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Zeuge liefert entscheidenden Tipp

Der Brand in Bischofswerda ist aufgeklärt. Der verdächtige 60-Jährige legte tatsächlich Feuer an der Stolpener Straße.

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© Rocci Klein

Gabriele Nass, Hans Leonhardt und Ingolf Reinsch

Bischofswerda. Seit Donnerstagnachmittag ist klar: Der Brand vom Sonntagnachmittag in Bischofswerda wurde gelegt. Der 60-Jährige, der schon in den vergangenen Tagen im Visier der Polizei war, hat gestanden. Der Mann hat gegenüber der Polizei zugegeben, auf dem Gelände, das Kaufland werden soll, einen Reifenstapel in Brand gesteckt zu haben. Das teilte die Polizei am Donnerstagnachmittag mit.

Der Mann kommt aus der Nähe von Bischofswerda. Aus Gründen des Datenschutzes gibt die Polizei keine weiteren Auskünfte, auch nicht zu den näheren Lebensumständen des Geständigen. Offenbar hat ihn auch nur ein Zeuge am Tatort gesehen. Dieser wusste viel, aber nicht, wer der Mann war, den er gesehen hat. Dass die Kriminalpolizei den Brand schon nach wenigen Tagen aufklären konnte, ist aber diesem Zeugen zu verdanken. Er sah, wie ein älterer Mann den Brand legte und anschließend mit einem VW Golf davon fuhr. Geistesgegenwärtig notierte er sich das Kfz-Kennzeichen und gab den Ermittlern damit den entscheidenden Tipp.

Verdächtige Motorgeräusche

Es war ein ganz normaler Sommertag. Gunther Krause* hatte das schöne Wetter und kümmerte sich um seinen Garten. Beim Blumengießen merkte er, dass auf dem Nachbargrundstück ein Auto hin- und herfuhr. Zwar hat niemand auf dem Grundstück etwas zu suchen, aber dass sich daran kaum jemand hält, weiß Krause. Viele seien schon vor diesem Sonntag gekommen, um Müll zu entsorgen, sagt er. Vor allem sonntags, sagt Krause, sah er häufig Personen, die auf dem Gelände ihre Autos reparieren. Überbleibsel wie Stoßstangen werden liegengelassen. Auch Ölwechsel nehmen die Autofahrer auf dem Grundstück vor und kippen ihr altes Öl in die Natur, wie Gunther Krause gesehen haben will. Das ist natürlich verboten, da die Flüssigkeit fachgerecht entsorgt werden muss.

Entsprechend aufmerksam war Gunther Krause also, als er die Motorengeräusche in seiner Nähe hörte. Dann sah er einen Mann, der sich an dem Reifenstapel, der später in Flammen stand, zu schaffen machte. Der Zeuge wollte gesehen haben, wie der Tatverdächtige ein Stück Schaumstoff in der Hand hielt. Das zündete er an und schob es unter den Reifenstapel. Danach setzte er sich ins Auto und fuhr sofort davon. Als Rentner Krause realisierte, was da grad vor sich ging, prägte er sich schnell noch das Kennzeichen ein. Das ritzte er in eine Holztür. Dann lief er zu den Nachbarn, um Polizei und Feuerwehr zu alarmieren. Die Kameraden kamen schnell. Sie zogen brennende Reifen aus dem Feuer, um das Löschen zu vereinfachen.

Motive sind noch unklar

Was den Mann getrieben hat, Feuer zu legen, wäre spannend zu wissen. Aber die Polizei erklärte sich am Donnerstag auch dazu nicht. So bleibt auch offen, ob sich der 60-Jährige gegenüber der Polizei zu seinen Motiven geäußert hat. Und es kann nur spekuliert werden, woher der Frust kam, den der Mann vermutlich getrieben hat. Hat er die Nase voll wie viele, dass das seit 15 Jahren brachliegende Gelände immer mehr verunkrautet und zur Müllhalde wird, obwohl es einen Investor gibt, der dort bauen will? Wollte der Mann auf die illegale Müllhalde aufmerksam machen? Wem wollte er schaden? Wollte er es nur einfach brennen sehen, so wie viele anderen Brandstifter vor ihm? Oder war es einfach Dummheit, Schaumstoff unter die Reifen zu schiefen und auf ein Feuer zu hoffen? Kann man einem 60-Jährigen Langeweile unterstellen? Welche Rolle spielten Einsamkeit oder persönliche Schicksalsschläge?

Nachbarschaft ist erleichtert

Die Nachbarschaft nahm es mit Erleichterung auf, dass der Brand so schnell aufgeklärt werden konnte. Den Leuten sitzt der Schreck noch in den Gliedern. „Plötzlich wurde es dunkel. Vor uns war eine Wand von schwarzem Rauch. Wir konnten gerade noch die Fenster schließen“, berichtet eine Anwohnerin vom Margarethenweg, der nur wenige Meter von der Brandstelle entfernt ist. „Natürlich macht man sich Sorgen. Wir dachten zuerst, es brennt ein Wohnhaus.“ Um so größer war das Aufatmen, als sie und ihre Nachbarn hörten, dass nicht mehr passiert sei.

Uta Moal findet es nicht in Ordnung, dass ein Brand gelegt wurde. „Aber es sollte wirklich mal was mit dem Gelände passieren. Das ist keine Art, dass das so verwahrlost“, sagt sie. Es sei gut, dass der Brandstifter gefasst wurde und dass es Leute gibt, die aufmerksam sind und den Mund aufmachen, wenn sie etwas sehen. „Das ist selten geworden“, sagt die Bischofswerdaerin.

„Man macht sich schon so seine Sorgen, dass man eines Tages früh auf Arbeit kommt und das Haus steht nicht mehr da“, sagte Ricardo Zuck, Mitarbeiter beim Reifendienst Duro Moll, der auf dem Gelände eine Filiale unterhält. Ricardo Zuck versichert, die abgefackelten Altreifen stammten nicht vom Reifendienst, sondern seien dort illegal abgelagert worden. Trotzdem will Duro Moll nach dem Brand überprüfen, wie Altreifen bis zur Entsorgung sicherer gelagert werden können.

Angst vor einem Übergreifen der Flammen

Auch Zeuge Gunter Krause ist erleichtert, dass am Sonntag nicht noch mehr passiert ist. Wenn das Feuer auf das nebenstehende Gebäude übergegriffen hätte, wäre die Lage dramatisch geworden, sagt er. Gunther Krause lagert dort Heu für seine Tiere. Er berichtet von der Angst, die er während der Löscharbeiten hatte. Auch deswegen, weil „meine Tiere vielleicht erstickt wären“. Nun hofft der Anwohner, dass der Täter zur Rechenschaft gezogen wird. Aus Angst um seine Sicherheit will er jedoch nicht, dass sein Name genannt oder ein Foto von ihm gezeigt wird. Vor einiger Zeit hätten Unbekannte Steine auf sein Grundstück geworfen, sagt er. Nur durch Glück sei er dabei nicht getroffen.

Gegen den geständigen Brandstifter vom Sonntag ermittelt jetzt die Kriminalpolizei wegen des Verdachts der vorsätzlichen Brandstiftung nach Paragraf 306 Strafgesetzbuch. Fahrlässiges Handeln scheidet aus. Damit droht dem mutmaßlichen Täter bei einer Verurteilung eine Gefängnisstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Minder schwere Fälle können mit einer Strafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet werden.

*) Name geändert