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Zum Abschied ein Abwasserkanal

Rainer Böhme war fast 22 Jahre Geschäftsstellenleiter des AZV Königsbrück. Jetzt wartet der (Un-)Ruhestand.

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© René Plaul

Von Nadine Franke

Königsbrück. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge sieht Rainer Böhme seinem neuen Leben als Rentner entgegen. Dabei hat er sich das nach 45 Jahren im Arbeitsleben redlich verdient. Selbstverständlich ist er froh, heute seinen letzten Arbeitstag zu haben. Doch die Arbeit war kein notwendiges Übel, sondern er hatte viel Spaß daran und blickt stolz darauf zurück, was er im Berufsleben erreicht hat.

Die Wende kam Rainer Böhme zupass, denn er gibt zu, dass er immer ein kritischer DDR-Bürger war und auch nie der Partei angehörte. 1990 wurde er Mitglied im Königsbrücker Stadtrat und er war der zuständige Stadtratvertreter für den im Januar 1991 gegründeten Abwasserzweckverband (AZV) Königsbrück. Er ist gelernter Schlosser, doch schließlich holte er sein Abitur an der Volksschule nach, studierte Chemie und arbeitete 18 Jahre im Bernsdorfer Glaswerk in leitender Position, bevor er die Arbeit für den AZV aufnahm.

Rainer Böhme ist bis heute der Geschäftsstellenleiter des AZV Königsbrück. Seit 21 Jahren und 9 Monaten. Er war maßgeblich an dem Aufbau der Infrastruktur im Verbandsgebiet beteiligt. Böhme sagt stolz: „1990 umfasste das gesamte Abwassernetz gerade mal zwölf Kilometer Kanal. Heute kommen wir auf eine Kanallänge von rund 90 Kilometern.“

Neuer Leiter mit einem jungen Team

Der Höhepunkt war natürlich die Inbetriebnahme der Kläranlage in Königsbrück am 19. April 1995. Es war das größte Projekt, denn zu diesem Zeitpunkt war der Hauptsammler in Königsbrück und Laußnitz fertiggestellt. Doch damit war die Arbeit noch nicht getan. In den folgenden Jahren wurde das Abwassernetz vergrößert und bis 2002 waren dann auch Gräfenhain und Höckendorf angeschlossen. Diese Arbeit ist in Rainer Böhmes Augen sehr gelungen. Auch die Zusammenarbeit mit den Bürger verlief fast problemlos. Er sagt: „Wir hatten keine Bürgerinitiative gegen uns, denn wir waren ehrlich und direkt zu den Einwohnern. Hier arbeiten wir sehr lösungsorientiert und kompromissbereit.“

Zuletzt konnten 2014 die Ortsteile der Gemeinde Neukirch im AZV vereint werden. Der Gemeinderat von Neukirch entschied sich allerdings für die dezentrale Abwasserentsorgung. Die vollbiologischen Kläranlagen müssen von den Mitarbeitern der AZV geprüft und abgenommen werden. Das ist gerade ein Hauptteil der Arbeit. Doch auch das Abwassernetz muss jetzt versorgt werden. „Ich bin stolz darauf, was wir alles erreicht haben. Wir konnten dieses Abwassernetz aufbauen, jetzt muss es natürlich erhalten werden.“ Die größte Herausforderung wird in Zukunft die Reparatur und Sanierung älterer Rohre sein, welche noch aus DDR-Zeiten stammen. Aber diese Aufgabe fällt Lars Mögel zu. Er ist selbst seit 1995 im AZV tätig. Jetzt übernimmt er die Position des Geschäftsstellenleiters und wird sich mit seinem jungen Team um die Abwasserkanäle kümmern.

Auf die faule Haut legen? Nein!

Rainer Böhme hingegen kann sich in Zukunft ganz anderen Interessen widmen. Seine Verabschiedung wurde groß im Via-Regia-Haus gefeiert. Als Andenken bekam er tatsächlich ein Stück eines Abwasserkanals geschenkt. „Das kommt in meinen Garten“, lächelt Rainer Böhme und freut sich über diese ausgefallene Geste.

Doch nur weil er ab August als Rentner gilt, will er noch lange nicht rasten. „Nächste Woche habe ich bereits Enkeldienst“, lächelt Rainer Böhme. Er hat acht Enkel, für die er in Zukunft viel Zeit haben wird. Aber auch im Haus und auf dem großen Grundstück fällt viel Arbeit an. „Es ist gut, im Sommer in den Ruhestand zu gehen, da gibt es im Garten genug zu tun.“ Denn jetzt auf der faulen Haut zu liegen, kommt für Rainer Böhme nicht infrage. „Ich bin jetzt zwar im Ruhestand, aber ich will wie gehabt jeden Morgen mit meiner Frau aufstehen“, sagt er. „Es gibt immer etwas Wichtiges zu tun.“

Neben der Arbeit war Rainer Böhme immer ein viel beschäftigter Mann und er freut sich darauf, diesen Interessen in seinem Ruhestand vermehrt nachzugehen. Als Mitglied im Königsbrücker Posaunenchor spielt er jedes Jahr auf gut hundert Geburtstagen und Gottesdiensten. Nicht nur die Musik gehört in sein Leben, sondern auch die Geschichte. Er ist nicht nur im Heimatverein tätig, sondern ebenso Mitglied im Geschichtsverein Königsbrück. Dort arbeitet er an den aufgegebenen Dörfern des Truppenübungsplatzes. „Daran habe ich persönlich Interesse, denn mein Großvater war der letzte Bürgermeister in Krakau.“ Nebenher betätigt er sich sportlich auf der Kegelbahn. Doch auch die Politik kommt nicht zu kurz, Rainer Böhme ist im Königsbrücker CDU-Vorstand. Langeweile wird im Leben des frisch gebackenen Rentners also nicht aufkommen.