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Zu viele wilde Katzen

Der Tierschutzverein Bischofswerda schlägt Alarm. Und fordert Kastrationspflicht.

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© Steffen Unger

Von Gabriele Naß

Bischofswerda. Von mehreren Fällen, bei denen die Katzenhaltung aus dem Ruder gelaufen ist, berichten die stellvertretende Vorsitzende vom Tierschutzverein Bischofswerda, Manja Gumpert und die langjährige, aber als solche nicht mehr aktive Vorsitzende Elvira Langnickel. In einem Fall geht es um einen Mann, der fünf Katzen von seinen Nachbarn bei sich aufnahm, weil sie im leid taten. Die Nachbarn zogen weg, nahmen aber ihre Tiere nicht mit. Die Tierliebe verkehrte sich dann aber ins Gegenteil. Inzwischen hat er 25 Katzen und kommt damit nicht mehr klar, die Tiere verkommen. Und der Tierschutzverein soll helfen. „Wir helfen auch, aber es gefällt uns nicht. Das ist unvernünftig“, sagt Manja Gumpert. Entgegen dem Rat, mit den Tieren zum Tierarzt zu gehen und bei den Kosten einen vom Tierschutzverein aus dessen Mitteln finanzierten Kastrationsgutschein in Anspruch zu nehmen, habe er die Tiere nur spritzen lassen. Wohl aus Mitleid. Aber dies habe die Wirkung wohl verfehlt.

Katze Rosi (links) und Kater Kurt sind Geschwister. Der Tierschutzverein konnte beide Tiere, die jetzt 20 Wochen alt sind, an einen neuen Halter vermitteln.
Katze Rosi (links) und Kater Kurt sind Geschwister. Der Tierschutzverein konnte beide Tiere, die jetzt 20 Wochen alt sind, an einen neuen Halter vermitteln. © privat
Merle wurde in Pickau gefunden und kam zunächst ins Tierheim. Dort war sie so ängstlich, dass sie der Bischofswerdaer Tierschutzverein zurückholte. Jetzt sucht Merle ein neues Zuhause.
Merle wurde in Pickau gefunden und kam zunächst ins Tierheim. Dort war sie so ängstlich, dass sie der Bischofswerdaer Tierschutzverein zurückholte. Jetzt sucht Merle ein neues Zuhause. © privat
Katze Rosi (links) und Kater Kurt sind Geschwister. Der Tierschutzverein konnte beide Tiere, die jetzt 20 Wochen alt sind, an einen neuen Halter vermitteln.
Katze Rosi (links) und Kater Kurt sind Geschwister. Der Tierschutzverein konnte beide Tiere, die jetzt 20 Wochen alt sind, an einen neuen Halter vermitteln. © privat

Es gibt mehrere Fälle in Bischofswerda und in Dörfern der Umgebung in der jüngsten Zeit, in denen der Tierschutzverein Bischofswerda um Hilfe gebeten wird. Jedes Mal treffen sie dann auf Elend, sagen Elvira Langnickel und Manja Gumpert. Jedes Mal finden sie eine Massenansammlung von Tieren vor, darunter verwahrloste, aber auch schwerkranke Tiere, die gleich eingeschläfert werden müssen. „So lange Menschen denken, dass Tiere nicht fühlen können, müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken können“, sagt Manja Gumpert. Sie und ihre Mitstreiter vom Tierschutzverein fordern eine Kastrationspflicht für wilde Katzen, wie sie Radeberg hat, endlich auch in Bischofswerda und den Gemeinden der Umgebung. Manche Katzenhalter bräuchten einfach ein Druckmittel. Ohne Kastrationspflicht fehle die Handhabe, sagen die Mitglieder vom Tierschutzverein.

