und die tschechischen Gäste bedeutet Simca fahren aber vor allem Entschleunigung. Sie wollen nicht, wie die meisten Autofahrer, gestresst durch den Straßenverkehr hetzen. Sie mögen das entspannte Gefühl beim Fahren.

So auch Michal Vitek, Vizepräsident des Simca-Clubs in Tschechien. Er ist unter den anderen Mitgliedern der Jüngste und hat trotzdem eine Schwäche für die alten Fahrzeuge. „Ich bin mit meinen Eltern als Kind oft in der Simca bis nach Usedom gefahren. So hat bei mir die Leidenschaft für diese Autos begonnen“ erzählt er in gebrochenem Englisch. Zurzeit fährt er eine graue Simca Talbot aus dem Jahr 1982. Sie hat mit elektrischen Fensterhebern und blinkenden Kontrollleuchten für die Bremsen schon eine modernere Ausstattung. Bis nach Paris und England ist er damit schon gefahren. „Ich habe das Auto vor vier Jahren für nur 500 Euro gekauft und der Verbrauch ist so gering wie bei einem modernen Fahrzeug“.

An diesem Sonntag wollen sich die Gäste aus Tschechien noch die Ausstellung im DDR-Museum ansehen, dann geht es schon zurück nach Prag. Die meisten Autos stehen über den Winter in der Garage. Auch Stephan fährt in der kalten Jahreszeit nur wenn es trocken ist, weil sonst die alten Teile schnell verschleißen würden. Im nächsten Jahr will Stephan dann nach Tschechien fahren zum nächsten geplanten Simca-Treffen.