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Zu Gast bei Legenden

Wie ein Kamenzer Hochgebirgsexperte vom Hutberg sich auf eine Reise in die Geschichte des Alpinismus begab.

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© Wolfgang Heichel

Von Wolfgang Heichel

Kamenz. Endlich konnte ich in diesem Oktober vom Kamenzer Hutberg aus eine schon lange geplante Reise zu interessanten Persönlichkeiten aus der Geschichte des Alpinismus antreten. Innerhalb von fünf Tagen traf ich viele weltbekannte und bedeutende Bergsteiger sowie Filmemacher.

Norman Dyhrenfurth (99) mit Lebensgefährtin Marie (97). Schon 1952 war er Kameramann bei einer Schweizer Everest Expedition. 1963 führte er die erste Überschreitung des Everets-Gipfelaufbaus durch. J.F. Kennedy zeichnete den Filmemacher dafür aus. Marylin
Norman Dyhrenfurth (99) mit Lebensgefährtin Marie (97). Schon 1952 war er Kameramann bei einer Schweizer Everest Expedition. 1963 führte er die erste Überschreitung des Everets-Gipfelaufbaus durch. J.F. Kennedy zeichnete den Filmemacher dafür aus. Marylin © Wolfgang Heichel

Erste Station war Roth bei Nürnberg. Hier besuchte ich Fritz Bechtold, den gleichnamigen Sohn des berühmten Teilnehmers der Nanga Parbat-Expeditionen 1932, 1934, 1937, 1938, der im Oktober dieses Jahres achtzig Jahre alt wurde. Eder Vater verlor bei diesen vier Expeditionen 26 Kameraden und Sherpas. Nicht umsonst wird dieser Achttausender auch der Schicksalsberg der Deutschen genannt. An diesem Tag war gerade auch der Besitzer von großen Teilen der Märchenwiese am Nanga Parbat bei Fritz Bechtold anwesend. Am Rakhiot-Gletscher wurden in diesem Jahr in über 5 000 Meter Höhe zwei Tagebücher gefunden, welche eindeutig Peter Müllritter gehörten, welcher dort 1937 bei einem Lawinenunglück ums Leben kam.

Anwalt von Reinhold Messner

Weiter führte meine Reise zum Samerberg südlich des Chiemsees, wo ich Gerhart Klamert traf. Er ist inzwischen 92 Jahre alt, war 1954 mit dem Eiger-Erstbesteiger Anderl Heckmair und 1959 im Karakorum auf Expedition und vertrat Reinhold Messner Anfang der siebziger Jahre in 14 Prozessen gegen den Expeditionsleiter Herrligkoffer als Rechtsanwalt. Dann ging es in die Nähe von Traunstein, wo ich mit dem bekannten Alpinredakteur Hans Steinbichler ein Meeting hatte. Er feierte vor kurzer Zeit seinen achtzigsten Geburtstag.

Weiter führte meine Reise zum Tegernsee, wo ich mit vielen Bekannten vom Nanga Parbat zusammentraf, so mit Anderl Mannhardt (77), der 1962 als Zweiter mit Toni Kinshofer und Sigi Löw den Nanga Parbat-Gipfel erreichte. Dort gab es auch interessante Gespräche mit dem weltberühmten Filmemacher Gerhard Baur (fast 70) und Hans Engl (72), der als erster Deutscher und ohne künstlichen Sauerstoff 1978 am Gipfel des Mount Everest stand.

Die Höhepunkte meiner Reise standen aber noch bevor. Am Tegernsee traf ich auch den fast 99 Jahre alten Norman Dyhrenfurth und seine Lebensgefährtin Marie, 97 Jahre jung. Bereits 1952 fungierte er als Kameramann bei einer Schweizer Expedition am Mount Everest und 1960 bei der Erstbesteigung des Dhaulagiri. Im Jahr 1963 folgte dann als Leiter einer amerikanischen Expedition sein alpinistischer Höhepunkt. Mehrere Teilnehmer der Expedition bestiegen über eine neue Route den Mount Everest und führten im Anschluss die erste Überschreitung des Gipfelaufbaus durch. Für diese fantastische alpinistische Leistung wurde er nach der Rückkehr von dem amerikanischen Präsidenten J. F. Kennedy im Weißen Haus mit der Hubbard-Medaille der National Geographic Society ausgezeichnet. Er war ein berühmter Filmemacher, und sogar Marylin Monroe gehörte zu seinen Studentinnen. Mit ihm und seiner Frau führte ich ein stundenlanges hochinteressantes Gespräch über verschiedene Themen der Alpingeschichte.

Die Tragödie am K2 erinnert

Abschließend stand noch die Reise zu dem fast 85-jährigen Kurt Diemberger im Programm. Entlang der mit Lkw überfüllten Autobahn quälte ich mich über den Brenner bis nach Bologna, wo er seinen Stammsitz hat. Dort weilte ich zwei Tage in seinem Haus in Calderino in den Apenninen, oberhalb von Bologna. Kurt ist neben dem 1957 mit einer Wechte abgestürzten Hermann Buhl der einzige Bergsteiger, welcher zwei Achttausender erstbestiegen hat. Weltberühmt wurde er nach der Tragödie 1986 am K 2. Damals starben 13 Bergsteiger in einer tagelangen Odyssee, darunter auch seine britische Filmpartnerin Julie Tulis. In seinem großen, mit Büchern, Landkarten, Bildern, Fotos, Bergsteigerutensilien überfüllten Haus führten wir stundenlange Gespräche über die Alpingeschichte, mit vielen Tragödien, aber auch vielen freudigen Erlebnissen.

Von diesen Eindrücken werde ich mein Leben lang zehren und versuchen, einiges davon zu Papier zu bringen. Wann hat man im Leben schon einmal das Glück, innerhalb weniger Tage so viele weltbekannte und einmalige Personen der Bergsteigergeschichte zu treffen ...