Großes privates Engagement

Die Hilfe des Tierschutzvereines finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und dem ehrenamtlichen Enthusiasmus seiner Mitglieder. Mehrmals im Jahr lassen sie damit zugelaufene wilde Tiere kastrieren oder medizinisch versorgen. Manja Gumpert kam dazu, als sie über das Schicksal einer ihr 2005 zugelaufenen Katze näher Kontakt bekam zum Tierschutzverein. Garry, eine Rassekatze, war draußen lange sich selbst überlassen und in einem erbärmlichen Zustand, als sie an der damals noch offenen Gaststätte „Morgensonne“ gefunden wurde. Nur mit großem privaten Engagement, der Hilfe des Vereins und eines öffentlichen Aufrufes in der SZ, durch den sich Spender fanden, habe das Tier gerettet werden können. Seitdem engagiert sich die Bischofswerdaerin auch für andere Tiere. Aber es sei schwierig, Leute zu finden, die auch mitmachen. „Ich habe keine Kinder, ich kann mich reinknien. Aber ich arbeite Schichten“, sagt Manja Gumpert. Immerhin hat der Tierschutzverein Bischofswerda zurzeit 50 Mitglieder. „Das Durchschnittsalter liegt aber bei 63 Jahren. Das heißt, uns fehlen die jungen Leute, wir suchen sie“, sagt Elvira Langnickel. Gesucht werden Mitstreiter unter anderem für Pflegestellen, „wo aufgefundene Tiere zwei, drei Tage unterkommen können“ bis für sie eine andere Lösung gefunden ist, sagt die ehemalige Vorsitzende. Benötigtes Zubehör oder Futter stellt der Verein zur Verfügung. Das Problem, sagt Manja Gumpert, ist nicht, dass es nicht genügend tierliebe Menschen geben würde, die gern helfen. Aber ein Tier bei sich aufzunehmen setze voraus, dass Platz zur Verfügung steht, die Leute Zeit haben und Interesse. Leider komme zu selten alles zusammen. Aber wer helfen wolle, könne auch mit einer Spende Gutes tun. „Oder uns beim Wiederaufbau der Internetseite unseres Vereins unterstützen. Wir suchen dringend jemanden, der das kann“, sagt Manja Gumpert.

Vermittlung erfolgreich

Ein eigenes Tierheim hat der Tierschutzverein Bischofswerda nicht. Es gibt einen Vertrag zwischen der Stadt Bischofswerda und dem Tierheim Bloaschütz über die Aufnahme ausgesetzter und aufgegriffener Tiere. Wilde Katzen betrifft das nicht. Auf Grundlage des Vertrages übernimmt der Bautzener Tierschutzverein, der das Tierheim betreut, von der Stadt die Aufgabe, Fundtiere oder im Rahmen polizeilicher Maßnahmen sichergestellte bzw. beschlagnahmte Tiere unterzubringen, sie zu versorgen und tierärztlich zu betreuen. Dafür zahlt die Stadt 4 000 Euro im Jahr.

Das Schicksal der vielen wilden Katzen liegt oft in den Händen der Mitglieder des Tierschutzvereins. Immer wieder nehmen sie selbst Tiere bei sich auf. Manja Gumpert zum Beispiel betreut neben dem wieder gesunden Garry vorübergehend auch Merle. Für die Fundkatze aus Pickau sucht sie aber dringend Abnehmer, liebe nette Leute, die mit ihr umgehen können. Merle kam zuerst ins Tierheim. Dort war sie aber so ängstlich, dass sie aggressiv wurde, erzählen die Frauen. Sie musste dort weggeholt werden. Die schnurrenden Geschwister Rosi und Kurt hatten bereits Glück. Der Tierschutzverein konnte sie jetzt vermitteln. Sie wurden von einem Bauernhof in der Nähe von Bischofswerda weggeholt. Der Besitzer hatte den Tierschutzverein zur Hilfe gerufen, nachdem er selbst nicht mehr klarkam, heißt es. Die Tiere sind jetzt 20 Wochen alt und kamen vorübergehend in Wilthen unter. Das Besondere an Kurt: Er hat ein gelbes und ein blaues Auge.

Kontakt zum Tierschutzverein Bischofswerda: Manja Gumpert, 0162 910474; Elvira Langnickel, 03594 712086

Konto für Spenden: DE 17 855 500 00 1000 513110 bei der Kreissparkasse Bautzen, Kennwort: Tierschutzhilfe