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Zum fünften Mal „Die Glocke“

Damit feiert der Chor in der Marienkirche seinen 70. Geburtstag. Dirigent Lars Deke nimmt seinen Abschied.

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Schon Friedrich Schiller wusste: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet! Der Wahn ist kurz, die Reu´ ist lang.“ Oder: „Gefährlich ist´s, den Leu zu wecken, verderblich ist des Tigers Zahn; jedoch der schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn.“ Diese geflügelten Worte stammen aus Schillers „Lied von der Glocke“, das Andreas Romberg vertonte.

Schon fünfmal hat die Singgemeinschaft Großenhain dieses wort- und musikgewaltige Werk aufgeführt – sicher nicht von ungefähr. Denn der Dichter beschreibt darin nicht nur poetisch und innbrünstig das Gießen einer Glocke, sondern webt Lebensgeschichtliches aus seiner Zeit, Liebe und Sturm, Feuer und Freude mit hinein. Es gereicht einem Chor offensichtlich zur Ehre, die „Glocke“ vor Publikum aufzuführen. Und sie bedeutet den Großenhainer Chorsängern erklärtermaßen sehr viel.

Schon 1950, fünf Jahre nach Gründung des damaligen Jugendchores durch Klaus Scheumann, sangen fast 100 Sänger in Großenhain die einstündige Aufführung zum ersten Mal. Im Schillerjahr 1955 folgte die zweite Einstudierung. Das dritte Mal war 1993, das Vierte ein Jahr später in Großenhain und der Partnerstadt Öhringen. Nun ertönte die „Glocke“ am Freitagabend wieder zum 70. Geburtstag der Singgemeinschaft.

Die Kantorei, vier Solisten und die Elbland Philharmonie Sachsen standen mit auf der Bühne vor dem gut gefüllten Gotteshaus. Für Chorleiter Lars Deke war es allerdings der letzte Auftritt mit seinen Großenhainern. Der Hoyerswerdaer Musiklehrer gab die Leitung nach 20 Jahren in neue Hände: Kantorin Anne Nitsche aus Görzig wird die Singgemeinschaft künftig führen. Vereinsvorsitzende Maren Göpel stellte sie beim Festkonzert erstmals vor.

Das Chorjubiläum bot auch Anlass zu einer Rückschau auf ein vielfältiges musikalisches Wirken. Den Anfang machte der 1950 erst 18-jährige Scheumann mit 19 jungen Sängern. Über 600 Konzerte und Auftritte, auch Rundfunkaufnahmen hat der Chor seitdem absolviert. Gottfried Förster und Elfriede Bielack singen laut Chronik schon mehr als 60 Jahre im Verein. Jutta Menzel, Karl-Heinz Drobisch und Joachim Hähner immerhin mehr als 55 Jahre.

Neben vielen Konzerten in Großenhain gastierte die Singgemeinschaft in Riesa beim Arena-Singen, mit Volksliedern auf der Felsenbühne Rathen, bei Chorfesten in Moritzburg und Schloss Wackerbarth oder im Findlingspark Nochten. 2007 durften die Großenhainer die Dresdner Musikfestspiele in der Kreuzkirche mit eröffnen.

Gemeinsam musiziert wird mit der Musikschule, den Landesbühnen Sachsen, dem Winzerchor Spaargebirge oder dem Männerchor Großenhain-Reinersdorf. 1994 hatte der Kirchenvorstand der Marienkirche es aber noch abgelehnt, die „Glocke“ als Helft-uns-helfen-Konzert für den Wiederaufbau der Frauenkirche im Gotteshaus erklingen zu lassen.

Damals war Klaus Scheumann noch Chorleiter. Die Singgemeinschaft wich auf die heutige Remontehalle aus und führte das Stück mit dem Sängerbund Öhringen auf. „Knapp 7000 Mark wurden dann für die Frauenkirche gespendet“, so Maren Göpel. Nun erklang der Schlusschor „Friede sei ihr erst Geläute“ am Freitag in der Marienkirche sogar zwei Mal. Und gleich danach hörte man die echten Kirchenglocken – ergreifend!