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Zurück in Großenhain

Antje Richter hat den väterlichen Reinigungsbetrieb übernommen und ist zurück in Großenhain.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Putzt die Chefin eines Reinigungsunternehmens eigentlich noch selbst zu Hause? Antje Richter lacht. „Ja, klar, da bin ich wahrscheinlich auch zu penibel, das bringt der Beruf mit sich“, erklärt sie locker. Dabei ist sie anderen gegenüber klar im Vorteil, ein Kanister mit entmineralisiertem Wasser steht immer von Arbeit parat. Damit reinigt es sich garantiert streifenfrei, weiß die neue Firmenchefin. Sozusagen fürs häusliche Aushängeschild als neue Geschäftsführerin vom Großenhainer Reinigungs-Service Richter.

Seit Ende letzten Jahres hat sie den Betrieb mit immerhin 150 Mitarbeitern vom Vater Frank Richter übernommen. Dafür ist sie nach fast zehn Jahren in München und Salzburg wieder zurück nach Großenhain gekommen. Naja, der Freizeitwert sei da sicher höher gewesen, gibt sie unumwunden zu, aber irgendwann zieht es einen dann auch wieder nach Hause, auch, um irgendwann näher bei den Eltern zu sein, natürlich die Firma fortzuführen. Die Kontakte aufzufrischen ging dabei ziemlich schnell – kein Wunder, wenn man als Premiumsponsor quasi zur Großenhainer Fußballfamilie gehört. Der jungen Chefin ist es wichtig, dass auch diese Firmentradition beibehalten wird, dass die Kinder und Jugendlichen lernen, im Team zu spielen, Ausdauer, Ehrgeiz und Genauigkeit entwickeln – alles Dinge, die sie später im Leben schließlich auch brauchen.

Die 36-Jährige hat ursprünglich Wirtschaftsingenieurwesen studiert und später bei Dussmann Service und der Deutschen Bahn AG gearbeitet. Fachwissen und Teamarbeit – so ließen sich die beiden Stationen vielleicht auf den Punkt bringen. Beides bringt sie nun hier ein, in eine Firma, in der der Vater schon immer auf Branchenneuerungen geschaut und neue Akzente gesetzt hat. Stark ausgebaut hat die Firma in den letzten Jahren so die Reinigung von Solarmodulen. Mal auf Stalldächern, mal in luftiger Höhe auf Industriedächern oder eben in verschiedensten Varianten auf Privathäusern. Daher auch das entmineralisierte Wasser, denn auf den riesigen freien Dachflächen verbietet sich jede Chemie.

Seit letztem Jahr hat die Firma neben den speziellen Reinigungswagen für Solardächer auch eine eigene Hebebühne – denn sie ist schon komfortabler als auf Dächer herumzuturnen, so Antje Richter. Die meisten Beschäftigten bleiben aber ganz herkömmlich am Boden. Und sind unterwegs in Schulen, Altenheimen, Firmenbüros oder eben Baustellen, wenn alle anderen Gewerke abgezogen sind. Gerade die geringfügig Beschäftigten sind wichtig, um die vielen kleineren lokalen und regionalen Aufträge überhaupt annehmen zu können.

Die Frau ohne Führerschein, die die Büros in aller Herrgottsfrühe abradelt – es gibt sie noch – und für viele ist der Job wirklich wichtig. Mit dem Image „Putzmuddel“ hat das längst nichts mehr zu tun. „Das ist Handwerk“, sagt Antje Richter selbstbewusst. Die dreijährige Lehre umfasst jede Menge Wissen über Chemikalien, Technik und natürlich Materialien, die heute in Wände, Böden oder Fassaden verbaut werden. Die normale Unterhaltsreinigung liegt derzeit beim Mindestlohn von 9,05 Euro – der Glaslohn bei 11,53 Euro. Das ist so, weil diese Mitarbeiter natürlich auch hoch hinaus müssen, neben der Hebetechnik auch Seile und Gurte beherrschen.

Wer für welchen Job der oder die Richtige ist, sehen sich die technischen Leiter oder die Chefin sowieso vorher genau an. Denn es gilt nicht nur vielleicht 15 000  Quadratmeter Glasflächen am Landgericht Dresden zu reinigen, sondern auch mal einen unerfreulichen Anblick in öffentlichen Sanitäranlagen oder in einer Messi-Wohnung zu beseitigen. Grundsätzlich gibt es nichts, was es nicht gibt. Und wo sieht die Firmenchefin Nachfrage? Im ureigenst häuslichen Bereich. Privathäuser reinigen ist im Kommen – und das stellt ganz neue Anforderungen.