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Alle wollen Max noch einmal sehen

Das Reptil ist schwer krank. Jeden Tag muss es 75 Tabletten schlucken. Am Dienstag steht Max eine Untersuchung bevor, die möglicherweise zu seiner Einschläferung führt.

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© Christian Juppe

Von Juliane Richter

Gregor Pocklitz ist sichtlich mitgenommen. Schon um 8.30 Uhr ist er am Sonnabend mit seiner vierjährigen Tochter Amalia in den Zoo gekommen, um Leistenkrokodil Max zu besuchen. „Ich habe gestern im Internet gelesen, dass er krank ist“, sagt er mit leicht zitternder Stimme. Pocklitz ist 35 Jahre alt und großer Max-Fan. Schon als Kleinkind war der Dresdner mit seiner Mutter regelmäßig im Zoo – Max war bei jedem Besuch fest eingeplant.

Gregor Pocklitz und Tochter Amalia können sich einen Zoobesuch ohne Max nicht vorstellen.
Gregor Pocklitz und Tochter Amalia können sich einen Zoobesuch ohne Max nicht vorstellen. © Christian Juppe

Diese Tierliebe hat er an seine Tochter Amalia weitergegeben. Die schaut suchend in das große Gehege, kann das mehr als 4,50 Meter lange Leistenkrokodil jedoch nicht entdecken. Die Tierpfleger haben eine mehr als 1,20 Meter hohe Bretterwand aufgebaut, hinter der Max liegt. Die erwachsenen Besucher stellen sich auf die Zehenspitzen oder halten ihre Kameras in die Höhe, um ein Foto von Max zu machen. Die Eltern nehmen wiederum ihre Knirpse auf die Schultern, sodass denen wenigstens ein Blick auf die zackige Rückenansicht möglich ist. Die vierjährige Amalia schaut mit ihren großen braunen Augen recht traurig. „Max war das erste Wort, dass sie gesagt hat“, erzählt ihr Vater. So überrascht es nicht, dass Amalia statt eines kuscheligen Plüschtiers ein Plastekrokodil dabei hat, das natürlich auch Max heißt. „Max kann nicht mehr pullern“, sagt sie. Der Vater, der als Zahnarzt arbeitet, hat ihr erklärt, dass das fast 60-jährige Krokodil Nierenprobleme hat.

Dass mit Max etwas nicht stimmt, wundert Gregor Pocklitz nicht. Denn schon bei der Krokodilfütterung am Kindertag hatte Max das geliebte Fleisch, das er sonst binnen Sekunden verschlingt, unangerührt gelassen. Seinen Pflegern war schon seit einigen Wochen aufgefallen, dass es ihm immer schlechter geht. Das Krokodil, das seit 1958 im hiesigen Zoo lebt, war immer lethargischer geworden und hatte sich kaum noch bewegt. Mittels einer Blutprobe konnten schließlich die schlechten Nierenwerte diagnostiziert werden.

Zootierarzt Dimitri Widmer versucht, die Werte mithilfe von Medikamenten positiv zu beeinflussen. Der 33-Jährige hat am Wochenende Dienst gehabt und mehrmals nach Max gesehen. „Pro Tag muss er etwa 75 Tabletten schlucken. Wir versuchen, sie ihm mit Wasser einzuflößen“, sagt er. So spritzen die Pfleger ihm mit einem Wasserschlauch ab und werfen die Tabletten in den Rachen, sobald er das große Maul öffnet. Laut Widmer hat er am Sonnabend und Sonntag vermutlich etwa zwei Drittel der Tabletten geschluckt. Ob diese Behandlung erfolgreich ist, wird sich morgen zeigen. Dann wollen Widmer und seine Kollegin Eva Ziemssen das große Krokodil in seinem Gehege untersuchen. Drei nationale Spezialisten helfen ihnen dabei. Sie wollen Max entweder mit einer Betäubungspistole oder einer Spritze in die Schwanzvene in Vollnarkose versetzen. Eine weitere Blutabnahme, Röntgen, Ultraschall und eine Magenspiegelung sollen Klarheit über seinen genauen Zustand bringen. Dass der womöglich noch schlechter sein kann als bisher bekannt, hat Zootierarzt Widmer bereits am Freitag angedeutet.

Die Lage ist offensichtlich so ernst, dass Max womöglich auch eingeschläfert werden muss. Sollte das der Fall sein, würden die Ärzte ihn gleich morgen einschläfern, um ihm weiteres Leid zu ersparen. Max-Fan Gregor Pocklitz will nicht so weit denken. „Alle haben immer gesagt, Max kann 100 Jahre alt werden. Er gehört halt zu unserem Leben.“ Auch andere Zoobesucher zeigen sich am Wochenende beim Besuch im Prof.-Brandes-Haus erschüttert. Viele kennen das Tier seit ihrer Kindheit und sind nur wegen ihm an dem Tag im Zoo.