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Zittauer Winterdienst mit Protokoll

Formulare und Tourenpläne beschäftigen den Fahrer bei der Arbeit auf Zittaus Straßen. Die Pläne legt die Stadt fest.

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© Matthias Weber

Von Mario Heinke

Zum Ende der Schicht geht es steil bergauf zum Kummersberg. Simon Carvinka schaltet runter. Die 176 Pferdestärken des Motors entfalten sich jetzt im Drehmoment und schieben den allradgetriebenen „Unimog“ samt Schiebschild, 2,5 Tonnen Streusalz und 600 Liter Lauge elegant den Berg hinauf. Carvinka sitzt leicht nach vorn gebeugt im Fahrersitz. Er wirkt konzentriert und schon leicht geschafft, als er am Dienstagvormittag die C-Tour fährt.

Schneit es, beginnt sein Tag bereits um drei Uhr am Morgen. Kurz nach vier, wenn sich viele Zittauer im Tiefschlaf auf die andere Seite drehen und von Winterlandschaften und Schneemännern oder -frauen träumen, sitzt er auf dem Schneepflug und räumt die verlassenen Hauptstraßen in der Stadt. Auf den schmalen, wenig benutzten Nebenstraßen auf dem Kummersberg ist die Schneedecke weitgehend festgefahren.

Das Thermometer zeigt zwei Grad unter null. Das Schiebeschild kratzt am Schneebuckel zwischen den Fahrspuren und schiebt den Schnee an den Rand der Fahrbahn. Der an der Ladefläche des Lkw befestigte „Salzstreuer“ bleibt bei dieser Tour ausgeschaltet. „Nur schieben, nicht salzen“, lautete die Anweisung des Schichtleiters bei Fahrtantritt nach der Pause gegen neun Uhr.

Zur C-Tour gehören kleinere Nebenstraßen und Sackgassen, die nur „bei Bedarf“ geräumt werden. Ob ein Bedarf besteht, entscheidet das Bauamt der Stadtverwaltung, erklärt Annemone Wenzel, Bereichsleiterin Grünflächen/Bauhof bei der Städtischen Dienstleistungsgesellschaft (SDG). Schneit es kräftig, so wie in den vergangenen Tagen, dann schaffen die zehn Mitarbeiter pro Schicht nur die A und B-Touren, zu denen die vielbefahrenen Straßen im Stadtgebiet gehören. Insgesamt sind dann zwei Unimog, vier Multicar für die Gehwege und zwei Transporter für die „Handräumung“ im Einsatz.

„Wenn es stark schneit, ist die Arbeit manchmal etwas frustrierend“, erzählt der Fahrer. Kaum seien die Straße geräumt, beginne alles von vorn. „Aber dafür sind wir da“, lenkt er ein. Als Carvinka die Straßen rund um den Kummersberg geräumt hat und die Bergstraße erreicht, hält er an und schaltet das Schiebeschild hoch.

Er greift zum Klemmbrett und trägt in einem Formular die Straßennamen, die Art der Behandlung und die Zeit ein. So lässt sich später nachvollziehen, welche Dienstleistung erbracht wurde. Räumt er die Bundes- und Staatsstraßen im Stadtgebiet im Auftrag der Straßenmeisterei, erfasst hingegen ein elektronisches Aufzeichnungsgerät im Fahrerhaus die Route, die gefahrene Zeit, die abgeworfene Salzmenge und eingestellte Wurfweite automatisch.

In der Straßenmeisterei werden die erfassten Daten später ausgelesen und zur Abrechnung herangezogen. Die Touren, die im Auftrag der Stadtverwaltung gefahren werden, erfasst der Fahrer aber noch handschriftlich. Nach dem Eintrag im Protokoll schaut der 49-Jährige auf den Tourenplan. „Marschner- und Dr. Friedrichs-Straße“, sagt er und fährt weiter.

Die große Frontscheibe und drei Spiegel an jeder Seite garantieren, dass er in jeder Lage den Überblick behält. An den Rändern des Schiebeschildes sind Warnflaggen und -leuchten zur Orientierung befestigt. Immer wenn es eng wird, stellt Cervinka das Schiebeschild mittels Hydraulik schräg, damit es nicht breiter als das Fahrzeug ist. In der Dr. Friedrichs-Straße parken links und rechts der Fahrbahn viele Autos.

Mit Schrittgeschwindigkeit fädelt Cervinka den Schneepflug zwischen den Fahrzeugen durch. Oft sind nur wenige Zentimeter Luft auf beiden Seiten. Ein Rentner, der die Heckscheibe seines glänzenden Autos mittels Handfeger in Zeitlupengeschwindigkeit von der letzten Schneeflocke befreit, schaut argwöhnisch in Richtung Fahrerhaus. Nicht gerade langsam, aber sicher rollt der Schneepflug an ihm vorbei. „Je länger der Schnee liegt, umso schmaler wird die Straße“, kommentiert der SDG-Mitarbeiter die Lage.

Wird der Schnee vom Fußweg auf die Straße geschoben, wachsen die Schneehaufen auf der Straße und werden breiter. Die logische Folge: Die Autos parken immer weiter zur Fahrbahnmitte hin. Nachdem er zweimal ums Karree gefahren ist, geht es nach Zittau Nord. Auch dort führt er immer wieder Protokoll.

Kurz vor Ende der Schicht erfährt Simon Carvinka, dass er am Mittwoch Rufbereitschaft hat. So kann er bis um sechs schlafen, wenn das Telefon schweigt. Die reguläre Frühschicht beginnt dann um sieben Uhr. Es sei denn, es schneit wieder.