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Zum Dienst am Schlauch gezwungen

Der Oberbürgermeister würde notfalls das Rathaus-Personal zur Brandbekämpfung losschicken. Davon hält die Feuerwehr wenig.

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© SZ-Archiv/Roland Halkasch

Von Peggy Zill

Coswig. Da könnte Oberbürgermeister Frank Neupold (parteilos) plötzlich allein am Beratungstisch sitzen, wenn Bürgermeister, Bauamtsleiter und Ordnungsamtschef zum Einsatz gerufen werden. Immerhin müssten sich die Rathaus-Mitarbeiter nicht durch den Berufsverkehr kämpfen. Das Gerätehaus ist keine 500 Meter entfernt und locker zu Fuß erreichbar. Den Gedanken, dass notfalls die Mitarbeiter der Stadtverwaltung für die Feuerwehr zwangsverpflichtet werden – sofern sie gesundheitlich dazu in der Lage sind – äußerte Neupold zur Stadtratssitzung am Mittwochabend. Dort hatte Martin Burmeister, Mitarbeiter der Verwaltung und selbst Feuerwehrmann, den Brandschutzbedarfsplan vorgestellt. Zusammengefasst: Technisch sind die Coswiger ganz gut ausgestattet, auch wenn ein paar Neuanschaffungen aufgrund fehlender Fördermittel verschoben werden mussten. An Personal mangelt es aber nach wie vor. Seit 2011 sinkt die Zahl der Mitglieder. „Obwohl wir dieses Jahr in Coswig zehn Neuzugänge hatten“, freut sich Burmeister. Von über 60 Mitgliedern sind in Coswig aber nur etwa 30 wirklich aktiv. In Brockwitz sind es vier bis fünf, die regelmäßig zum Dienst und Einsatz erscheinen. Tagsüber genug Einsatzkräfte zusammenzubekommen, wird immer schwieriger. „Aber das ist ein Ehrenamt. Man kann niemanden dazu zwingen“, fasst es Burmeister zusammen.

Kann man, wenn es irgendwann wirklich zu wenige Leute geben sollte. Das Gesetz regelt, dass die Gemeinde eine Pflichtfeuerwehr aufzustellen hat, wenn keine Freiwillige zustande kommt. „Zur Sicherstellung der Mindeststärke einer freiwilligen Feuerwehr können auch einzelne Einwohner und Gemeindebedienstete zum Dienst verpflichtet werden, so weit sie feuerwehrdienstpflichtig sind“, heißt es weiter im Gesetz.

Laut Neupold will die Verwaltung aber vorher dafür sorgen, dass mehr freiwillige Kameraden im Rathaus arbeiten. Die Kollegen müssten aber auch in die Verwaltung passen und bestimmte gesetzliche Regelungen bei Neueinstellungen beachtet werden. „Aber wir wollen verstärkt für das Ehrenamt werben“, so der Oberbürgermeister. Er plädiere außerdem für eine Feuerwehrabgabe, um die Kameraden besser bezahlen zu können. „Und Firmen sollten sich am Schutz beteiligen. Entweder mit Geld oder mit Personal“, sagte Neupold. Dass nicht jeder von seinem Arbeitsplatz weg kann, verstehe er. Aber jeder verlasse sich schließlich darauf, dass jemand löschen kommt, wenn es brennt. Da könnten doch in Betrieben Leute abgestellt werden. Hausmeister zum Beispiel. Selbst auf diesen Vorschlag hin hätten viele abgewunken. „Ich kann die Ausreden nicht mehr hören, wenn es um die Feuerwehr geht.“ Früher oder später müssen sich die Stadt und ihre Nachbarkommunen etwas einfallen lassen, um die nötige Personalstärke zu sichern. „Aber im Moment haben wir eine gute Feuerwehr.“

Wehrleiter Andreas Schorbogen hält von der Zwangsrekrutierung wenig. „Wer gezwungen wird, macht es mit Widerwillen, nicht mit Herz. Der findet dann immer eine neue Ausrede, weshalb er nicht kommen kann.“ Zudem geht es nicht nur um die Einsätze. Die Feuerwehrleute müssen auch regelmäßig zur Ausbildung. Diese Dienste wiederum finden in der Freizeit statt. „Es hat aber auch schon Fälle gegeben, da sind die Leute durch den Zwang auf den Geschmack gekommen“, erzählt Schorbogen. Die Kameradschaft hätte sie überzeugt.