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Zucker – die unentdeckte Gefahr

Der Freitaler Chefarzt Matthias Weck erklärt, warum ein regelmäßiger Check von Blutdruck und Co. so wichtig ist.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Freital. Ein kleiner Pikser, ein Tropfen Blut, ein paar Sekunden später spuckt das Gerät das Ergebnis aus: Diabetiker müssen ihren Blutzuckerwert ständig im Blick haben. Andere dagegen haben erhöhte Glucose-Werte, ohne überhaupt davon zu wissen. Anlässlich des Weltgesundheitstags lädt das Klinikum Freital am Sonnabend, 8. April, zum Aktionstag „Freital misst“ ein. Die SZ sprach mit Prof. Dr. Matthias Weck. Er ist Chefarzt an der Klinik für Diabetologie der Weißeritztal-Kliniken Freital.

Prof. Dr. Matthias Weck ist Diabetologe und Chefarzt an den Weißeritztal-Kliniken Freital. Er leitet das Diabeteszentrum.
Prof. Dr. Matthias Weck ist Diabetologe und Chefarzt an den Weißeritztal-Kliniken Freital. Er leitet das Diabeteszentrum. © Foto: Klinikum

Herr Weck, was ist das Ziel dieses Aktionstages?

Es geht darum, die Menschen zu sensibilisieren. Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung interessiert sich für seine Daten wie Körpergewicht, Blutdruck oder Blutzuckerwert. „Mein Arzt prüft das doch“, hören wir Diabetologen immer wieder. Dabei ist es für bestimmte Personengruppen wichtig, diese Werte regelmäßig zur überprüfen. Das kann man auch ohne große Mühe selbst tun.

Warum ist das Messen so wichtig?

In Deutschland leiden zehn Millionen Menschen unter Diabetes – mit steigender Tendenz: Schätzungen zufolge kommen bis zum Jahr 2030 noch mal ein bis anderthalb Millionen Menschen dazu. Das liegt daran, dass die Menschen heute immer älter werden. Außerdem gibt es unter Diabetikern eine hohe Dunkelziffer: Ein großer Teil unserer Bevölkerung hat erhöhte Blutzuckerwerte, ohne es zu wissen.

Welche Personen wollen Sie mit dem Aktionstag ansprechen? Also wer sollte regelmäßig seine Werte prüfen?

Wir raten Personen mit familiärer Vorbelastung, ihre Werte ab einem Alter von etwa 40 Jahren regelmäßig checken zu lassen, ohne Vorbelastung ab 50 Jahren. Zur Risikogruppe gehören außerdem Menschen mit Übergewicht. In solchen Fällen kann es zum Beispiel schon in jungen Jahren zu Diabetes kommen.

Was passiert, wenn Diabetes unentdeckt bleibt?

Wer nichts gegen zu hohe Blutzuckerwerte unternimmt, der hat ein großes Risiko für einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder Gefäßverkalkungen. In manchen Fällen kann es bis zur Amputation oder Erblindung kommen. Gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung sind wichtig, nicht nur um Diabetes zu vermeiden. Es schützt zum Beispiel auch vor Demenz.

Viele Patienten kennen den Test, bei denen mit einem kleinen Nadelpikser ein Tropfen Blut aus der Fingerkuppe genommen und dann per Teststreifen der Blutzuckerwert bestimmt wird. Gibt es inzwischen auch Alternativen?

Das Problem ist, dass es sich bei diesen Tests um eine Momentaufnahme handelt. Der Blutzuckerwert ändert sich aber quasi minütlich. Mittlerweile gibt es Technik, mit deren Hilfe der Blutzucker kontinuierlich gemessen wird. Noch relativ neu aber vielversprechend ist ein Verfahren, bei dem ein Zwei-Euro-Münzen großer Sensor auf dem Oberarm platziert wird. Er misst zwei Wochen lang den Gewebszucker, der dem Blutzucker nahekommt. Per Scanner sind die Werte abrufbar.

Was ist der Vorteil dieser Methode?

Für die Betroffenen erleichtert es den Umgang mit der Krankheit. Über den Scanner können sie direkt sehen: Wie wirkt sich Essen auf die Zuckerwerte aus, was passiert bei Bewegung? Auch für den Arzt sind die Werte interessant. Denn mit ihnen kann man gut erkennen, wo Problemfelder sind. Das ist zum Beispiel wichtig für die Insulineinstellung. Inzwischen hat sich auch die Technik der Insulinpumpen weiterentwickelt.

Amputationen sind bei einem diabetischen Fuß das letzte Mittel. Das Klinikum Freital ist ausgezeichnet für seine im Weltvergleich relativ niedrigen Amputationsraten.

Ja, und wir wollen auch weiter daran arbeiten. Ab Herbst nehmen wir an einer Studie teil. Dabei geht es um die Erprobung einer Methode, bei der aus Hautzellen sozusagen „Stammzellen“ entstehen und per Spritze dem betroffenen Diabetiker injiziert werden. Die Stammzellen sollen die Gefäßneubildung anregen und so schlussendlich eine Amputation verhindern.

Wie kann Diabetikern im Klinikum Freital geholfen werden?

Seit 1997 haben wir ein zertifiziertes Diabeteszentrum. Wir sind dort auf die Behandlung des diabetischen Fußes spezialisiert. Zum Team gehören neben Diabetologen und Ernährungsberaterinnen auch die Kollegen aus dem Bereich der Angiologie und Gefäßchirurgie. Außerdem arbeiten wir eng mit dem Adipositaszentrum hier am Klinikum zusammen. Dieses ist auf die Behandlung von schwer übergewichtigen Personen ausgerichtet.

Das Gespräch führte Carina Brestrich.